„Wir hoffen, dass das Land in eine Aufbruchsstimmung gerät“
13.06.2025

Martin Klein, Vorstand, Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. / Foto: © Votum
Der Votum Verband Unabhängiger FinanzdienstleistungsUnternehmen in Europa e.V. vertritt seit 30 Jahren die Interessen unabhängiger Finanz- und Versicherungsvermittlungsunternehmen. Im Interview spricht der Geschäftsführende Vorstand Martin Klein über den aktuellen Stand der Trilog-Verhandlungen zur Retail Investment Strategy, die Reform der privaten Altersvorsorge, den USP des Votum Verbandes sowie seinen Ausblick für den weiteren Jahresverlauf.
finanzwelt: Herr Klein, wie ist der Votum Verband positioniert und was ist Ihr USP?
Martin Klein: Der Verband wurde vor 30 Jahren bewusst als Unternehmensverband gegründet, in dem sich die größeren deutschlandweit aktiven Vertriebe und Maklerpools organisieren. Wir vertreten grundsätzlich die Interessen der vermittelnden Unternehmen, haben jedoch von Beginn an auch die produktgebenden Gesellschaften eingebunden, die mit Mehrfachagenten und Maklerunternehmen zusammenarbeiten. Dies folgt der Grundüberzeugung, dass man miteinander die Herausforderungen der Branche besser löst als gegeneinander. Votum unterhält deshalb einen engen Meinungsaustausch sowohl mit dem GDV als auch mit dem BVI. Wir sind ein politischer Verband und pflegen daher auch die Mitgliedschaft im CDU-Wirtschaftsrat und SPD-Wirtschaftsforum. Es erfolgt mit allen Parteiender demokratischen Mitte ein regelmäßiger Meinungsaustausch. Votum unterhält als einziger Vermittlerverband eine vom Bundesamt für Justiz zugelassene Verbraucherschlichtungsstelle (Schlichtungsstelle für gewerbliche Versicherungs-, Anlage- und Kreditvermittlung), welche für alle Verbraucher zugänglich ist, unabhängig davon, ob der Anspruchsgegner ein Mitglied im Votum Verband ist.
finanzwelt: Welche zentralen Ziele haben Sie sich für 2025 gesetzt?
Klein: Wir werden uns auch 2025 erneut im Rahmen der nationalen und europäischen Gesetzgebung aktiv einbringen. National steht die Reform der geförderten Altersvorsorge im Fokus, hier werden wir uns intensiv dafür einsetzen, dass die Bundesregierung die notwendigen Reformschritte bei der Riester-Rente und der bAV aufnimmt und hierbei Lösungen entwickelt, die sowohl bei den Verbrauchern, aber auch den Vermittlern und Anbietern Akzeptanz finden. In Europa bringen wir die Positionen der Vermittler im Rahmen der Trilog Verhandlung zur Retail Investment Strategie und der Financial Data Access Verordnung FIDA ein. Hier gilt es weiterhin, einen bürokratischen Overkill zu verhindern. Ebenso begleiten wir mit unseren Stellungnahmen die Weiterentwicklung der angestrebten Savings an Investment Union SIU. Neben der Regulierung begleiten wir auch die Modernisierung und Digitalisierung unserer Branche. Wir werden dieses Jahr erneut – zum fünften Mal – unser bewährtes Format Grownupmeets-Startup veranstalten, bei dem die etablierten Mitglieder unseres Verbandes in den engen Austausch mit den innovativen Gründern treten. Hieraus haben sich bereits in der Vergangenheit positive Kooperationen entwickelt. Dieses Jahr steht ganz im Zeichen der Einbindung der Künstlichen Einbindung in die Unternehmensprozesse.
finanzwelt: Wie ist der Stand der Trilog-Verhandlungen zur Retail Investment Strategy (RIS)?
