Houston, wir haben ein Nachwuchsproblem

12.04.2024

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Ein Generationenwechsel steht bevor: Laut dem 16. Vermittlerbarometer des AfW wird in den nächsten 15 Jahren bereits jeder dritte Vermittler seinen Ruhestand antreten. Wer allerdings in seine Fußstapfen tritt und die Nachfolge antreten soll, bleibt offen. finanzwelt beleuchtet das Nachwuchsproblem.

In den Augen einiger junger Menschen könnte das Image des Versicherungsvermittlers besser sein. Die Branche ist vergleichsweise seriös und die zahlreichen Regularien und Gesetze für die Berufsgruppe wirken nicht gerade attraktiv. Beim Image-Ranking der Berufsgruppen (Statista, August 2023) landen ihre Vertreter mit 8 % sogar auf dem letzten Platz. Laut Ranking teilen sie sich diesen mit Mitarbeitern einer Werbeagentur, gefolgt von Mitarbeitern in Telefongesellschaften mit 13 % und Politikern mit 14 %. Im Gegensatz dazu genießen Feuerwehrmänner und -frauen (94 %) das höchste Ansehen, gefolgt von Pflegekräften (89 %) und Ärzten, beziehungsweise Ärztinnen (85 %). Im Rahmen der Online-Umfrage wurden 2008 Menschen ab 14 Jahren befragt. Die Anzahl der Befragten darunter, die auf „Was möchtest du werden, wenn du groß bist?“ also begeistert mit „Versicherungsvermittler“ antworten würden, liegt bei rund 160. Selbstverständlich sind sie noch lange nicht die einzigen im „War for Talents“, aber es ist nun einmal so, dass besonders wirtschaftliche und technische Berufe um qualifizierte Nachwuchskräfte buhlen müssen. Neben dem demografischen Wandel ist eine Werteverschiebung eingetreten und das Stichwort „Work-Life-Balance“ rückt in den Vordergrund. Dazu zählt übrigens nicht der allseits beliebte Korb mit frischem Obst im Büro. Bei Themen der Work-Life-Balance geht es um mehr Zeit für die Familie, das Privatleben und um die Möglichkeit einer flexiblen Arbeitszeiten-Einteilung. So soll die Balance also wiederhergestellt und die Omnipräsenz des Jobs im Alltag verringert werden.

Stabile Zukunftsaussichten, aber schlechtes Image

Mit einem Durchschnittsgehalt von 55.000 Euro im Jahr verdient der Versicherungsvermittler laut Statistik gut. Ein stabiles Einkommen (62 %) und ein sicherer Arbeitsplatz (55 %) ist Menschen zwischen 18 und 30 Jahren besonders wichtig, zeigt eine vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) in Auftrag gegebene YouGov-Umfrage im März 2021 unter 1.005 Teilnehmern. Im Fokus lag dabei die hauseigene Initiative „Werde #Insurancer“. Wer heute werben will, muss online vertreten sein. Aus diesem Grund gibt es Personen wie Finfluencer, Cleanfluencer und eben Insurancer, die in den Sozialen Medien Präsenz zeigen. Wie erfolgreich die Werbung der letzteren allerdings ist, zeigt die Studie „Maklermarkt 2030“ von Bearing Point (Mai bis August 2023). Im Rahmen dieser Studie wurden 14 Thesen aufgestellt, die die befragten Experten und Exper tinnen in 40 Interviews auf einer Skala von 1 bis 5 einschätzten. Eine dieser Thesen über den Maklermarkt der nahen Zukunft: GDV-Initiativen wie #Insurancer sind gescheitert, Bewerbungen in der Versicherungsbranche sind auf dem Tiefstand. Dieser These stimmen rund 50 % der Befragten zu. Rund 30 % stimmen eher zu, allerdings mit Einschränkungen in Zeitraum und Umfang. Nur rund 20 % stimmen dieser Aussage nicht zu. Wahrscheinlich aufgrund des demografischen Wandels ist in der Studie auch die These vertreten: Die Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei klassischen Erstversicherern hat sich um mindestens 30 % reduziert. Dieser Aussage stimmen ca. 55 % der Experten und Expertinnen zu, gefolgt von rund 30 %, die ihr mit Einschränkungen zustimmen und lediglich rund 15 %, die ihr nicht zustimmen.

Wie wäre es mit Self-Care?

Das Thema Maklernachfolge ist ein Dauerbrenner der Branche, denn wenn die Zukunft eines ist, dann ungewiss. Zumindest ohne ausreichende Vorbereitung. Konsolidierung und Zusammenschlüsse, Bestandsverkauf – alles Antworten auf mögliche Fragen über die Zukunft der Branche. Allerdings gehen diese nicht das Nachwuchsproblem an. Das Resultate Institut für Unternehmensanalysen und Bewertungsverfahren bestätigte bereits im Juli 2022, dass Seniormakler sich viel zu spät um die Nachfolge kümmern. Infolgedessen werden beim Verkauf des Bestandes Jungmakler übergangen. Jedoch sind es genau deren innovative Ideen, die die Branche verändern und ihre Digitalisierung vorantreiben können. Ja, die Digitalisierung bleibt weiterhin aktuell. Schließlich erhöht sich der Verkaufswert des Bestandes, je besser die digitale Aufstellung. Klar hat Sicherheit große Priorität, wenn es um den Verkauf des – in den meisten Fällen – Berufslebenswerks geht. Da wird nun mal an die erfahreneren Kollegen verkauft: branchenaffin und berufsbedingt immer auf dem neuesten Stand dank Weiterbildung. Zeitdruck und Sicherheitsbedürfnis der Seniormakler versagt den Jungmaklern allerdings das Sprungbrett mitten ins Herz der Branche. Initiativen wie auch der „Jungmakler Award“ mit seinen namenhaften und zahlreichen Unterstützern beweisen immer wieder, dass die Auswahl an Shooting-Stars in diesem Geschäft vielversprechend ist. Immerhin kann man nicht verneinen, dass es frischen Wind braucht. Während Vermittler also eigentlich ihre Kundschaft dabei unterstützen, für die Zukunft vorzusorgen, sollten sie dieselbe Fürsorge vielleicht auch der eigenen Zukunft sowie der ihres Bestandes angedeihen lassen. (ml)