Die Generation Z – besser als ihr Ruf!

14.07.2023

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Bezüglich der Angehörigen der Generation Z bestehen viele Klischees und Vorurteile. Dabei ist diese Generation ebenso heterogen wie zum Beispiel die der Baby-Boomer. Entsprechend individuell müssen die jungen Mitarbeitenden auch geführt werden.

„Die Angehörigen der Generation Z sind nicht so leistungsfähig und -bereit wie unsere älteren Mitarbeiter.“ Diese Klage hört man oft von Managern und Unternehmern bezüglich der nach 1995 geborenen jungen Frauen und Männer, die sich nach ihrem (Hoch-)Schulabschluss bei den Unternehmen bewerben oder in diesen bereits eine Stelle haben.

Doch ist das wirklich so? Mein Eindruck als Unternehmerin und Managementberaterin ist: In der Generation Z gibt es, prozentual gesehen etwa ebenso viele leistungsbereite Frauen und Männer wie vor circa 40, 50 Jahren als das Gros der sogenannten Baby-Boomer in das Berufsleben eintrat.

Der Arbeitsmarkt ist aktuell ein Arbeitnehmer-Markt

Doch die Rahmenbedingungen waren andere. Damals bewarben sich auf eine freie Stelle in der Regel viele Personen. Deshalb konnten die Unternehmen aus einem Stapel Bewerbungen, die aus ihrer Warte besten herausfiltern. Danach konnten sie die potenziellen Kandidaten – teils mehrfach – bei sich antanzen lassen und sich den passendsten aussuchen. Und in den Arbeitsverträgen konnten sie den Auserwählten die Vertragsbedingungen weitgehend diktieren, denn diese wussten: Gute Stellen sind rar.

Diese Situation erachteten nicht wenige Arbeitgeber mit der Zeit als ebenso normal, wie dass beispielsweise die von ihrem Unternehmen benötigten Rohstoffe jederzeit lieferbar und günstig sind. Entsprechend schwer fällt es ihnen heute damit umzugehen, dass sich der Arbeitsmarkt fundamental gewandelt hat und die Bewerber zumindest gefühlt meist am längeren Hebel sitzen, weil

  • sie oft mehrere Joboptionen haben und
  • die Unternehmen aktiv um ihre Gunst werben müssen.

Diese Situation, über die viele Arbeitgeber klagen, ist für die Stellensucher (nicht nur) in der Generation Z erfreulich.

Niedrigere Messlatte aufgrund der geringeren Bewerberzahl

Dass so viele Unternehmen über die Qualität der nachrückenden (potenziellen) Mitarbeitenden klagen, liegt primär daran, dass aufgrund der demografischen Entwicklung ihre Gesamtzahl viel niedriger als früher ist. Deshalb bewerben sich oft – wenn überhaupt – nur ein, zwei Personen auf eine vakante Stelle. Darum müssen speziell mittelständische Betriebe bei den Anforderungen, die sie an ihre künftigen Mitarbeitenden stellen, heute schon oft große Zugeständnisse machen. Sie können die Messlatte nicht mehr so hoch wie früher legen. Deshalb sind sie im Betriebsalltag verstärkt mit Mitarbeitenden konfrontiert, die zum Beispiel eine geringere Eigenmotivation haben und mehr Führung brauchen. Außerdem haben die Neuen aus Unternehmenssicht oft noch fachliche und persönliche Defizite, weshalb eine Nachqualifizierung nötig ist. Das heißt, die Unternehmen müssen mehr Ressourcen als früher für die Führung und Entwicklung der neuen Mitarbeitenden aufwenden.

Hierauf sind viele Unternehmen nicht eingestellt und diese Situation überfordert zum Teil ihre Führungskräfte – zumal sich auch die Bedürfnisse der leistungsstarken und -bereiten jungen Mitarbeitenden (nicht nur) der Generation Z gewandelt haben. Viele von ihnen wollen zum Beispiel nicht mehr, dass die Erwerbsarbeit ihr gesamtes Leben dominiert. Die „Work-Life-Balance“ ist ihnen wichtiger als ihren Eltern. Und weil sie mehr Joboptionen haben, fordern sie solche Dinge wie geregelte Arbeitszeiten, Teilzeitarbeit, die Möglichkeit, mobil zu arbeiten oder mal eine längere Auszeit zu nehmen, auch aktiver ein. Dasselbe gilt für die Chancen, beruflich voranzukommen. Die jungen Leute warten seltener als ihre Eltern darauf, dass ihnen diese gewährt werden, sie fordern diese aktiv ein. Und wenn sie diese nicht bekommen? Dann wechseln sie schneller den Arbeitgeber.

Die Betriebe müssen ihre Personalpolitik neu justieren

Deshalb müssen die Unternehmen sich fragen, inwieweit ihre Personalpolitik insgesamt noch den Erwartungen ihrer (künftigen) Mitarbeiter entspricht – ähnlich wie sie dies bei ihren Produkten tun, wenn sich die Bedürfnisse der Kunden gewandelt haben.

