Markt in Bewegung

12.05.2021

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Cyber-Kriminelle schlafen nie, ihre Angriffsinstrumente werden immer raffinierter. Das führt im Versicherungsmarkt zu einem erheblichen Kosten- und Schadenpotenzial – und besitzt durchaus Sprengkraft für die Zukunft der Policen. Mehr denn je ist eine ganz enge Kooperation mit den Versicherungskunden und den sie betreuenden Maklern erforderlich.

Als 2011 die erste reine Cyber-Versicherung in Deutschland auf den Markt kam, erschloss sich ein völlig neues Geschäftsfeld; Cyber wurde in vielen Versicherungsunternehmen schnell als eigene Sparte verankert. Der Umfang der Versicherungsbedingungen wurde stetig ausgebaut, verbessert und den sich ändernden Risiken angepasst. Was zunächst fehlte waren die Kunden. Doch dann stieg die Zahl der Abschlüsse, in manchen Jahren verdoppelte sie sich sogar. Für die Anbieter wurden Cyber-Policen zu einer absoluten Erfolgsgeschichte. Doch jetzt – nur ein Jahrzehnt nach dem Start – schlägt der Versicherungsmakler Marsh Alarm: Ende 2020 habe es so viele Deckungsablehnungen wie noch nie zuvor gegeben. Es stelle sich für das Cyber-Geschäft die Überlebensfrage. Schließlich übersteige die Summe der ausgezahlten Leistungen bei einigen Versicherern die eingenommenen Prämien. Ende 2020 sah Marsh so viele Deckungsablehnungen wie noch nie zuvor. Man habe außerdem einige Fälle erlebt, in denen der Versicherer kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist dem Kunden mitteilte, dass er die Prämie um 200 % anheben und die Kapazität um die Hälfte reduzieren müsse. Für Versicherungsnehmer gelte wiederum: Gelinge es ihnen nicht, den Versicherern ihr Risiko transparent zu präsentieren und ein adäquates Informationssicherheitsmanagement nachzuweisen, würden sie künftig keinen Versicherungsschutz mehr erhalten oder unnötig hohe Prämien zahlen. Makler seien ebenfalls gefordert: mehr denn je als Berater statt als bloße Vermittler. Sie hätten den notwendigen Marktüberblick, um ihre Kunden bestmöglich auf die Ausschreibung vorzubereiten und zu begleiten. Was ist da los? finanzwelt hat bei drei Anbietern nachgefragt, zum Beispiel wie lukrativ das Geschäft für sie überhaupt noch ist.

Angriffsszenarien ändern sich ständig

Uwe Schluchter, Leiter Technische Versicherungen der Helvetia Versicherungen, stützt die Marsh-Einschätzung: „Von lukrativ kann man aktuell noch nicht sprechen. Die Cyber-Versicherung ist ein junges Produkt mit großen Anfangsinvestitionen und laufenden Servicekosten, die deutlich über die Kosten anderer Gewerbeversicherungsprodukte hinausgehen.“ Zudem änderten sich die Angriffsszenarien ständig. Das erfordere ein Nachjustieren der Bedingungen und des Serviceaufwandes. Die Folge der variierenden Bedrohungen sei ein nicht zu vernachlässigendes Schadenpotenzial, das sich bei den meisten Versicherern an den Schadenquoten ablesen lasse. Die ersten Versicherer verhielten sich schon deutlich restriktiver in der Zeichnung.

Auch Ole Sieverding, Underwriting Manager Cyber, Hiscox Deutschland, weist auf die Kostenentwicklung hin, wenngleich er im Hinblick auf die Zukunft sagt: „Cyber-Versicherung ist und bleibt für uns ein strategisches Wachstumsfeld.“ Allerdings hätten sich die Kosten auf der Schadenseite in den letzten Jahren rasant erhöht. Sieverding: „Im letzten Hiscox ‚Cyber Readiness Report‘ stellten wir fest, dass sich die Schadensumme im Vergleich zum Vorjahr versechsfacht hat!“ Der Grund: Die Angreifer gingen immer professioneller vor, um einen größtmöglichen Schaden zu verursachen und damit einen maximalen Druck zu erzeugen, dass Unternehmen auf ihre Forderungen eingingen. Das zeige auf der einen Seite den großen Bedarf und Mehrwert des Produktes. Auf der anderen Seite zeige es aber auch die Notwendigkeit zur fortlaufenden Anpassung.

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