Anlagefehler: „Herding - Herdenverhalten“

03.07.2025

Christian Niemeier / Foto: © HOPPE VermögensBetreuung

Der Kapitalmarkt ist kein Ort der reinen Rationalität. Emotionen, psychologische Muster und soziale Dynamiken beeinflussen täglich die Entscheidungen von Anlegerinnen und Anlegern. Ein besonders mächtiges Phänomen in diesem Zusammenhang ist das sogenannte Herding – oder auf Deutsch: der Herdentrieb.

Wir kennen das Phänomen aus dem Tierreich. Eine Herde Zebras etwa reagiert instinktiv nach gleichem Muster, weil die Tiere gelernt haben, dass die Gruppenentscheidung meistens die richtige ist. Auch beim Menschen ist das Herdenverhalten zu beobachten. In der Spielshow 1, 2 oder 3 war es nicht selten, dass unsichere Kinder sich doch in letzter Sekunde der großen Gruppe anschlossen und doch auf die falsche Zahl hüpften. Herdenverhalten führt also nicht zwingend zum Erfolg.

Im Forschungsbereich der Verhaltenspsychologie zum Verhalten von Kapitalanlegern meint „Herding“, sich den Entscheidungen einer großen Gruppe anzuschließen. – unabhängig davon, ob diese auf fundierten Analysen basieren. Gerade in unsicheren Marktphasen ist es menschlich, sich am Verhalten anderer zu orientieren. Doch dieses Verhalten birgt Risiken: Es kann zu überhöhten Bewertungen, plötzlichen Kursstürzen und irrationalen Investmententscheidungen führen – insbesondere für private Kapitalanleger.

Beispiele, bei denen Herding zum Problem wurde

Immer wieder machen Zauberworte die Runde „Wasserstoff“, „Nachhaltigkeit“, „KI“ oder ganz aktuell sogar „Defense“. Die Euphorie um die die Megatrends unserer Zeit führten in aller Regel dazu, dass die Kurse der Unternehmen aus diesen Bereichen wie Raketen durch die Decke gingen, um dann oftmals wieder kräftig einzusinken.

Nvidia, AMD und Alphabet sind dabei Titel, die auch heute schon über ein belastbares Geschäftsmodell verfügen. Bei Wasserstoff-Aktien hingegen war viel Phantasie im Spiel. Aktien wie Ballard Power oder Plug Power trauern seit einigen Jahren ihren einstigen Höchstkursen hinterher. Auch der eigentlich begrüßenswerte „Run“ auf nachhaltig orientierte Unternehmen hat sich abgeflacht. Vor dem Hintergrund der sich überschlagenden Ereignisse auf der Bühne der Weltpolitik erklimmen plötzlich Unternehmen der Rüstungssparte immer neue Höchststände. Auch bei Bitcoin & Co. sehen wir immer wieder plötzliche Anstiege, angeheizt durch Medienberichte, prominente Investoren oder Social-Media-Trends.

Das Problem: Beim Herding steigen viele Privatanleger zu spät oder auf dem Höhepunkt ein – nur um oftmals kurz darauf massive Verluste durch Kursrückgänge zu erleiden. Der Impuls: „Alle machen es – das muss gut sein!“ verleitet manchen zu unüberlegten und wenig strategisch ausgewogenen Entscheidungen.

Wie Sie sich vor Herding schützen können

1. Informationen sammeln und verstehen, was man tut Wenn Sie es sich zutrauen, informieren Sie sich umfassend über das Investment. Nach wie vor spielen am langen Ende fundamentale Daten des Unternehmens, sein Geschäftsmodell, seine Wettbewerbssituation und mögliche Risiken eine wesentliche Rolle. Grundregel: Wenn Sie etwas nicht verstehen, investieren Sie besser nicht.

2. Langfristige Strategie schlägt kurzfristige Trends Bauen Sie Ihr Portfolio auf einer soliden, diversifizierten Strategie auf und halten Sie durch. Einzelne Trends können Teil dessen sein, sollten aber nicht dominieren. Ein gut strukturiertes Portfolio schützt vor unüberlegter Trendjägerei und federt zudem Kursschwankungen über einen längerfristigen Zeitraum ab.

3. Emotionen erkennen und kontrollieren Die Angst, etwas zu verpassen ist einer der stärksten Treiber für Herding. Machen Sie sich diese Angst bewusst und prüfen Sie nüchtern, ob das Investment zu Ihrer Risikoneigung passt – unabhängig, was ihr Nachbar Ihnen von seinen tollen Investments vorschwärmt.

4. Qualitätsquellen statt Social-Media-Hypes Die Vielfalt des Internets ist zugleich sein Fluch. Täglich prasseln unablässig Informationen auf uns ein, die wir nur zu einem Bruchteil wirklich werten und verarbeiten können. Deshalb gilt: Nutzen Sie seriöse Finanzinformationen und analysieren Sie, ob eine Entwicklung Substanz hat – oder nur durch mediale Lautstärke getrieben ist.

Unser Fazit

Herding ist ein psychologisches Phänomen, das uns alle betrifft – besonders in Zeiten von Hype, Panik oder Unsicherheit. Wer sich dessen bewusst ist und systematisch gegensteuert, kann ruhiger, rationaler und langfristig erfolgreicher investieren. Bleiben Sie kritisch, bleiben Sie informiert – und investieren Sie mit kühlem Kopf.

Marktkommentar von Christian Niemeier, Referent der Geschäftsführung in der HOPPE VermögensBetreuung