Mehr Angst vor Verlust als Lust auf Gewinn
25.09.2019
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Mit der kürzlich erfolgten Wahl Christine Lagardes zur neuen EZB-Präsidentin dürfte wohl klar sein, dass höhere Zinsen wohl in weiter Ferne liegen und wenn dann eher ein weiter sinkendes Zinsniveau droht. Den deutschen Anlegern ist das bewusst – aber wirklich bereit zur Veränderung sind sie dennoch nicht.
Seit mittlerweile ziemlich genau dreieinhalb Jahren, seit dem 16. März 2016, liegt der Leitzins der EZB bei 0 %. Dass eine Zinswende kommen wird, glauben die deutschen Sparer nicht, wie das aktuelle Anlagerbarometer von Union Investment zeigt, für das 500 Finanzentscheider zwischen 20 und 59 Jahren in deutschen Privathaushalten befragt wurden. Von diesen glauben 68 %, dass die Zinsen im nächsten Jahr weiterhin auf dem aktuellen Niveau verharren werden, gegenüber der Untersuchung im ersten Quartal hat sich dieser Wert um 4 Prozentpunkte erhöht. Größer geworden ist auch der Anteil derjenigen, die glauben, dass mit dem aktuellen Zinsniveau die Talsohle noch nicht erreicht ist. So glauben 21 % der Befragten, dass die Zinsen innerhalb des nächsten halben Jahres weiter fallen werden, bei der Umfrage im ersten Quartal äußerten sich lediglich 8 % der Befragten in dieser Weise. Auch die Zahl der Optimisten ist rückläufig: Hatten bei der ersten Umfrage in diesem Jahr noch 25 % die Hoffnung, dass die Zinsen innerhalb eines halben Jahres steigen werden, waren es dieses Mal nur 9 %. Zum weiter verbreiteten Pessimismus dürfte sicherlich auch die Wahl Christine Lagardes zur EZB-Präsidentin beigetragen haben, mit der die Hoffnungen auf eine Zinswende einen deutlichen Dämpfer erhalten hat. 70 % der Befragten glauben, dass sie in Zukunft für ihr Guthaben auf Spar- und Tagesgeldkonten nicht nur keine Zinsen erhalten werden, sondern auch noch Strafzinsen zahlen müssen.
Unzufriedenheit mit Zinsen
Zinsen sind der Preis des Geldverleihens. Und wie bei jedem Preis gilt auch hier: Dem einen er zu hoch, dem anderen zu niedrig und nur wenigen ist er angemessen. Zu niedrig sind die Zinsen vor allem für Sparer. So äußersten sich 62 % der Befragten darüber unzufrieden, wie ihr Geld arbeitet. Erstaunlich: Obwohl die Zinsen weit unter der Inflationsrate liegen und Sparer damit real massive Verluste erleiden, äußersten sich 35 % der Befragten zufrieden darüber, wie ihr Geld arbeitet. Profiteure der Niedrigzinsen sind Schuldner, die aktuell real Gewinne machen. Vor allem der Staat als größer Schuldner profitiert stark von den Niedrigzinsen – sehr zum Unmut der Sparer: So äußerten 57 % der Teilnehmer des Analagebarometers, dass sie es als ungerecht empfinden, dass das niedrige Zinsniveau einseitig auf Kosten der Sparer geht, während Kreditnehmer wie der Staat davon profitieren.
Wie die Anleger mit dem aktuellen Niedrigzinsumfeld umgehen, lesen Sie auf Seite 2