Italien zieht Lehren aus Deutschlands Solarpionierzeit
21.11.2025

Thomas Hartauer, Vorstandsvorsitzender der CAV Partners AG / Foto: © CAV Partners AG
Deutschland hat beim Ausbau der Photovoltaik früh Pionierarbeit geleistet – und ebenso früh die Grenzen des Systems erfahren: überlastete Netze, negative Strompreise, langwierige Genehmigungen. Italien steht nun an einem ähnlichen Wendepunkt, mit besseren natürlichen Voraussetzungen und der Chance, strukturelle Fehler zu vermeiden.
Während Deutschland mit Engpässen und Regulierung kämpft, gelingt Italien der Spagat zwischen Wachstum, Marktlogik und Stabilität. Das Land profitiert allein im Norden von rund 30 Prozent mehr globaler Sonneneinstrahlung als in Deutschland. Das sorgt nicht nur für höhere und stabilere Erträge, sondern auch für einen geringeren CO₂-Fußabdruck. Hinzu kommt eine flexible Preiszonenstruktur, die Angebot und Nachfrage regional ausgleicht – ein Instrument, das Deutschland bislang fehlt. Für Investoren entsteht so ein hochspannender Markt mit langfristig stabilen Ertragsaussichten. Vor zwanzig Jahren startete Deutschland seine Solaroffensive mit enormem Tempo, aber wenig planerischer Abstimmung. Heute führen Überproduktion und Netzengpässe zu hunderten Stunden negativer Strompreise. „Deutschland hat den Solarboom gestartet, Italien kann ihn perfektionieren – weil es später beginnt, aber strategischer planen kann“, sagt Thomas Hartauer, Vorstandsvorsitzender der CAV Partners AG. „Der entscheidende Unterschied liegt in der Gleichzeitigkeit von Erneuerbaren Energien-Ausbau und Infrastrukturplanung.“ 2024 verzeichnete Italien erstmals einen Rekordzubau von rund sieben Gigawatt Photovoltaik-Leistung. Bis 2030 sollen laut dem nationalen Energie- und Klimaplan etwa 80 Gigawatt installiert sein – mehr als doppelt so viel wie heute. Zum Vergleich: Deutschland installierte mit rund 16 Gigawatt zwar mehr Photovoltaik-Leistung, kämpft aber zunehmend mit negativen Börsenstrompreisen und überlasteten Netzen. „Italien hat die Chance, aus den deutschen Erfahrungen zu lernen und Netze, Speicher und Verbrauchsräume parallel auszubauen“, so Hartauer. Der Börsenstrompreis im Mittel in den Jahren 2024 und 2025 zwischen Deutschland und Italien liegt pro Kilowattstunde bei knapp drei Cent (bis zu ~ 50%) über dem deutschen Niveau, während die Verbraucherpreise aufgrund geringerer Nebenkosten niedriger sind, weil die Netzentgelte und Abgabenanteile in Italien geringer ausfallen als in Deutschland. „Grundsätzlich hat Italien einen Markt, der funktioniert. Aber die italienische Politik muss jetzt weiter am Ball bleiben – mit klaren Rahmenbedingungen, schnelleren Verfahren und Investitionssicherheit für private Akteure. Nur so kann das Land sein enormes Potenzial in nachhaltigen Ausbau überführen, ohne die Fehler des deutschen Markts zu wiederholen und hier sind wir aktuell positv gestimmt, dass dies auch so passiert“, betont Hartauer.
