Zins schlägt den Faktor Lage

14.06.2022

Andreas Schroback, CEO der AS Unternehmensgruppe Holding GmbH / Foto: © AS Unternehmensgruppe

finanzwelt: Homeoffice macht Städte außerhalb der Zentren und im Umland der Metropolen attraktiver? Schrobback» Immer stärker rücken bei unseren Käufern, angesichts der hohen Preise, das Umland der Metropolen sowie der mittelgroßen Städte in den Fokus. Auch die Stadt Dessau, und alle im Umland von Berlin, Leipzig, Magdeburg und Halle gelegen Städte, gehören zu den Regionen mit den höchsten erwarteten jährlichen Preisanstiegen bis 2035. Nach der Corona-Pandemie wird die Arbeit im Homeoffice in vielen Jobs möglich bleiben, das rückt auch Städte und Landkreise außerhalb der großen Zentren in den Fokus.

finanzwelt: Sie sind in den ostdeutschen Metropolregionen Leipzig und Magdeburg besonders aktiv. Was macht denn diese Städte sowie deren Umland attraktiv? Schrobback» Nicht nur das Berliner Umland bietet für Käufer noch attraktive Standorte. So finden sich in den aktuellen Studien der Städte und Kreise, die bis 2035 die stärkste Preisentwicklung haben werden, Orte wie Leipzig und dessen unmittelbares Umland sowie die Otto-Stadt Magdeburg, die davon profitiert, dass der Chiphersteller Intel mit seiner milliardenschweren Investition in die Stadt kommt und mit seiner Giga-Fabrik die größte Firmenansiedlung in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten realisiert. Dies wird die Stadt nicht nur in die Zukunft führen, sondern Magdeburg als Zukunftsstandort in Mitteldeutschland etablieren. Die Stadt wird jünger und internationaler – was sich in den Immobilienpreisen niederschlägt. Langfristig werden die Wertentwicklungen auf dem Immobilienmarkt vor allem und verstärkt durch die demografischen sowie die wirtschaftlichen Entwicklungen der jeweiligen Regionen bestimmt werden. Experten sagen für Leipzig, Potsdam, Berlin und Magdeburg ein Bevölkerungswachstum von bis zu 5 % voraus. Entsprechend unterschiedlich werden sich die Preise entwickeln. Der Immobilienboom ist insofern kein Phänomen, das sich in den kommenden Jahren gleichmäßig über Deutschland verteilt, sondern auf das Käufer vor allem sehr regional in der Republik noch setzen dürfen. Wertverluste bei Immobilien drohen vor allem in strukturschwachen Regionen mit sinkenden Bevölkerungszahlen. Weit oben auf der Negativliste stehen beispielsweise Städte wie Chemnitz oder Suhl, wo die Preise zurückgehen werden. Hier müssen sich Immobilienbesitzer auf eine deutlich sinkende Wertentwicklung einstellen. Ausnahmen im Osten bilden neben dem Großraum Berlin mit Potsdam die Städte Leipzig, Dresden, Magdeburg, Dessau, Rostock, Jena, Erfurt und Weimar.

finanzwelt: Kaufinteressierte sollten deshalb besondere Sorgfalt an den Tag legen? Schrobback» Städte und Gemeinden mit guter Verkehrsanbindung und Infrastrukturausstattung werden sich sehr positiv, schlecht gelegene Städte und Gemeinden mit mangelndem Infrastrukturangebot werden sich eher negativ entwickeln. Je nach Anbindung, Lage und Ausstattung. Die Zeiten der großen Preissprünge am deutschen Immobilienmarkt neigen sich allerdings aus meiner Sicht dem Ende zu. Zusätzlich besteht das Risiko, dass es bei Immobilien zu einer Neubewertung kommt, wenn die Zinsen weiter steigen. Damit steigt das Risiko einer Neubewertung im Immobilienmarkt und ein weiterer Zinsschock könnte Abschläge auslösen.

finanzwelt: Steigende Immobilienpreise und weiter steigende Bauzinsen treffen doch aber vor allem die Eigennutzer und nicht die Kapitalanleger? Schrobback» Der Effekt der steigenden Baupreise dürfte den Trend, dass sich nicht mehr jeder Kauf- bzw. Bauwillige eine Finanzierung leisten kann, noch zusätzlich verstärken. Schon ein geringer Anstieg des Zinsniveaus könnte die monatliche Belastung um mehrere Hundert Euro erhöhen. Das könnte für einige Haushalte zu viel sein, wenn bei der Baufinanzierung für das Eigenheim zu knapp kalkuliert wurde. Kapitalanleger, die Wohnungen zur Altersvorsorge und als passive Einkommensquelle erwerben, kommen hingegen glimpflicher davon. Sie kaufen in der Regel kleinere Wohnungen, die sich leicht vermieten lassen und setzen den Zins von der Steuer ab. Fehlende Alternativen am Geldmarkt und die steigende Inflation verstärken, grade für Kunden aus der Mittelschicht und Normalverdiener, die Flucht in die realen Sachwerte. Die Gefahr eines Crashs halte ich deswegen für unwahrscheinlich. Es geht immer um Angebot und Nachfrage. In Deutschland gibt es nicht genug Immobilien. Die entscheidende Frage ist also, ob es in Ballungsräumen, wo die Menschen leben wollen, genügend Wohnraum gibt – und das wird so schnell nicht der Fall sein.

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