Die Krux in Sachen lupenreiner Kundenorientierung

18.12.2019

Alexander Retsch, Syndikusanwalt vfm-Gruppe / Foto: © vfm-Gruppe

Für die meisten Vermittlerprofis mit wertvoller Bestandsklientel im Gepäck liegt der Hauptgrund für einen angedachten Vermittlerstatuswechsel in deren verständlichem Wunsch nach uneingeschränkter Kundenorientierung. Dass gerade im Falle der Ausschließlichkeit dieses Ansinnen quasi automatisch mit ebenfalls nachvollziehbaren Auftragsgeberinteressen zu kollidieren scheint, fördern etwa jüngste Ergebnisse einer BVK-Studie zutage, die den nicht unerheblichen Anteil jener AO-Kollegen ermittelte, die in ihrem wirtschaftlichen Überleben von Bonifikationen abhängig sind.

So drängt sich nicht nur für kritische AO-Vermittler in Zeiten ausgedehnter Verbraucherschutz-Regularien die Frage auf, wie derartig erfolgsbezogene Vergütungsmodelle noch ernsthaft mit der IDD in Einklang gebracht werden können. Daneben führen derart gelagerte wirtschaftliche Abhängigkeiten die Idee des § 84 HGB ad absurdum, da sie die Selbständigkeit des Handelsvertreters als Unternehmer – gewollt oder unbeabsichtigt – schlicht untergraben.

Demzufolge wäre exakt an dieser Stelle von politischer Seite aus ein sinnvoller Ansatz gegeben, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass auch die Arbeit gebundener Vermittler rein sachgerecht und IDD-konform zu vergüten ist. Doch stattdessen ist man aktuell bemüht, in dieser Gemengelage einen Provisionsdeckel zu platzieren, der das wertvolle Gut lupenreiner Beraterunabhängigkeit weiter schwächt und stattdessen Abhängigkeiten durch Bürozuschüsse oder andere Umgehungsmöglichkeiten der Deckelung fördert. Und dies, wie aktuell durch ein Gutachten des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) festgestellt, ohne nennenswerten Vorteil für den Endkunden. Insofern bleibt nur zu hoffen, dass die Aufklärungsarbeit der Interessenverbände weiter offensiv geführt wird und im Ergebnis die erhoffte Wirkung im Sinne interessenkonfliktfreier Beratungsqualität zeigt.

Autor: Alexander Retsch, Syndikusanwalt vfm-Gruppe