Investieren in eine Cloud-gestützte Welt

21.12.2021

Matthias Mohr - Foto: © Capital Group

Die digitalen Daten in der Welt wachsen weiterhin in rasantem Tempo, so werden beispielsweise weltweit täglich mehr als 300 Milliarden Mails versendet und empfangen. Folglich wird das Speichermanagement für Daten immer wichtiger. Hierfür bietet die Cloud eine Lösung. Ihr wahres Potenzial allerdings darin, riesige Datenmengen zu analysieren, um Erkenntnisse zu gewinnen und Innovationen voranzutreiben. In Anwendungen wie Google Maps sehen wir bereits die konkrete Anwendung der Datenmobilisierung, beispielsweise in der Berechnung der Ankunftszeit bei einer Navigation. Mit großen Datensätzen und Rechenkapazitäten können Maschinen lernen, Algorithmen besser vorzudefinieren als Menschen. Genau das ermöglicht die Cloud. Folglich verleiht ihre Transformationskraft ihr das Potenzial, die Weltwirtschaft neu zu erfinden und der Katalysator für die vierte industrielle Revolution zu sein.

Nachfrage nach Komponenten dürfte steigen

Die Auswirkungen davon, dass Daten für alle abrufbar sind sowie die Möglichkeiten, die die Cloud-Technologie mit sich bringt, sind enorm. Doch wie können Investoren von diesem Potenzial profitieren? Die Cloud-Wertschöpfungskette lässt sich in drei Segmente aufteilen, in denen sich jeweils Anlagechancen für Investoren identifizieren lassen.

Das erste dieser Segmente ist das der so genannten „Enabler“, also Technologien und Hersteller, die als Rückgrat aller Cloud-Produkte dienen. Denn in dem Maße, wie sich die Migration und die Akzeptanz der Cloud ausweiten, wird auch die Nachfrage nach den Komponenten steigen, die diese Prozesse ermöglichen. Da die Cloud komplexere Berechnungen und Analysen unterstützt, steigt auch die Nachfrage nach leistungsfähigeren Komponenten.

Halbleiter besitzen eine attraktive Branchenstruktur

Zu diesen Komponenten gehören unter anderem Halbleiter, deren Bedeutung für die Weltwirtschaft sehr hoch ist. Sie werden in allen Bereichen benötigt – von Rechenzentren und Smartphones bis hin zu Autos und Waschmaschinen. Während sich der Kundenstamm der Halbleiterindustrie von einer rein PC-zentrierten Branche auf Smartphones, künstliche Intelligenz, die 5G-Technologie und intelligente Autos ausgeweitet hat, hat sich die Zahl der Branchenteilnehmer konsolidiert. Heute gibt es in der Halbleiterindustrie nur noch wenige dominante Akteure. Es handelt sich um eine Branche mit stetigem Wachstum. So wird für die nächsten sieben Jahre eine jährliche Wachstumsrate von etwa acht Prozent prognostiziert. Gleichzeitig besitzt die Branche hohe Margen und ist weniger zyklisch. Dies bietet solide Grundlagen für langfristige Investitionsmöglichkeiten.

Weitere Komponenten mit erhöhtem Bedarf dürften Zentraleinheiten, Grafikprozessoren, Speicherchips sowie Sensoren sein. Grund dafür ist, dass die Cloud immer mehr Funktionen freischaltet und Branchen und Märkte dafür plädieren werden immer mehr Geräte mit der Cloud zu verbinden.

Infrastruktur- und Softwareanbieter als Anlagemöglichkeiten

Interessant sind außerdem die Unternehmen, die den Nutzern die Cloud-Technologie als Lösung anbieten. Diese lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Infrastruktur- und Softwareanbieter. Zu ersteren gehören bekannte Namen wie Amazons AWS-Cloud-Services, Microsoft Azure und Google Cloud Platform. Diese Unternehmen haben eine dominante Marktpräsenz aufgebaut, indem sie ihr Produktangebot erweitert und mehr Kunden erreicht haben. Diese anhaltende Dominanz könnte überzeugende Investitionsmöglichkeiten bieten – auch wenn die COVID-Pandemie die Verlagerung in die Cloud beschleunigt hat, gibt es für die vorherrschenden Unternehmen immer noch eine potenziell lange Zeitspanne für säkulares Wachstum.

Darüber hinaus gibt es regionale Wachstumsbereiche: In China halten Alibaba und Tencent derzeit sechs beziehungsweise zwei Prozent des weltweiten Marktanteils. Allerdings hinkt die Cloud-Nutzung in China anderen Regionen hinterher und das Bestreben der Regierung, den Rückstand aufzuholen, führt zu einem viel steileren Wachstumspfad. Die Initiative der chinesischen Regierung konzentriert sich auf die Kosten der Umstellung und übernimmt bis zu 100 Prozent der Ausgaben, die kleinen und mittleren Unternehmen bei der Umstellung auf die Cloud entstehen.

Im Bereich der Software-Anbieter gibt es unzählige Player. So gibt es weltweit über 20.000 Software-as-a-Service (SaaS)-Unternehmen, von denen jedoch weniger als ein Prozent einen Wert von mehr als einer Milliarde US-Dollar haben. Es gibt zwei Hauptwege, um einen bedeutenden Marktanteil zu erobern. Erstens können sich Unternehmen auf eine bestimmte Branche oder einen bestimmten Sektor spezialisieren und diesen Markt von Anfang bis Ende zu bedienen. Zweitens können sie Pakete mit Funktionen anbieten, die Kunden aus einer Vielzahl von Branchen bedienen.

Branchen im Wandel

Die dritte Ebene der Investitionsmöglichkeiten in die Cloud umfasst die Nutznießer. Unter diesen versteht man die Innovatoren, die die Cloud-Technologie nutzen, um ihre eigene Branche zu verändern. Denn die Nutzung der Cloud-Technologie hat das Potenzial, das Wachstum voranzutreiben und Werte zu schaffen, die es vorher nicht gab. Diese Ebene hat die breiteste Anwendung, da die Cloud das Potenzial hat, Lösungen für alte und neue Branchen zu generieren. Zu den Branchen, die vom Cloud Computing profitieren könnten, gehören Energie, Gesundheitswesen, Bildung, Landwirtschaft, Verkehr, Versorgungsunternehmen und Fertigung.

Die Cloud als Lebenselixier der zukünftigen Wirtschaft

Die Leistungsfähigkeit der Cloud umfasst Datenspeicherung, Verteilungsplattformen, Big-Data-Analytik, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz. Die Identifizierung verschiedener Investitionsbereiche innerhalb der Cloud-Wertschöpfungskette – die Enabler, die Lösungsanbieter und die Nutznießer – kann dazu beitragen, die Chancen und Risiken für Unternehmen, die sich die Macht der Cloud zunutze machen wollen, besser zu erkennen. Die breit gefächerten Anwendungen der Cloud-Technologie bedeuten, dass sie das Lebenselixier der zukünftigen globalen Wirtschaft sein kann.

Autor: Matthias Mohr, Managing Director Financial Intermediaries, Deutschland & Österreich bei Capital Group