Dividendenaristokraten und nachhaltiges Investieren

20.10.2025

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In einer Zeit, in der sich Anlagestrategien zwischen Renditedruck und Nachhaltigkeitsanforderungen bewegen, eröffnet sich eine bemerkenswerte Synthese: Dividendenaristokraten mit nachhaltigen Geschäftsmodellen. Diese Verbindung schafft für Investoren neue Möglichkeiten, stabile Erträge mit verantwortungsvollem Investieren zu verknüpfen.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Laut der Hartford Funds-Studie „The Power of Dividends“ sind 84 Prozent der Gesamtrendite des S&P 500 in den vergangenen 50 Jahren auf reinvestierte Dividenden und den Zinseszinseffekt zurückzuführen. Diese Erkenntnis gewinnt durch eine weitere Dimension an Bedeutung, wenn Dividendenaristokraten – Unternehmen mit mindestens 25 Jahren kontinuierlicher Dividendensteigerungen – zusätzlich nachhaltige Geschäftsmodelle verfolgen. Eine empirische Analyse der DZ Bank verdeutlicht die Stärke traditioneller Dividendenaristokraten: Der S&P 500 Dividend Aristocrats Index erzielte über 20 Jahre eine jährliche Performance von 11,8 Prozent, während der S&P 500 Performance-Index bei 9,5 Prozent lag. Diese Outperformance von 2,3 Prozentpunkten jährlich zeigt die Kraft kontinuierlicher Ausschüttungsstrategien, wirft jedoch die Frage auf, ob sich diese Erfolgsgeschichte mit nachhaltigen Kriterien fortsetzen lässt.

Nachhaltigkeitsorientierte Dividenden-Investmentlösungen (auch mit Dividendenaristokraten-Fokus) zeigen häufig einen Performancevorsprung gegenüber konventionellen Strategien ähnlicher Ausrichtung. Diese Outperformance widerlegt das weit verbreitete Vorurteil, nachhaltige Investments führten automatisch zu Renditeeinbußen. Eine umfassende MSCI-Analyse untermauert diese Entwicklung: Unternehmen mit hohen ESG-Ratings übertrafen ihre schwächer bewerteten Pendants in europäischen Aktienmärkten über elf Jahre hinweg deutlich. Besonders bemerkenswert ist dabei die Erkenntnis, dass die Governance-Komponente in Europa eine stärkere Performance-Wirkung zeigt als auf globaler Ebene. Dies unterstreicht die Bedeutung einer soliden Unternehmensführung für nachhaltige Dividendenpolitik. Eine Morningstar-Studie liefert weitere überzeugende Belege: Portfolios mit niedrigem ESGRisiko erzielten in Europa über acht Jahre eine annualisierte Rendite von 10,6 Prozent, verglichen mit nur 6,6 Prozent bei Portfolios mit hohem ESG-Risiko. Entscheidend ist dabei die Krisenresilienz: In allen untersuchten Marktturbulenzen – von der SubprimeKrise bis zur Griechenland-Krise – zeigten nachhaltige Portfolios eine bessere Performance.

Welche Eigenschaften aber machen nachhaltige Dividendenaristokraten nun so attraktiv? Unternehmen wie Nestlé (28 Jahre Dividendensteigerung), Unilever (30 Jahre) oder L'Oréal (40 Jahre) zeigen, dass Langzeitkonsistenz bei Ausschüttungen eng mit nachhaltigen Geschäftsmodellen korreliert. Diese Unternehmen verfügen über defensive Geschäftsmodelle, starke Marktpositionen und die Fähigkeit, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stabile Cashflows zu generieren. Eine besondere Rolle spielt dabei die Governance-Komponente. AXA Investment Managers wies in ihrer Performanceanalyse nach, dass durch den gezielten Ausschluss von Titeln mit schwacher ESG-Qualität 57 Basispunkte Mehrertrag gegenüber der Benchmark erzielt wurden. Noch deutlicher fiel der Effekt bei der aktiven Auswahl besonders nachhaltiger Titel aus: Hier entstanden bis zu 540 Basispunkte zusätzlicher Ertrag.

Die Qualität der ESG-Integration wird durch spezialisierte Research-Häuser wie ISSoekom und MSCI sichergestellt. Diese bewerten Unternehmen anhand strenger Nachhaltigkeitskriterien und schaffen so Transparenz bei der Titelauswahl. Die Verbindung von Dividendenaristokratie und Nachhaltigkeit erweist sich als zukunftsweisend für institutionelle Anleger. Sie ermöglicht planbare Cashflows durch bewährte Dividendenqualität, während gleichzeitig ESG-Risiken minimiert und langfristige Wertschöpfung gesichert wird. Studien der Ludwig-Maximilians-Universität München bestätigen, dass ESG-Faktoren als eigenständige Renditequelle wirken und nicht nur ein „Nice-to-have“ darstellen.

Marktkommentar von Dyrk Vieten, Sprecher der Geschäftsführung der unabhängigen Vermögensverwaltung ficon Vermögensmanagement GmbH.