„Auf Erfahrung gebaut“

19.07.2015

In der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU-Versicherung) ist es marktweit zu einer teils erheblichen Beitragsspreizung zwischen einzelnen Berufen gekommen. Auch deswegen rücken zunehmend alternative Ausschnittdeckungen in den Fokus von Maklern und Kunden. AXA geht mit ihrer Existenzschutzversicherung (ESV) einen eigenen Weg. Der Vertrieb kann hiervon in mehrerlei Hinsicht profitieren.

finanzwelt sprach mit Dr. Edward Renger, Leiter Unfallversicherung und biometrische Spezialprodukte bei AXA, über die Vorteile des Modells.

finanzwelt: Mitunter ist es schwer zu verstehen: Wie selbstverständlich versichern die Bundesbürger ihr Haus, ihren Hausrat, ihr Fahrrad und mit Kaskopolicen ihr Auto, doch wenn es um die existenziell unerlässliche Absicherung ihrer Arbeitskraft geht, machen sie buchstäblich dicht. Woran liegt das?

Dr. Renger: Wer seine Arbeitskraft absichern möchte, der muss sich auch mit dem unangenehmen Gedanken befassen, dass ihm etwas zustößt. Ein zweiter Aspekt ist, dass wir alle im Hier und Jetzt leben: Die Menschen konsumieren im Moment einfach lieber als zu sparen oder vorzusorgen. Hinzu kommt, dass die BU-Versicherung den Ruf hat, teuer zu sein und auch schwierig abzuschließen ist. Das führt dazu, dass viele sich gar nicht erst um eine Police bemühen, sondern lieber darauf vertrauen: „Mir passiert schon nichts.“

finanzwelt: Im Zusammenhang mit der Absicherung der Arbeitskraft drehte sich in der Vergangenheit mehr oder weniger alles um die BU-Versicherung. Doch die ist oftmals nicht billig. Neuerdings redet alle Welt von Alternativen. Was halten Sie von Dread Disease, Erwerbsunfähigkeitsabsicherung und Grundfähigkeitsversicherung? Immerhin handelt es sich hierbei um Ausschnittdeckungen.

Dr. Renger: Jede dieser Policen hat in ihrem Segment eine Berechtigung. Aber es handelt sich um Deckungen für eingeschränkte Fälle. Was die Menschen wollen, ist eine bezahlbare Absicherung für den Ernstfall. Denn den Verlust unseres Einkommens können wir uns einfach nicht leisten. Stellen Sie sich eine typische Familie in Deutschland vor: Der Vater ist der Hauptverdiener, die Mutter arbeitet in Teilzeit, beide Kinder in der Ausbildung. Fällt ein Gehalt weg, hat die Familie ernsthafte finanzielle Sorgen. Denn meist kommen zu dem Verlust des Einkommens hohe Kosten für Umbauten oder Therapien. Übrigens: Nicht nur der Hauptverdiener sollte abgesichert sein, denn auch wenn ein Teilzeitgehalt wegfällt, bedeutet das erhebliche Einbußen. In Deutschland erleiden jährlich mehr als eine Million Menschen eine schwere Krankheit wie einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt. Das trifft nicht nur ältere Menschen, sondern immer wieder auch Personen, die mitten im Berufsleben stehen. Im Fall einer BU besteht für alle, die nach 1960 geboren sind, grundsätzlich nur noch Anspruch auf eine niedrige gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Doch nicht einmal jeder vierte Haushalt hat eine private Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Die Absicherung erster Wahl ist ganz klar eine BU-Versicherung. Sie ersetzt das wegfallende Einkommen in der vereinbarten Höhe, wenn der Versicherungsnehmer seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr oder nur noch teilweise ausüben kann. Gezahlt wird während der gesamten Dauer der Berufsunfähigkeit. Doch nicht jeder hat die finanziellen Möglichkeiten oder gesundheitlichen Voraussetzungen, um diese Police abzuschließen. Eine günstigere Alternative ist die ESV. Sie zahlt im Versicherungsfall lebenslang eine monatliche Rente, deren Höhe der Versicherungsnehmer festlegen kann.

finanzwelt: Mit ihrer ESV hat AXA vor einiger Zeit eine nach eigener Aussage umfangreiche Alternative auf den Markt gebracht. Ursprünglich basiert sie doch auf einer Unfallversicherung. Wie sind Sie von dort aus bei der Produktentwicklung vorgegangen und wie haben Sie die Begriffe Unfall und Krankheit unter einen Hut bekommen?

