Deutscher Altersvorsorge-Index rückläufig
21.10.2022
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Der Deutsche Altersvorsorge-Index (DIVAX-AV) setzt seinen Abwärtstrend fort und erreicht mit einem Wert von -5,4 einen neuen Tiefstand. Die vom Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) halbjährlich erhobene Kennzahl misst das Stimmungsbild der Bevölkerung zur Altersvorsorge und kann Werte zwischen 100 und -100 annehmen. Mit dem aktuellen Wert ist der Index seit Beginn der Erhebung vor zwei Jahren um neun Indexpunkte und zum vierten Mal in Folge gefallen.
Laut dem Teilindex „Aktuelle Lage“ fällt mit -10,9 die Bewertung der aktuellen Situation negativ aus. „Das ist nicht verwunderlich“, erläutert Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA, „die Zeitungen sind voll von Negativmeldungen mit düsterem Ausblick. Dieses Stimmungsbild fließt natürlich auch in die Bewertung der Altersvorsorge ein.“ Und das mit konkreten Einschätzungen: Inzwischen geben 27 % der Befragten an, dass sich die finanzielle Absicherung für den Ruhestand in den letzten drei Jahren verschlechtert hat. Vor einem halben Jahr waren es noch knapp 19 %. Als Grund dafür sieht Heuser an vorderster Stelle die Inflation; denn die aktuellen Renten- und Zinserhöhungen können mit der Preissteigerung nicht mithalten.
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Vertrauen in gesetzliche Rente nimmt weiter ab – © DIVA[/caption]
Geht es um längerfristige Erwartungen an die Rente, rutscht auch hier der Stimmungswert von 0,6 im Frühjahr 2022 weiter ab. Aktuell liegt dieser sogar bei 0,0. Besonders ins Gewicht fallen dabei die Einschätzungen zur gesetzlichen Rente: 61 % der Befragten gehen für die nächsten 20 bis 30 Jahre von einer Verschlechterung aus. Insgesamt 41,3 % der Befragten wollen gegensteuern und in den nächsten drei Jahren mehr Mittel in die private Altersvorsorge investieren.
Bürger halten trotz Inflation an der Altersvorsorge fest
Norman Wirth, Vorstand eines der Trägerverbände der DIVA, dem Bundesverband Finanzdienstleistung AfW, bestätigt die Umfrageergebnisse mit Einschätzungen der Vermittler aus der Praxis: „Unsere Mitglieder berichten, dass die Bürger trotz hoher Inflation an ihrer privaten Altersvorsorge festhalten. Es ist bisher wohl lediglich eine Minderheit, die die monatlichen Sparbeiträge reduzieren muss. Offensichtlich sparen die Menschen zunächst in anderen Bereichen. Die Nachfrage nach
Altersvorsorgeberatung ist hingegen weiter hoch. Dabei spielen aktienbasierte
Vorsorgeformen eine immer größere Rolle“, so Wirth.
Bei Frauen fällt der Wert des DIVAX-AV mit -10,5 weit pessimistischer aus als bei Männern (-0,6). Für Heuser nicht von ungefähr: „Frauen erhalten wegen unterschiedlicher Erwerbsbiografien im Schnitt rund 30 % weniger Rente als Männer.“ Noch größer ist die Divergenz beim Altersvergleich. In der Gruppe der 50- bis 65-Jährigen ist die Skepsis mit einem Wert von -18,8 am größten (18- bis 29-Jährige: 15,2). „Eine nachvollziehbare Sorge der Älteren, wenn sich das Vermögen inflationsbedingt noch kurz vor dem Renteneintritt verringert“, so der DIVA-Direktor. Bei der Auswertung nach Bundesländern ist Thüringen mit -20,3 Schlusslicht, während in Berlin mit 6,8 die Stimmungslage zur Altersvorsorge am besten ist. Auch das ist für Heuser plausibel: „Die deutsche Hauptstadt belegt mit einem Beamtenanteil von knapp zwei Prozent einen Spitzenplatz.“ (ml)