Das Unglaubliche ist wahr geworden

05.05.2025

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Seit der Wahl in den USA, wo ich zum deutlichen Aufbau von Liquidität (20 Prozent plus X) und die Erhöhung des Goldanteils (20 Prozent) geraten habe, wurden oft als zu negativ kritisiert. Sogar von Panikmache war die Rede. Leider wurden meine Bedenken jetzt Realität.

Der „Dealer“ Trump beweist mit fast jeder Entscheidung seine Unfähigkeit. So war er ganz überrascht, dass seine China-Zölle das Smartphone von Apple in Amerika um 50 Prozent verteuern. Jetzt legt er sich mit Fed-Chef Powell an und versucht ihm wegen der hohen Zinsen die Schuld in die Schuhe zu schieben, obwohl Powell richtig handelt (bei steigender Inflation keine Zinssenkung). Aber vielleicht merkt Trump, dass der Zinsaufwand der Amis immer höher steigt. Auch die Beendigung des Ukrainekrieges wird wohl (leider) ein Flop. Er macht Vorschläge um als „Friedensengel“ gehuldigt zu werden, die aber für die Ukraine und für Europa nicht akzeptabel sind. Und Putin bombt weiter. Die Chinesen erhöhen ebenfalls die Zölle und verweigern die Abnahme von bestellten Boeing-Flugzeugen. Bisherige Ergebnisse der Trump-Politik: Die US-Indices crashen, der US-Dollar verliert zusätzlich zweistellig. Die westliche Allianz bröckelt an allen Ecken und Enden. Die Aversion gegen die Amerikaner steigt gravierend.

Die US-Megastars fallen von ihrem Hoch Mitte Februar: Nvidia minus 36 Prozent, Apple minus 25 Prozent, Amazon minus 31 Prozent, Alphabet minus 27 Prozent, Microsoft minus 21 Prozent, ASML minus 43 Prozent oder Tesla minus 53 Prozent. Die Zollstreitigkeiten treffen vor allem die Amerikaner selbst. Deren BIP fällt genauso wie die Umsätze der Unternehmen und damit die Gewinnschätzungen. Wie ich immer wieder darauf hingewiesen habe, waren die Aktien für dieses Szenario zu teuer (zum Beispiel Schiller KGV). Derzeit muss man davon ausgehen, dass die propagierte Reindustrialisierung der USA mit einer geradezu ausländerfeindlichen Politik nicht gelingt, zumal die USA viele Importe gar nicht selbst produzieren können. Und sollte es trotzdem gelingen, dann nur zu deutlich höheren Preisen. Besonders die „TrumpWähler“ können sich dann etliche Dinge nicht mehr leisten.

Die US-Notenbank hat ihre Prognose für das Wachstum schon gesenkt und eine Warnung für eine Rezession ausgesprochen. Trump´s Wirtschaftspolitik wird, wenn beibehalten, im Chaos enden. Er missachtet Gesetze und Beschlüsse, untergräbt die Gewaltenteilung und setzt willkürlich seine Gefolgsleute an wichtigen Positionen ein. Der erste wirft bereits das Handtuch. Clevere europäische Unternehmen bieten hochqualifizierten US-Fachkräften schon attraktive Arbeitsplätze in Europa an.

Bei einer Rezession wird auch die Schuldenlast (36,3 Bill.) zum Problem. Geringeren Steuereinnahmen steht dann der steigende Schuldendienst (höhere Schulden und evtl. höhere Zinsen) entgegen. Der aktuelle Durchschnittszins liegt bei etwa 3,3 Prozent, während die Marktzinsen bei 3,8 Prozent für zwei Jahre und 4,4 Prozent bei zehnjährigen Bonds liegen. Die Refinanzierung wird nicht nur teurer, sondern wegen des schwachen Dollars auch noch schwieriger. So wäre zum Beispiel gegenüber Euro die Zinsdifferenz beim Euro-Anstieg auf über 1,163 zum Dollar aufgebraucht. Sollten die langfristigen Dollar-Zinsen, trotz evtl. fallender Fed-Zinsen, weiter steigen (kritische Marke fünf Prozent für zehnjährige Treasuries), ist eine weltweite Schulden- und Bankenkrise nicht mehr auszuschließen.

Inwieweit Deutschland von der amerikanischen Fehlentwicklung profitieren kann, ist recht unsicher. Man muss die Reformen und deren Umsetzen der neuen Regierung abwarten. Zweifel sind angebracht. Der Koalitionsvertrag signalisiert eher ein „weiter so“, als eine Wende. Der Staat müsste den Sozialhaushalt reformieren und den Einwohnern wieder in die Eigenverantwortung nehmen. Außerdem muss die Bürokratie massiv eingedämmt und der Verwaltungsapparat reduziert werden. Zuviel Geld versickert im Behördendschungel. So wurde bekannt, dass z.B. in den Jobcentern von 10,7 Milliarden Steuergeldern 6,5 Milliarden in der Verwaltung hängen bleiben. Der Städte- und Gemeindebund hat veröffentlicht, dass in den vergangenen Jahrzehnten sich die Bauvorschriften mehr als vervierfacht haben. Zudem hat Deutschland in den Verwaltungen Europaweit die meisten Juristen, die aber die geringste Erfahrung in der Privatwirtschaft gesammelt haben. Die Baby-Boomer gehen in Rente, aber die Nachfolger diskutieren die Vier-Tage-Woche und ihre Work-Life-Balance. Selbst in den Schulen werden bei den Bundesjugendspielen das Maßband und die Stoppuhr abgeschafft, statt die Kids an Verantwortung heranzuführen.

Die Deutschen glauben nur wenig an ein politisch anderes Verhalten der neuen Regierung (=Anstieg der AfD-Wähler). So sind die Verspätungen und Ausfälle der Bahn auch das Resultat von Personalmangel. Ebenso in den Kitas, den Schulen, in den Krankenhäusern oder beim Handwerk, während wir 3,9 Millionen arbeitsfähige Arbeitslose recht angenehm durchfüttern.

Für den Anleger hat sich das Börsenumfeld deutlich verschlechtert. Derzeit scheinen Kurserholungen eher Verkaufsmöglichkeiten zu sein. Nach kräftigen Rückgängen könnte eine Trading-Chance entstanden sein. Die derzeit erfolgreiche Strategie 20 Prozent plus X in Liquidität, 20 Prozent in Edelmetallen und ansonsten Qualitätstitel bleibt weiter bestehen. Anlagen in Anleihen favorisiere ich Laufzeiten von ein bis zwei Jahre und gerade hier höchste Qualität. US-Dollar Anleihen meide ich wegen des Währungsrisiko. Die Renditedifferenz von ca. 1,8 Prozent zum Euro ist zu schnell über einen schwächeren Dollar aufgebraucht. Ab Euro/ US-Dollar 1,19 beginnt sogar die Verlustzone. Zumindest für das erste Jahr. Aber nicht vergessen: Die US-Zinsen müssen dann trotzdem versteuert werden.

Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.