Studie von Franke und Bornberg: Rekordbeteiligung

21.10.2022

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Bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) steht gute Kundenorientierung im Vordergrund. Das diesjährige Praxisrating von Franke und Bornberg analysiert verschiedene Versicherer im Hinblick auf effiziente Regulierung und Leistungspraxis. Auch Unterschiede in der BU-Versicherung zwischen Männern und Frauen werden deutlich.

„In diesem Jahr verzeichnen wir bei unserem BU-Leistungspraxisrating eine Rekordbeteiligung“, freut sich Gründer und Geschäftführer Michael Franke. Besonders bemerkenswert sei, dass die Hannoversche und die Signal Iduna bereits im ersten Anlauf die Note FFF (sehr gut) für ihre Regulierungspraxis erreichen konnten. Ebenfalls erfreulich sei, laut Franke, das hohe Niveau der teilnehmenden Versicherer. Nicht nur die großen Player, sondern auch kleinere Gesellschaften erzielten Top-Platzierungen.

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Notenverteilung des Leistungspraxis-Ratings 2022 der Studie von Franke und Bornberg – © Franke und Bornberg[/caption]

Mit einer Marktabdeckung von 60 % sei die Beteiligung zwar auf einem Rekordhoch, bilde den Markt aber nicht vollständig ab, so der Geschäftsführer weiter. Er schreibt das vor allem der Teilnahme erfahrener und engagierter Versicherer zu.

Frauen versichern sich früher: Früher Eintritt in das Berufsleben eine mögliche Motivation

Frauen entscheiden sich nicht nur früher für einen BU-Schutz, sondern werden auch früher berufsunfähig als Männer. Erst im Alter von 49 Jahren liegt die Anerkennungsquote von männlichen Versicherten über der von Frauen. Das korrespondiert mit den Ursachen: Psychische Erkrankungen führen früher in die Berufsunfähigkeit. 32 % aller Fälle werden schon in den ersten zehn Jahren ab Vertragsbeginn angezeigt. Verschleiß am Bewegungsapparat und Kreislaufkrankheiten treten hingegen erst im höheren Alter auf.

Andererseits führen Krankheiten des Kreislaufsystems, Muskulatur und Skelettsystem sowie Unfälle unter Männern deutlich häufiger zu einer BU als bei Frauen. Das gilt auch für Unfälle. Mögliche Ursachen sind stärker verbreitete körperliche Tätigkeiten sowie eine höhere Risikobereitschaft von Männern.

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Krankheiten, die zur Anerkennung führen und der Unterschied zwischen Männern und Frauen - © Franke und Bornberg[/caption]

Ein Blick auf die Leistungsfälle zeigt jedoch: Männer haben oft eine höhere Rente versichert. Das könnte mit geschlechtsabhängigen Unterschieden beim Einkommen korrespondieren („Gender Pay Gap“).

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Anerkennungsquote nach Lebensjahr - © Franke und Bornberg[/caption]

Die sogenannte „Gender Pay Gap“ liegt aktuell bei durchschnittlich 18 % (Quelle: Süddeutsche Zeitung).

Anerkennungsquote liegt bei 80 %: BU-Versicherer sind Ja-Sager

Die untersuchten Versicherer haben 2021 vier von fünf Anträgen auf BU-Leistungen anerkannt. Besonders hoch ist die Quote bei Krebserkrankungen. Hier wurden fast 95 % aller Anträge positiv beschieden. Krankheiten des Kreislaufsystems führen ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Anerkennung (83 %). Am anderen Ende der Skala stehen psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen. Aber auch in diesen häufig komplexen Fällen werden fast 70 % der Anträge anerkannt.

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Anerkennungs- und Ablehnungsquoten -© Franke und Bornberg[/caption]

Die versicherte Rente wirkt sich hingegen nicht darauf aus, ob ein Versicherer leistet. Die Anerkennungsquoten betragen auch bei höheren Renten in der Regel mehr als 75 %.