Mehr Sonne, weniger Hürden
„Italien verfügt mit einer globalen Solarstrahlung von 1.400 bis 2.000 kWh/m² über deutlich bessere natürliche Voraussetzungen“, erklärt Hartauer. „Zugleich ermöglichen vereinfachte Genehmigungsverfahren (PAS), dass Projekte bis zu zehn Megawatt Spitzenleistung meist binnen weniger Monate genehmigt werden – ein Tempo, von dem Deutschland weit entfernt ist.“ Dies führt unter anderem dazu, dass Energieerzeugung und Energienachfrage regionaler gedacht wird. Auch beim Flächenzugang zeigt sich ein deutlicher Unterschied: In Deutschland dominieren Pachtmodelle, in Italien können Investoren viele Grundstücke dauerhaft erwerben. Das schafft Planungssicherheit über Generationen. Auch der Fokus auf nicht-landwirtschaftlich nutzbare Flächen, etwa stillgelegte Steinbrüche oder brachliegende Industrieareale, sorgt für gesellschaftliche Akzeptanz. „Wenn Energieerzeugung auf Brachland statt Ackerland stattfindet, entstehen kaum Zielkonflikte. Es gibt eigentlich nur Gewinner“, so Hartauer. Trotz traditionell wechselhafter Politik zeigt sich Italien beim Umbau seines Energiesystems erstaunlich konstant. Die Regierung unter Giorgia Meloni treibt den Kohleausstieg bis 2028 voran, fördert Speichertechnologien und beschleunigt Genehmigungsverfahren. Ziel ist es, die Importabhängigkeit zu verringern und zugleich die EU-Klimaziele zu erreichen.
Paralleler Ausbau statt Überhitzung
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland erfolgte schneller als der der Netze und Speicher. Italien könnte das besser machen. Diese strukturellen Vorteile nutzt CAV Partners gezielt für seine Investitionsstrategie in Italien. In der Pipeline von CAV Partners befinden sich derzeit über 20 Projekte in Nord- und Mittelitalien mit insgesamt rund 140 MWp, die innerhalb von 18 Monaten baureif sein sollen. Das Referenzprojekt ‚F.A. Sol‘ in Apulien verdeutlicht das Potenzial: Mit 1.240 kWp Leistung erzeugt es rund 1,74 Millionen kWh Strom pro Jahr – genug für 600 Haushalte – und sichert sich durch Grundstückskauf eine langfristige Wertbasis. Die CAV Partners AG konzentriert sich bewusst auf viele kleinere Anlagen unter zehn MWp und verzichtet auf Großprojekte mit dreistelligen Megawattzahlen. „Solche Vorhaben mögen auf dem Papier attraktiv wirken und auch den natürlichen Wünschen instiutioneller Investoren entsprechen, bringen aber häufig erhebliche Herausforderungen für das bestehende Netz mit sich“, so Hartauer. „Mit unserer Strategie vieler mittelgroßer Anlagen sichern wir einen parallelen Ausbau von Erzeugung und Netzkapazität – und vermeiden die strukturelle Überhitzung, die man in Deutschland zunehmend beobachtet.“
Regionale Synergien für Europas Energiewende
CAV Partners kombiniert sonnenreiche Regionen Süditaliens mit den industriellen Verbrauchszentren im Norden. Während in Apulien bis zu 2.100 Volllaststunden pro Jahr erreicht werden, sichern Projekte in Verona, Vicenza und Treviso mit Erträgen zwischen 1.250 und 1.380 kWh/kWp eine hohe lokale Nachfrage. So entsteht ein regional abgestimmtes Gesamtsystem, das Netze entlastet und Versorgungssicherheit stärkt. Das Unternehmen setzt bei allen Projekten auf langfristige Partnerschaften und Eigenverantwortung – von der Flächensicherung über die Due Diligence bis zum Netzanschluss. Gemeinsam mit Rödl & Partner entwickelt CAV ausschließlich rechtssichere Regionen; problematische Gebiete wie Sizilien oder Kalabrien werden bewusst ausgeschlossen. „Wir denken europäisch, aber handeln regional“, fasst Hartauer zusammen. „Italien ist für uns kein Risikomarkt, sondern wir profitieren von unseren Erfarhungen in Deutschland. Wenn wir dort heute richtig planen, kann das Land zeigen, wie Energiewende wirtschaftlich tragfähig funktioniert. Aus diesem Grund planen und denken wir stets langfristig. Uns ist es wichtig als langfristiger Partner wahrgenommen zu werden, weswegen wir selbst oder im Auftrag für Dritte die PV-Anlagen auch gern weiterbetreuen“, unterstreicht Hartauer. (fw)

Leiterin des ÖKOWORLD-Nachhaltigkeitsresearchs Verena Kienel









