Auf eine ausgewogene Strategie kommt es an

17.04.2023

Dominik Noizet, Regionaldirektionsleiter für Global Finanz Finanz- und Versicherungsmakler - © Dominik Noizet Finanzberatung

Auch wenn die deutsche Fußball-Nationalmannschaft aktuell nicht die besten Ergebnisse erzielt und der letzte große Titel schon fast zehn Jahre vergangen ist:  weltweit gibt es wohl keine andere Mannschaft, die sich auf ein Spiel gegen die Deutschen freut. Es sind nicht unbedingt die technischen Kunststücke, für die andere Nationen bekannt sind. Vielmehr wird das deutsche Spiel mit ganz anderen Tugenden verknüpft, die schon vor Anpfiff für Respekt beim Gegner sorgen.

Der typisch deutsche Kapitalanleger dagegen ist, zumindest international gesehen, durchaus eine seltsame Spezies. Ist es in unseren Nachbarländern schon längst Normalität nicht nur Festgeldkonten oder Bausparverträge als geeignete Anlageprodukte zu wählen, sondern vor allem auch in Niedrigzinsphasen Möglichkeiten wie den Aktienmarkt zu nutzen, scheut dies der angesprochene Deutsche Anleger größtenteils noch immer wie der Teufel das Weihwasser. Nun gibt es natürlich den typisch deutschen Kapitalanleger in Reinform nicht, aber eine gewisse Neigung zu Festzins und hoher Sicherheit sind eine oft gesehene deutsche Kapitalanlagetugend. Sicherheit bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem, keine Wertschwankung, sprich möglichst wenig Volatilität und Abweichung von den versprochenen Renditen.

Diese dürfen dann auch mickrig ausfallen, auch unterhalb der Inflation und der damit verbundenen schleichenden Realentwertung.

Im Fußball gibt es den geflügelten Spruch: die Null muss stehen. Frei übersetzt auf eine Kapitalanlage bedeutet dies, der Nominalwert muss erhalten bleiben. Doch diese Denkweise führt im Fußball regelmäßig zu weniger eigenen Torerfolgen, wobei auch ein 1:0 Sieg den Erfolg mit sich bringt. Beim Thema Geldanlage zählt aber viel mehr die Tordifferenz, sprich die tatsächlich erzielte Rendite.
So reicht der 1:0 Sieg zwar, um einen gewissen nominalen Gewinn zu erzielen, die wirklich großen Erfolge sind aber außer Reichweite. Schauen wir uns einen jungen Menschen an, der nach dem Ausbildungsende 40 Jahre lang 100 Euro monatlich anspart: Kosten, Steuern und Inflation außen vorgelassen, werden aus insgesamt 48.000 Euro Einzahlung und einer angenommenen Rendite von 2 %  jährlich immerhin gut 73.000 Euro, bei 4 % Rendite steigert sich die Summe bereits auf über 116.000 Euro und bei 6 % werden fast 192.000 Euro erreicht. Es lohnt sich also in die Offensive zu gehen, zumindest wenn dafür genug Zeit bleibt.

Zusammenspiel von Defensive, Mittelfeld und Angriff

Selbstverständlich sollten andere Ziele nicht vernachlässigt werden. Reserven und mittelfristige Pläne sind in einer guten Grundaufstellung genauso zu berücksichtigen.
Dort kommt es dann weniger auf das Ergebnis als auf Sicherheit und Verfügbarkeit an.
Die richtige Mischung macht es aus. Ein Trainer würde sagen, das Zusammenspiel von Defensive, Mittelfeld und Angriff muss passen. Übrigens hat sich gerade im Bereich der Altersvorsorge das Denken zur richtigen Anlagestrategie in den letzten Jahren auch schon deutlich geändert, fondsgebundene Produkte mit verbesserten Ertragschancen sind eine häufig genutzte Taktik geworden. Allerdings ebenso häufig noch mit eingebauten Garantien, die nicht selten einen Großteil der möglichen Renditen wieder verhindern.

Zurück zum typisch deutschen Anleger, der nun zum Renteneintritt, je nach bisherigem Sparerfolg und gewählter Anlageform, einen gewissen Kapitalbetrag, zur Verfügung hat. Spätestens jetzt muss dieses Kapital natürlich gesichert werden. Nach all den Jahren des Sparens wären jetzt Verluste wie ein Gegentor in der Nachspielzeit, das es mit allen Mitteln zu verhindern gilt. Doch warum ist das so?

Eine zusätzliche Sicherheit

Die wenigsten frisch gebackenen Rentner kaufen sich eine Yacht oder einen Sportwagen und verprassen auf einen Schlag das mühsam angesammelte Kapital. Im Gegenteil soll es nach Möglichkeit bis zum Lebensende eine zusätzliche Sicherheit bieten. Nach heutiger durchschnittlicher Lebenserwartung also noch für mehrere Jahrzehnte ausreichen.
Anders als beim Berufseinsteiger steht das Geld nun direkt zur Verfügung. Auch hier gilt
der Grundsatz, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Das Kapital, das bereits in den
ersten Jahren benötigt wird —  sei es für Konsum oder die zum Beispiel Restentschuldung der eigenen Immobilie  — wird eben nicht mehr arbeiten und muss schnell verfügbar sein.

Ein anderer Teil des Geldes bleibt allerdings noch über Jahrzehnte liegen. Aus 10.000 Euro Kapital mit den gleichen Vorgaben wie in der vorangegangenen Rechnung, werden nach 20 Jahren bei 2 % Rendite knapp 15.000 Euro, bei 4 %  Ertrag stehen dann 22.000 Euro zur Verfügung und bei sechs Prozent Rendite eben 32.000 Euro.

Warum sollte also das, erst viel später benötigte, Kapital 20 Jahre lang nicht arbeiten dürfen? Bei einer klugen Anlagestrategie kann es sogar möglich sein, rein aus den Erträgen den laufenden Kapitalbedarf zu decken und so überhaupt keinen Kapitalverzehr zu benötigen.

Wie bei den laufenden Sparraten, ist daher auch eine ausgeglichene und auf die indi-viduellen Bedürfnisse geplante Aufteilung der Mittel sinnvoll und führt zu einem besseren Ergebnis als nur das Thema Sicherheit in den Vordergrund zu stellen.
Beim Fußball würde man sagen: der Cleverere hat gewonnen. Bei der cleveren Kapitalanlage kann es sogar eine Vielzahl an Siegern geben. Bei beiden Themen gilt auf jeden Fall, es lohnt sich von den Erfolgreichen zu lernen.

Kolumne von Dominik Noizet, Regionaldirektionsleiter für Global Finanz Finanz- und Versicherungsmakler in Frickenhausen