Dr. Renger: Verbraucherschützer kritisieren an der Unfallversicherung, dass sie nur bei einem Unfall leistet. Andererseits ist die BU-Versicherung nicht für jeden erschwinglich. Das war unser Ansatz – wir wollten eine Police schaffen, die beides bietet: Sie sollte bezahlbar sein und nicht nur bei Unfällen leisten, sondern auch bei schweren Krankheiten. Die ESV schaut weniger auf die Ursache der Berufsunfähigkeit, sondern vielmehr auf den Invaliditätsgrad. Die monatliche Rente wird unabhängig von anderen gesetzlichen oder privaten Versicherungen gezahlt.

finanzwelt: Das Modell besteht aus vier Säulen. Wie funktioniert das?

Dr. Renger: Die erste Säule beinhaltet eine Unfallrente auf der Basis der Allgemeinen Unfallbedingungen (AUB). Gezahlt wird eine lebenslange Rente ab einem Invaliditätsgrad von 50 Prozent. Die zweite Säule besteht aus dem Organkonzept, nach dem für benannte lebenswichtige Organe die Leistung in Form einer lebenslangen Rente bei einer genau medizinisch definierten Funktionseinschränkung eintritt. Eine Ausnahme im Organkonzept ist die Krebserkrankung. Hier wird bereits bei Diagnose eines bestimmten Krebsstadiums geleistet. Die dritte Säule besteht aus einer Grundfähigkeitsversicherung, die sowohl die Grundfähigkeiten der Sinnesorgane wie Sehen, Hören und Sprechen berücksichtigt als auch den Stütz- und Bewegungsapparat. Wenn bei einer schweren Invalidität keine der genannten Säulen zu einer Leistungspflicht führt, diese aber so schwerwiegend ist, dass eine Pflegestufe nach Sozialgesetzbuch anerkannt wird, tritt die Säule vier, die Pflegeversicherung, ab Pflegestufe eins ein. Damit erfassen wir alle Fälle, die eine schwerwiegende Invalidität auslösen. Durch definierte Vorgaben ist transparent und nachvollziehbar, wann eine Leistung erbracht wird.

finanzwelt: Seit Jahren gibt es eine Entwicklung hin zu psychischen Ursachen als hauptsächliche Ursache für den Verlust der Arbeitskraft. Für Versicherer allgemein ist dies im Rahmen der Risikoselektion bei der Antragsprüfung ein heikles Thema. Wie geht AXA damit in der Existenzsicherung um?

Dr. Renger: Gerade wegen des günstigen Beitrags und der niedrigen Schwellen beim Abschluss mussten wir Grenzen ziehen. Burn-out etwa kann man nur über eine BU-Versicherung abdecken. Führt die psychische Krankheit aber zur Invalidität, so ist auch dies durch die ESV gedeckt. Die ESV leistet etwa bei halbseitiger Lähmung, die aufgrund einer psychischen Reaktion aufgetreten ist, oder bei psychischer Erkrankung, die zur Einstufung in eine Pflegestufe führt.

finanzwelt: Kann das Produkt am Ende die BU-Absicherung ersetzen?

Dr. Renger: Ersetzen nicht. Aber die Existenzschutzversicherung bietet durch die Unabhängigkeit von Beruf und Einkommen einem größeren Personenkreis die Möglichkeit, sich abzusichern oder eine Versorgungslücke zu schließen – Handwerker zum Beispiel haben heute oft Schwierigkeiten, eine BU abzuschließen. Die ESV ist eine Alternative für alle, die sich keine Berufsunfähigkeitsversicherung leisten können oder sie wegen einer Vorerkrankung nicht abschließen können.

finanzwelt: An die Kundenberatung setzt das hohe Ansprüche.

Dr. Renger: Es ist unser Anspruch, unsere Kunden hervorragend zu beraten. Wir haben die Einführung der Existenzschutzversicherung mit intensiven Vertriebsschulungen begleitet. Außerdem haben unsere Vermittler sehr gute Beratungstools, die sie beim Beratungsgespräch mit dem Kunden begleiten.

finanzwelt: Ist das letztlich nicht auch positiv für die Beraterhaftung?

Dr. Renger: Absolut. Während Vermittler und insbesondere auch Makler Kunden früher häufig ohne Angebot verlassen mussten, weil eine BU aus den unterschiedlichsten Gründen nicht abgeschlossen werden konnte, gibt es mit der Existenzschutzversicherung heute eine sehr gute Alternative. (hwt)

finanzwelt extra 04/2015 | Arbeitskraftsicherung