Klein: Die Trilog Verhandlungen im Frühjahr zur Retail Investment Strategie wurden gleich in der ersten Sitzung unterbrochen. Die neue Legislaturperiode steht bekanntlich unter dem Motto, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Union zu stärken und insbesondere den Bürokratieabbau und die Vereinfachung der Regulierung voranzutreiben. Dies haben Parlament und Rat im Rahmen des Trilogs auch von der europäischen Kommission für die RIS eingefordert. Die EU-Kommission wurde beauftragt, binnen sechs Wochen einen überarbeiteten Vorschlag zu unterbreiten, der eine deutliche Begrenzung der geplanten Maßnahmen vorsehen sollte. Dieses sogenannte ‚Non-Paper‘ liegt inzwischen vor. Es zeigt sich weiterhin, dass es für eine Entwarnung für die Vermittler noch zu früh ist. Zwar wird der Provisionsvertrieb weiterhin zulässig sein. Jedoch hat die EU-Kommission noch nicht Abstand davon genommen, die Vermittler zu verpflichten, dem Kunden das vermeintliche kosteneffizienteste Anlageprodukt auszuwählen, wobei die Kriterien dieser Kosteneffizienz weiterhin unklar sind. Hier muss daher weiterhin interveniert werden. Parlament und Rat wollen nunmehr bis zum 03. Juni ihre Position zu den Vorschlägen der Kommission erarbeiten. Die nächste Trilog Verhandlungsrunde für die RIS ist am 01. Juli 2025 geplant.
finanzwelt: Was sind Ihre Erwartungen in Bezug auf die Reform der privaten Altersvorsorge?
Klein: Wir haben die Bundesregierung aktuell nochmals aufgefordert, zeitnah die Reformarbeiten bei der RiesterRente und der betrieblichen Altersvorsorge umzusetzen und nicht, wie in den letzten Jahren, erst eine Rentenkommission mit Lösung für die gesetzliche Rente abzuwarten, da dies befürchten lässt, dass wichtige Reformschritte bei der geförderten privaten Altersvorsorge erneut unterbleiben. Wir haben aus der CDU die Signale bekommen, dass man sich den Arbeiten an der Riester-Reform sehr schnell annehmen möchte, so dass wir hoffen, hier bis zum Jahresende schon Ergebnisse zu sehen. Auch bei der Betriebsrente kann grundsätzlich auf dem vorliegenden Gesetzesentwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetz II aufgesetzt werden, so dass wir nunmehr hoffen, dass der notwendigen Reform der privaten Altersvorsorge nichts mehr im Weg steht. Es ist insbesondere bei der Riester-Reform notwendig, dass das Nachfolgeprodukt auch für Selbstständige geöffnet wird, da wir im Rahmen der Legislatur auch erwarten, dass die Rentenversicherungsplicht für neue Selbstständige umgesetzt wird. Dies darf nicht zu einer automatischen Zuweisung in die gesetzliche Rentenversicherung führen, vielmehr den Selbstständigen die Möglichkeit eingeräumt werden, im Wege des Opting-out auch private, geförderte Altersvorsorgeprodukte abzuschließen, wie etwa eine Rürup-Rente oder das Riester-Nachfolgeprodukt.
finanzwelt: Wie ist Ihr Ausblick für den weiteren Jahresverlauf?
Klein: Wir hoffen, dass das Land in eine Aufbruchsstimmung gerät und auf den Pfad des Wirtschaftswachstums zurückkehrt. Anlage- und Versicherungsvermittler arbeiten nicht in einem Vakuum, sondern sind in ihrer Entwicklung auch von der allgemeinen wirtschaftlichen Stimmung und Lage abhängig. Wir erwarten, dass wir bis zum Jahresende erkennen können, dass die Bundesregierung die Reform der privaten geförderten Altersvorsorge in die Hand genommen hat. Ob aus europäischer Ebene der Trilog im Bereich der Retail Investment Strategie und FIDA zu Ende geführt werden kann, ist noch fraglich. Dies kann sich auch bis ins Jahr 2026 hinziehen. (mho)

HonorarKonzept mit neuem Geschäftsführer
