Neues Gesetz zur Versicherungsaufsicht wird diskutiert

02.09.2014

Für Versicherer wird es ab 2016 neue Spielregeln in der Kapitalanlage und in der Rückstellung von Eigenkapital geben. Vor der Reform ist nach der Reform.

2014-09-03 (fw/db) Die Bundesregierung will die Versicherungsaufsicht modernisieren. Das Kabinett brachte am heutigen Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Modernisierung der Versicherungsaufsicht auf den Weg.

Die 2009 auf europäischer Ebene beschlossenen Anforderungen an die Solvenz der Versicherer muss in deutsches Recht umgesetzt werden. Kern der Solvency II - Reform ist, dass sich die Unternehmen bei der Anlage der Kundengelder stärker am tatsächlichen Risiko ihrer Investments orientieren müssen. Außerdem müssen sie ihr Risiko-Management verbessern und den Behörden mehr Informationen übermitteln.

Die neuen europäischen Regeln müssen ab dem 1. Januar 2016 auf nationaler Ebene umgesetzt sein. Ab da hat die Branche 16 Jahre Zeit, ihre bestehenden Kapitalanlagen etwa in Staatsanleihen, Aktien oder Immobilien auf das neue System umzustellen. Die Summe der Kapitalanlagen der deutschen Assekuranz beträgt rund 1,4 Billionen Euro. Solvency II soll den Versicherern und der Aufsichtsbehörde BaFin helfen, Risiken früher zu erkennen und bei Bedarf gegenzusteuern.

Bei der Bewertung ihrer Anlagen können die Versicherer künftig auswählen, ob sie das Solvency-II-Standardmodell oder eigene Berechnungsmethoden anwenden. Eigene Berechnungsmethoden müssen sie sich von der Bundeanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigen lassen. Je nachdem, wie riskant eine Anlage bewertet wird, muss das Unternehmen zur Absicherung Rückstellungen von Eigenkapital in der Bilanz vornehmen. Zusätzlich werden die Anlagen häufiger auf ihren tatsächlichen Wert geprüft.

Im Gegenzug fallen für Versicherungen, die komplett über die neuen Regeln reguliert sind, die bisherigen starren Quoten, zu denen die Versicherer die Kapitalanlagen in bestimmte Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen investieren dürfen. Damit eröffnen sich der Assekuranz neue Chancen für Investitionen in Infrastruktur-Projekte wie Straßen oder Stromnetze. Bisher fehlen noch geeignete Vorhaben, aber Minister Gabriel hat diese zumindest schon mal angekündigt. Die Bundesregierung plant zu diesem Zweck eine Kommission mit Vertretern der Finanzindustrie. Die Branche dringt wegen der historisch niedrigen Zinsen für Staatsanleihen auf mehr Chancen, Prämiengelder als versicherungstechnisches Fremdkapital, gewinnbringend anzulegen

Derzeit machen alternative Anlagen der Versicherer in erneuerbare Energien und Infrastruktur insgesamt noch weniger als ein Prozent der gesamten Kapitalanlagen aus. Obwohl alternative Anlagen für Versicherer in Sicht sind, weil der Staat die Gelder als Investition braucht. Ein von der Konferenz der Verkehrsminister der Bundesländer 2011 eingesetztes Gremium war bereits zu dem Ergebnis bekommen, dass allein für Betrieb und Erhalt der deutschen Verkehrsinfrastruktur in den kommenden 15 Jahren mehr als sieben Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich benötigt werden.