Griechenland ist nicht alles

15.07.2015

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Griechenlandkrise – das kann doch kaum noch einer hören und lesen. Dabei gibt es weitaus wichtigere Themen, die Investoren beschäftigt, wie die mögliche Leitzinserhöhung durch die US-Notenbank, die Federal Reserve Bank.

(fw) Auch bei diesem Thema empfiehlt es sich, „Ruhe zu bewahren“ und nicht in Panik zu verfallen. „Zwar hat dieses Thema große Bedeutung für die Kapitalmärkte, ich warne aber davor, deshalb panikartig das Portfolio umzustrukturieren“, so Prof. Dr. Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland). Prof. Tilmes rät eher dazu, bei solchen Anpassungen in der Vermögensaufteilung die persönlichen Anlageziele nicht aus den Augen zu verlieren. Dass die Wellen angesichts eines möglicherweise beginnenden Zinserhöhungszyklus hoch schlagen, ist keineswegs überraschend. Schließlich sind die Zinsen und die Renditen am Kapitalmarkt in den vergangenen 30 Jahren, unterbrochen nur von kurzen Phasen des Anstiegs, immer weiter zurückgegangen. Sollte jetzt tatsächlich eine länger anhaltende Phase steigender Zinsen kommen, dann könnte dies durchaus Auswirkungen auf die Kapitalmärkte und die einzelnen Anlageklassen haben.

Für Anleger ist eine mögliche Zinswende aus diesem Grund tatsächlich ein wichtiges Thema. „Es bedeutet beispielsweise, dass bei Anleihen Kursverluste zu befürchten sind“, erläutert Prof. Tilmes, der auch Inhaber des Stiftungslehrstuhls für Private Finance & Wealth Management an der EBS Business School in Oestrich-Winckel ist. Es wäre daher sinnvoll zu prüfen, ob sich auf der Anleiheseite des Portfolios das Rendite-Risiko-Profil des Portfolios verbessert, wenn der Anleger schwankungsärmere Rentenpapiere kürzerer Laufzeit oder besserer Bonität beimischt. „Eine solche Maßnahme wird zwar die kurzfristige Renditeerwartung senken, sie kann den Kunden aber vor unliebsamen Überraschungen schützen“, erläutert der Experte. „Zudem führen steigende Zinsen mittelfristig zu höheren Kuponerträgen. So werden Kursverluste abgemildert. Und der Effekt verstärkt sich, wenn die Erträge reinvestiert werden.“

Zinserhöhung nicht zwangsweise schlecht für Aktien

Zugleich aber bedeuten höhere Renditen vor allem bei sicheren Staatsanleihen, dass diese im Vergleich zu risikoreicheren Anlageklassen attraktiver werden. Darunter könnten zum Beispiel Aktien leiden, die aktuell von dem Niedrigzinsumfeld profitieren. „Viele Anleger setzen auf Dividendenwerte, weil sie Renditen von 2 bis 3 % bringen“, sagt Tilmes. „Wenn aber sichere Bundesanleihen wieder vergleichbar hohe Erträge abwerfen, dann könnte es zu einer Umschichtung von schwankungsstärkeren Aktien in Staatsanleihen kommen.“ Was wiederum die Aktienkurse unter Druck bringen könne. Ob es allerdings schon in Kürze zu einer Zinserhöhung kommt, die so nachhaltige Auswirkungen auf die Kapitalmärkte hat, ist umstritten – auch wenn Janet Yellen gerade angekündigt hat, dass die US-Notenbank die Zinsen noch in 2015 erhöhen wird. „Allein schon auf Basis dieser Ankündigung sollten Anleger panikartiges Umschichten im Portfolio vermeiden“, rät Tilmes. Auch wenn es zu einem ersten Zinsschritt kommt, stellt sich als nächstes die Frage, ob zum Beispiel die Aktienkurse im Verlauf eines Zinserhöhungszyklus tatsächlich fallen. Eine Untersuchung von Allianz Global Investor zeigt, dass das in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Demnach ging es für Aktien nach dem ersten Zinsschritt zwar um rund 7 % im Schnitt nach unten. Über den gesamten Zeitraum der Zinserhöhungen hinweg aber legten die globalen Aktienmärkte durchschnittlich 4,6 % zu.