Statt mit Vollgas und Vollbremsung mit Ruhe und Gelassenheit ans Ziel

11.04.2023

Thomas Freiberger - © Thomas Freiberger Vermögensverwaltung GmbH

Als Autofahrer kennen Sie diese Situation auf Deutschlands Autobahnen: Sie pflegen einen vorausschauenden und entspannten Fahrstil. Plötzlich braust ein schnelles Fahrzeug vorbei. Der Verkehr verlangsamt sich, eine Baustelle kündigt sich an. Am Stauende dürfen Sie den Überholer freundlich begrüßen. Vielleicht schmunzeln Sie und denken: Mit etwas Ausgeglichenheit im Fahrstil wäre der Überholer auch vor-angekommen. Und mit weniger Gefahren, denn mit doppelter Geschwindigkeit vervierfacht sich der Bremsweg!

Diese Geschichte eignet sich hervorragend, um die Vorteile ausgewogenerer Strukturen eines Wertpapierportfolios zu veranschaulichen. Freie Fahrt verleitet zu unvorsichtigem Verhalten. Ein Portfolio, das von 2014 bis 2022 ausschließlich in große Aktien der Industriestaaten investiert war, stieg um 137 % an, wobei wir Kosten und Steuern vernachlässigen. Die Wertentwicklung eines gemischten Portfolios aus jeweils 50 Prozent Aktien und deutschen Staatsanleihen bei monatlichem Re-Balancing sah dagegen mit 52 % Wertentwicklung blass aus.

Ein Blick in den Rückspiegel schadet nicht. Die vorangegangen 20 Jahre, 1994 bis 2013, zeigen ein anderes Bild:

Ein in 1994 angelegter Euro vermehrte sich bis Beginn 2013 auf 2,80 Euro, unabhängig davon, ob Sie mit Vollgas oder etwas gemächlicher fuhren.

Zwei Hausse-, aber auch zwei nachfolgende Baissephasen prägten und blieben in Erinnerung – die Dot-Com-Blase und die Große Finanzkrise. Beide Haussephasen stoppten in den Jahren 2000 beziehungsweise 2007 abrupt. Nach diesen Vollbremsungen vollständig in Aktien investierter Portfolios, die Bremswege dehnten sich bis 2003 und 2009, dauerte es im längsten Fall 13 Jahre, von 2000 bis 2013, die Einstandskurse aus dem Jahre 2000 wieder zu sehen. Ein entspannt anlegender Investor, der mit der Geschwindigkeit einer halben Aktienquote unterwegs war, konnte sich dagegen ähnlicher Renditen erfreuen – nur mit erheblich weniger Bremsweg, maximal fünf Jahre (2000 bis 2005), und weniger Stress. Eine ausgewogene Portfoliostruktur hilft, heftige Schwankungen durchzustehen und diszipliniert investiert zu bleiben!

Langfristiges Investieren sei unterschiedlich zu kurzfristigem, hören wir immer wieder – eine populäre Fehlannahme! Risiken treten unerwartet auf. Obwohl ein Anlagezeitraum von über zehn Jahren geplant war, kennen Anleger beim Auftreten von Risiken nur noch einen Anlagehorizont von zehn Tagen. Wird zu viel Risiko eingegangen, führt dies zur Aufgabe ursprünglich lange angelegter Investmentpläne. Nervöse Anleger verkaufen bei Kursrückgängen, gerne und beliebt auch bei Tiefstständen. Tatsächlich setzt sich ein langfristiger Anlagehorizont aus einer Abfolge kurzfristiger Horizonte zusammen. Langfristig erscheint eine Anlage oft nur in der Rückschau.

Ein gutes Wertpapierportfolio soll Schutz vor prozyklischen Verhalten bieten. Es besteht aus mehreren Bestandteilen, die sich positiv ergänzen. Das Risiko einer einzelnen Anlage besteht nicht darin, wie sich diese Anlage in Isolation verhält, sondern wie sich diese Anlage im Verhältnis zu den anderen Anlagen verhält. Vorausschauende Anleger mit guter Risikoplanung denken nicht in Einzelanlagen, sondern im Portfoliozusammenhang.
Sie kombinieren ein globales Portfolio aus Aktien mit defensiven Anleihen kurz- bis mittelfristiger Laufzeit, die ihren Finanzplanungen entsprechen.

Wir wünschen eine angenehme und sichere Fahrt!

 Kolumne von Thomas Freiberger, Geschäftsführer der Thomas Freiberger Vermögensverwaltung GmbH in München