„Herr Kaiser“ der Zukunft

27.02.2023

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„Günter Kaiser“, Werbeikone und Sinnbild für Versicherungsvermittler der Hamburg -Mannheimer, ist bereits vor 15 Jahren in Rente gegangen. Und laut aktuellen Zahlen aus dem DIHK-Vermittlerverzeichnis tun es ihm viele seiner realen Kollegen seitdem gleich. Die Gesamtanzahl der Vermittler, Berater und Makler ist erneut geschrumpft. So sind im Januar 2023 insgesamt 287.712 von ihnen gelistet, mehr als 1.000 weniger als im Vorjahr – ein anhaltender Trend. Dem Finanzvertrieb fehlt der Nachwuchs, junge Menschen müssen für die Branche gewonnen werden. Doch wie gelingt das?

Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands, erklärt zunächst: „Die Vermittlerzahlen sind nur auf dem ersten Blick eindeutig. Beim genaueren Hinsehen sieht man: Insbesondere die Zahl an Vermittlern in der Ausschließlichkeit geht seit Jahren zurück. Auch dieser Trend scheint sich jedoch mehr und mehr einzupendeln. Betrachtet man die Zahlen der Berater, die ihre Produktauswahl auf eine breitere Basis stellen – also Makler und Mehrfachagenten – so sind diese Zahlen seit Jahren mindestens stabil, zumeist sogar steigend. Das ist ein Zukunftsmodell!“ Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW Verbands, appelliert ebenfalls für eine differenzierte Betrachtung der Zahlen. „Die einzige Vermittlergruppe mit einem signifikanten Rückgang sind die gebundenen Versicherungsvertreter. Das war insbesondere auf geschäftspolitische Entscheidungen der Gesellschaften zurückzuführen und sicherlich auch auf eine Marktbereinigung bei den Nebenberuflern, für die die regulatorischen Anforderungen zu hoch waren. Die Zahlen bei den Versicherungsmaklern und Finanzanlagevermittlern sind dagegen stabil. Aber unabhängig davon haben wir tatsächlich ein Nachwuchsproblem“, so Wirth.

Woher rührt dieses Problem?

Abgesehen vom branchenübergreifenden Fachkräftemangel in Deutschland, hat die Finanzbranche ihre ganz eigenen Hürden. Laut Wirth seien in der Vergangenheit viele Fehler gemacht worden, die zu einem schlechten Image in der Bevölkerung geführt haben. „Regulierung und auch Generationenwechsel in der Branche haben zwar schon sehr viel geändert, aber noch lange nicht genug und erst recht nicht in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Branche muss kundenorientierter, digitaler, weiblicher und nachhaltiger werden, um auch die junge Generation anzusprechen“, erläutert Wirth. Nachwuchs-Makler, Social Media-Experte und Testimonial der #Die34er-Comunity, Patrick Hamacher, findet: „Versicherungen waren noch nie sexy. Müssen sie auch nicht sein! Wir müssen es aber als Branche gemeinsam schaffen, unser Berufsbild in das richtige Licht zu rücken. Den stereotypen Versicherungsvermittler gibt es heute nicht mehr, und genau das müssen wir nach außen kommunizieren und zeigen.“ Außerdem sei die Branche laut Sebastian Müller, Leitung Partnermanagement bei der BCA AG, prinzipiell komplex, was für junge Menschen eine große Hürde darstelle. „Junge Maklerinnen und Makler, die sich diesen Anforderungen jedoch stellen, bietet die Tätigkeit ausgezeichnete Perspektiven und Vielseitigkeit. Die Wichtigkeit und vielen Chancen des Berufs müssen öffentlichkeitswirksam deutlich gemacht werden. Ebenso wie die Botschaft, dass junge Maklerinnen und Makler umfassende Unterstützung u. a. von gut aufgestellten Pools erhalten. Communities wie #DIE34ER oder unsere Initiative #frshmnds sind dabei gute Maßnahmen“, so Müller. Dr. Stefan Flach, ebenfalls selbst Finanzberater und Fachanwalt für Gefahrenabwehr- und Gewerberecht, sieht neben den Punkten Image und einem diffusen Berufsbild durch die Anforderungen an Aus- und Weiterbildungen einen weiteren Grund: „Möglicherweise liegt [der Nachwuchsmangel] an der Finanzbildung der Privathaushalte, die ja eine große Kundengruppe sind.“

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