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Anerkennungs-und Ablehnungsquote nach Rentenhöhe - © Franke und Bornberg[/caption]

Hohe Ablehnungsquote bei jungen Erwachsenen: 48 % der Ablehnungen noch vor 35. Lebensjahr

Die vorvertragliche Anzeigepflicht ist ausschlaggebend für eine Anerkennung der BU-Rente. Die meisten Ablehnungen erfolgen also aufgrund einer Verletzung der sogenannten VVA. Trotzdem geht die BU-Leistungsprüfung generell nicht schneller: Für die Regulierung benötigten die Versicherer 2021 etwas länger als im Vorjahr. Bis zur Anerkennung dauerte es im Schnitt 159 Tage und 191 Tage bei Ablehnungen. Michael Franke gibt zu bedenken, dass es sich um Mittelwerte handelt: „Die gute Nachricht ist: Viele Leistungsfälle werden innerhalb von 100 Tagen entschieden“, so Franke. Für den Anstieg seien häufig fehlende Kapazitäten bei Ärzten und Gutachten während der COVID-Pandemie verantwortlich. Zudem habe es deutlich weniger Außenregulierungen gegeben, ob mit eigenem Personal oder externen Dienstleistern. Besonders lange dauert die Regulierung bei psychischen Krankheiten und Unfällen. Gerade hier schlagen die Kapazitätsengpässe bei externen Stellen wie Ärzten, Gutachtern, Polizei und Gerichten besonders negativ zu Buche.

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Mitelwerte der Leistungsregulierung in Abhängigkeit zur vorliegenden Erkrankungen in Tagen - © Franke und Bornberg[/caption]

Trotzdem sieht Franke einige Hebel zur Beschleunigung. Versicherte brauchten zwischen 35 und 45 Tage für die Beantwortung des Fragebogens. Der erhöhte Zeitbedarf durch telefonische Kontaktaufnahme der Leistungsabteilung könne in der Regel aber mehr als kompensiert werden, weil die Fragebögen schneller und in besserer Qualität zurückgesandt würden. Ein ähnlicher Effekt zeige sich bei den Auswirkungen von Corona: Einerseits verlängerten personelle Engpässe und eingeschränkte Außenregulierung die Bearbeitungsdauer. Auf der anderen Seite wirke die Pandemie als Digitalisierungsturbo.

Problematisch für Betroffene: Vom Eingang der letzten Unterlage bis zur Entscheidung benötigen die untersuchten Versicherer gut 18 Tage – und damit mehr, als in vielen Versicherungsbedingungen vereinbart ist. Dort hat sich in den letzten Jahren ein Standard von zehn Arbeitstagen oder 14 Kalendertagen etabliert. Und die Wahrscheinlichkeit, dass nicht teilnehmende Versicherer gerade hier auf bessere Ergebnisse kommen, dürfte gering sein.

BU endet in den meisten Fällen nach Ablauf der Leistungsdauer

Franke und Bornberg hat in einem Teilbestand von 23.333 Leistungsfällen untersucht, aus welchen Gründen eine BU-Leistung endet. In mehr als der Hälfte aller Fälle war das erst bei Ablauf der Leistungsdauer. Michael Franke bewertet das nicht nur positiv: „Versicherer können mehr unternehmen, um Leistungsempfänger bei ihrer Rückkehr ins Arbeitsleben zu unterstützen. Das ist nicht trivial, denn viele Versicherte finden sich in dieser Situation mit dem Rentenbezug ab. Zudem fehlt oft die Fantasie oder Erfahrung, welche Tätigkeiten sie ihrer Einschränkungen ausüben können.“

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Gründe für die Beendigung der BU – © Franke und Bornberg[/caption]

Hier gehe es nicht um die absolute Zahl der eingeleiteten Nachprüfungen, sondern um deren Qualität. Gemeinsam entwickelte Lösungen könnten Kunden den Weg zurück in den Arbeitsmarkt ebnen und so das Risiko einer späteren Altersarmut verringern. Dazu mahnt Franke: „Altersarmut ist nicht nur ein individuelles Schicksal, sondern auch ein gesellschaftliches Problem. Versicherer tun gut daran, ihren Teil zur Lösung beizutragen.“ (ml)