Insolvenzplan als schnelle Entschuldungsmöglichkeit für natürliche Personen

14.03.2023

Mark Steh, Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht. Inhaber von hammes. Insolvenzverwalter, Duisburg / Foto: © hammes

Der Insolvenzplan ist im Insolvenzrecht ein vom Insolvenzverwalter administrierter Vergleich, um Schuldnern bei bestmöglicher Gläubigerbefriedigung die weitere Verfügung über ihre Vermögenswerte zu ermöglichen. Das gilt auch für natürliche Personen.

Viele Unternehmen in Deutschland sind als Personengesellschaften organisiert. Im Gegensatz zu einer Kapitalgesellschaft haften Gesellschafter einer Personengesellschaft in der Regel unbeschränkt mit dem Gesellschaftsvermögen und mit ihrem Privatvermögen. Eine Ausnahme sind die Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft. Personengesellschaften zeichnen sich oft dadurch aus, dass die beteiligten Gesellschafter im Mittelpunkt stehen. Ebenso existiert eine Vielzahl an Einzelunternehmen, wenn sich Gewerbetreibende oder Freiberufler allein selbständig machen.

Beispiele sind neben dem Einzelunternehmen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG), die Partnergesellschaft (PartG) und die stille Gesellschaft. Eine natürliche Person oder physische Person ist der Mensch in seiner Rolle als Rechtssubjekt, das heißt als Träger von Rechten und Pflichten.

Insolvenzplan als hochwirksames Instrument zur Sanierung

Auch in der Finanz- und Versicherungsbranche sind viele Unternehmen als Personengesellschaften organisiert. Damit unterliegen sie bestimmten Regeln und Bedingungen, die sie von juristischen Personen unterscheiden. Aber was bedeutet das beispielsweise im Falle einer Insolvenz? Können natürliche Personen die gleichen Möglichkeiten zur Entschuldung in Anspruch nehmen wie juristische Personen, beispielsweise einen Insolvenzplan als weitgehende unbekanntes, aber hochwirksames Instrument zur Sanierung? Die knappe Antwort lautet: ja.

Im Kern stellt das Insolvenzplanverfahren einen vorwiegend vom Insolvenzverwalter oder vom Insolvenzschuldner in Abstimmung mit dem Verwalter erarbeiteten und administrierten Vergleich dar, durch den sowohl die Gläubiger bestmöglich befriedigt werden sollen als auch das Unternehmen erhalten bleiben soll. Das ist für Eigentümer besonders wichtig. Sie wollen trotz der Krise mit dem eigenen Unternehmen in die Zukunft gehen. Hat das Gericht den Insolvenzplan bestätigt, wird nachfolgend das Insolvenzverfahren aufgehoben. Der Schuldner erhält das Recht zurück, frei über sein Vermögen zu verfügen.

Schuldner muss dem Sanierungsplan zustimmen

Für das Gelingen des Insolvenzplans müssen zahlreiche Voraussetzungen gegeben sein. Der sanierungswillige Insolvenzverwalter wird nicht ins Blaue hinein aufgrund einer Laune einen Insolvenzplan forcieren, sondern in einem ersten Schritt eine ganze Reihe von Fragen aufwerfen, bevor er der Gläubigerversammlung die Ausarbeitung eines Sanierungsplans vorschlagen wird. Hat das Unternehmen eine Chance am Markt? Ist das Unternehmen sanierungswürdig? Kann durch Veränderung der Kostenstrukturen die dauerhafte Rentabilität sichergestellt werden? Besteht grundsätzlich Interesse der Gläubiger an der Sanierung und können diese überzeugt werden, sich an der Sanierung zu beteiligen? Besteht Vertrauen in die Unternehmensleitung oder ist diese vielleicht ein Teil des Problems? Bieten die beteiligten Gesellschafter eine langfristige Perspektive für das sanierte Unternehmen?

In der Regel wird der Verwalter bei der Aufstellung eines Sanierungsplans auch den Schuldner beziehungsweise die Organe miteinbeziehen, um eine nachhaltige Lösung der Probleme zu erreichen und die Zukunft des Betriebs zu erarbeiten, zumal der Schuldner dem Sanierungsplan ebenfalls zustimmen muss. Vorteilhaft für die Sanierung im Insolvenzplanverfahren ist zudem, dass Schuldner und Gläubiger von den Vorschriften der Insolvenzordnung abweichen können, wenn sie der Meinung sind, dass dies zu einer besseren Verwirklichung des Verfahrensziels führen kann.

Bessere Befriedigung der Insolvenzforderungen

Das Gericht kann den Insolvenzplan des Verwalters nur bestätigen, sofern die Gläubiger diesem nach den gesetzlichen Regeln zugestimmt haben. Die Praxis beweist, dass Insolvenzpläne zum Erfolg für alle Beteiligten führen können, sofern das Unternehmen leistungswirtschaftlich wirklich saniert werden kann und es seitens der Gläubiger keine schwerwiegenden Zweifel am an der Kompetenz und Redlichkeit der Unternehmensführung gibt. Gerade für Banken und Lieferanten bietet eine Sanierung des Schuldnerunternehmens die Möglichkeit, nicht nur eine bessere Befriedigung ihrer Insolvenzforderungen zu erhalten, sondern überdies einen wirtschaftlich erholten Kunden und Geschäftspartner langfristig zu binden.

Insolvenzplan besser geeignet als Restschuldbefreiung

Das Insolvenzplanverfahren kann unter bestimmten Umständen auch für natürliche Personen für eine Entschuldung besser geeignet sein als beispielsweise die Restschuldbefreiung. Sie ermöglicht zwar verschuldeten natürlichen Personen auf Antrag, nach einer Wohlverhaltensphase schuldenfrei zu werden. Die Restschuldbefreiung hat zur Folge, dass die Insolvenzgläubiger Forderungen, die nicht bereits durch die Zahlungen während des Insolvenzverfahrens erloschen sind, nicht mehr durchsetzen können. Auch Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen seinerzeit überhaupt nicht angemeldet haben, können nichts geltend machen. Aber durch das gerichtliche Verfahren dauert die Restschuldbefreiung relativ lange, birgt das Risiko von Versagungsanträgen der Gläubiger und befreit nicht von allen Verbindlichkeiten. Ein sinnvoller Insolvenzplan hingegen – beispielsweise in Form eine Gläubigerbefriedigung aus Drittmitteln – befreit natürliche Personen – auch bei laufendem Geschäftsbetrieb – schnell und wirkungsvoll von allen Verbindlichkeiten, wenn es gelingt, die Gläubiger von dem Plan zu überzeugen.

Diese Möglichkeiten können auch im Finanz- und Versicherungssektor tätige natürliche Personen nutzen, aber genauso können Finanzdienstleister und Versicherungsmakler dieses Vorgehen auch ihren Kunden empfehlen, die eine Sanierung unter dem Schutz des Insolvenzrechts durchführen wollen oder müssen. Dem Insolvenzplan kann auf diese Weise als weithin unterschätztes Sanierungsinstrument die Bedeutung zukommen, die er verdient.

Gastbeitrag von Mark Steh, Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht, Inhaber von hammes. Insolvenzverwalter, Duisburg