Dieses Abschneiden alter Zöpfe fällt vielen Unternehmen schwer. Dasselbe gilt für ihre Führungskräfte, denn: Sie müssen in einer Situation in der gute Mitarbeitende nicht nur rar sind, sondern ihre Teammitglieder häufig auch

  • einen sehr unterschiedlichen fachlichen und persönlichen Reifegrad haben und
  • stark divergierende individuelle Bedürfnisse artikulieren,

bei ihrer Führungsarbeit eine sehr große Verhaltensflexibilität zeigen – auch weil ihre Teams zunehmend hybride bzw. virtuelle sind. In dieser Situation ist mehr denn je ein Führungsstil gefragt, bei dem die Führungskräfte ihr Verhalten dem jeweiligen Gegenüber und jeweiligen Situation bzw. Konstellation anpassen; also bedarfs- und situationsabhängig

  • Mitarbeitende mal loben, mal ihr Verhalten hinterfragen
  • Mitarbeitende mal beim Erfüllen ihrer Aufgaben aktiv unterstützen, mal sich bewusst zurücknehmen,
  • mal Änderungen stark forcieren, mal bewusst den Fuß vom Gas nehmen.

Die Mitarbeiter situativ führen und individuell entwickeln

Diese Verhaltensflexibilität können Führungskräfte nur zeigen, wenn sie in einem lebendigen Dialog mit ihren Teammitgliedern stehen, in dem sie unter anderem erkunden:

  • Was ist ihnen als Mensch und Mitarbeiter wichtig?
  • Wo drückt sie der Schuh?
  • Was erleichtert bzw. erschwert es ihnen, sich für die angestrebten Ziele zu engagieren?
  • Was brauchen sie, um effektiv zu arbeiten und ihre Kompetenz weiter auszubauen bzw. zu entfalten?

Denn nur wenn sie in einem von wechselseitiger Akzeptanz und Wertschätzung geprägten Dialog mit ihren Mitarbeitenden stehen, entsteht eine von Vertrauen geprägte Beziehung zwischen ihnen und können sie deren Denken und Verhalten gezielt beeinflussen.

Das heißt, die Führungskräfte müssen – ähnlich wie Influencer in den Social Media – danach streben, in ihrem Umfeld ein Milieu zu kreieren, in dem andere Menschen

  • freiwillig ihnen und ihren Ideen folgen und
  • eigeninitiativ ihr Denken und Handeln daraufhin überprüfen, inwieweit sie damit ihren Beitrag zum Erreichen der gemeinsamen Ziele leisten.

Aus dem Verhalten der Influencer lassen sich unter anderem folgende Erfolgsfaktoren ableiten.

Erfolgsfaktor 1: sichtbar und erfahrbar sein.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor aller Influencer im Netz ist, so banal dies klingt: Sie sorgen dafür, dass sie sichtbar sind – zum Beispiel, indem sie regelmäßig ihre Social-Media-Kanäle füttern und ihr virtuelles Netzwerk pflegen. Für Führungskräfte bedeutet dies: Sie dürfen sich nicht hinter ihrem Schreibtisch verstecken. Sie sollten vielmehr gezielt den Kontakt und die Kommunikation mit ihren Netzwerkpartnern suchen und bereit sein, hierin viel Zeit und Energie zu investieren.

Erfolgsfaktor 2: erkennbar für gewisse Werte stehen.

Fast alle erfolgreichen Influencer haben eine klare Botschaft bzw. stehen erkennbar für gewisse Werte. Dies sollte auch bei Führungskräften der Fall sein: Sonst sind sie für ihre Netzwerkpartner unberechenbar. Deshalb fassen sie zu ihnen kein Vertrauen. Also sind sie auch nicht bereit, ihnen und ihren Ideen zu folgen. Dies ist insbesondere im Kontakt mit den nachrückenden Mitarbeitenden der Generation Z sehr wichtig, da sie zumeist noch recht „frisch“ im Unternehmen sind. Deshalb haben sie oft noch nicht verinnerlicht, was ihrer Führungskraft und ihrem Arbeitgeber warum wichtig ist.

Erfolgsfaktor 3: die eigenen Auftritte „inszenieren“.

Erfolgreiche Influencer überlassen ihr Auftreten nicht dem Zufall. Sie inszenieren ihre Auftritte, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Dies sollten auch Führungskräfte tun. Sie sollten sich zum Beispiel, bevor sie einen Mitarbeitenden kontaktieren, fragen:

  • Wer ist mein Gegenüber und was ist ihm wichtig?
  • Welches Ziel möchte ich erreichen?
  • Welche Rahmenbedingungen sind nötig, damit meine Botschaften ankommen? Und:
  • Welchen Kommunikationskanal sollte ich deshalb wählen? Zum Beispiel: Mail, Telefonat oder persönliches Gespräch?

Den gesamten Artikel finden Sie hier.

Zur Autorin: Barbara Liebermeister leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ), Wiesbaden (www.ifidz.de). Die Managementberaterin und Vortragsrednerin ist unter anderem Autorin des Buchs „Die Führungskraft als Influencer: In Zukunft führt, wer Follower gewinnt“.

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