Lebensversicherung im Erbfall: Steuerlich schädliche Struktur vermeiden

23.09.2020

Dr. Christopher Riedel LL.M. Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater / Foto: © Christopher Riedel

Während der Ansparphase erzielte Kapitalerträge bleiben steuerfrei

In ertragsteuerlicher Hinsicht sind kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen insbesondere deshalb zusätzlich attraktiv, weil die während der Ansparphase durch die Versicherungsgesellschaft erzielten Kapitalerträge steuerfrei bleiben. Sie können also (vom Versicherungsunternehmen) vollständig reinvestiert werden. Dies führt zu attraktiven Zins- und Zinseszinseffekten, die beim persönlichen Sparen (außerhalb eines Versicherungsprodukts) nicht erzielt werden können. Hinzu kommt, dass Lebens- und Rentenversicherungen jeglicher Couleur nicht der bis zu 19 Prozent betragenden Versicherungssteuer unterliegen, sodass die Thesaurierungsbegünstigung auch nicht durch eine beim persönlichen Sparen nicht anfallende (und sonst gerade in der Anfangsphase des Versicherungsverhältnisses heftig zu Buche schlagende) Kostenbelastung erkauft werden muss. Im Versicherungsfall gezahlte Todesfallleistungen sind zudem einkommensteuerfrei.

Wichtig ist: Soweit Lebens- und/oder Rentenversicherungen als Instrument des Vermögenstransfers eingesetzt werden, beispielsweise auch zur wirtschaftlichen Absicherung von Hinterbliebenen (Ehegatte, Lebenspartner, Kinder etc.), kann sich auch eine erbschaftsteuerrechtliche Relevanz ergeben. In diesen Fällen gilt der Erwerb aufgrund eines sogenannten Vertrages zugunsten Dritter (und nichts anderes ist der Erwerb des Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung) nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG als steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen. Hierbei geht es um Leistungsansprüche, die unmittelbar in der Person des Begünstigten entstehen und daher nie zum Vermögen des Versicherungsnehmers/Erblassers zählten, sodass sie auch nicht zu seinem Nachlass gehören können. Es handelt sich vielmehr um Vermögensvorteile, die aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages bei dessen (des Erblassers) Tod von einem Dritten unmittelbar erworben werden.

Gestaltungsmöglichkeiten, um überbordenden fiskalischen Zugriff zu vermeiden

Diese Relevanz wird oftmals unterschätzt, denn vor allem jungen Paaren dient die Versicherung in erster Linie der Absicherung von Schulden (zum Beispiel für die selbst genutzte Immobilie). Die effektive Besteuerung soll dann durch die zur Verfügung stehenden erforderlichen Freibeträge vermieden werden. Dies ändert sich aber spätestens dann, wenn die Schulden zu einem späteren Zeitpunkt im Wesentlichen getilgt sind, sodass der Versicherungsleistung keine Verbindlichkeit mehr gegenüberstehen. Dann noch durch lebzeitige Maßnahmen eine Verbesserung der zu erwartenden Steuerfolgen (bei Eintritt des Versicherungsfalls) zu erreichen, ist vielfach nicht mehr möglich.

Mithin sollten die steuerlichen Aspekte möglichst bereits vor Abschluss eines oder mehrerer Lebensversicherungsverträge bedacht werden. Das ist auch die Aufgabe von Finanzberatern, Versicherungsvermittlern und Vermögensverwaltern, die in aller Deutlichkeit in der Beratung herauszustellen und Anleger so vor möglicherweise teuren Konsequenzen zu warnen. Es existieren durchaus Gestaltungsmöglichkeiten, einen überbordenden fiskalischen Zugriff zu vermeiden – nur muss dies natürlich frühzeitig angepackt werden, um ein ideales Ergebnis zu erreichen. Entscheidend ist, alle Möglichkeiten der steuerschonenden Gestaltung zu kennen und diese mit Weitsicht einzusetzen, am besten natürlich bereits lebzeitig.

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