Warum der Westen kaum Gold hat

07.07.2025

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Dieses Mal wird alles anders, gilt als der teuerste Satz an der Börse. Es hat den Anschein, dass Gold diese Börsenweisheit aushebeln könnte.

In 2025 stellte Gold den DAX, aber vor allem EuroStoxx, Dow, S & P, Nasdaq, Nikkei und Bitcoin deutlich in den Schatten. Trotzdem ist „der Westen“ unterinvestiert. Da westliche Anleger noch immer den „ollen Kamellen“ Glauben schenken, haben sie die Performance des Edelmetalls verpasst oder einfach „verschlafen“. Nachvollziehbar am Spyder Gold Trust, dem größten Gold hinterlegten Trust der Welt. Als der Goldpreis im August 2020 erstmals über die 2.000 US-Dollar schaute, war das Volumen beim Trust bei über 1.250 Tonnen angekommen. Ende Juni 2025 war der Goldkurs auf 3.350 US-Dollar gesprungen, der Bestand beim Gold Trust aber auf 950 Tonnen zurückgegangen.

Dies bedeutet einen Rückgang von etwa 24 Prozent, obwohl das Gold um ca. 67 Prozent performt hat. Noch gravierender der Anstieg vom Oktober 2023. Seitdem ist der Preis von 1.820, US-Dollar um 85 Prozent gestiegen, der Bestand des Goldtrust lediglich um zehn Prozent, nämlich von 860 auf besagte 950 Tonnen. Fazit: Das Gold steigt und keiner im Westen hat es. Gerald McMillan hat es passend ausgedrückt: „Es glauben mehr Leute, dass King Elvis noch lebt, als dass sie Gold haben“. Jetzt drängen sich zwei Fragen auf: Wer hat verkauft und warum, und wer waren die Käufer mit welcher Begründung.

Verkauft haben nachweislich der Westen. Ein Argument war: Wenn der Dollar steigt, fällt Gold. War oft und lange Zeit richtig. Aber der EUR/USD stand Ende 2020 bei 1,23 und aktuell bei 1,17, also noch 4,9 Prozent im Plus (Hoch 2025 1,02 = plus 17,07 Prozent)). Die Börsenweisheit hat nicht zugetroffen.

Ein weiteres Argument war: Wenn die Zinsen steigen, fällt das Gold. Auch hierzu gab es Erfahrungswerte. Aber seit 2020 sind die zehnjährigen US-Zinsen von unter ein Prozent auf 4,27 Prozent aktuell gestiegen. Der Anstieg der Zinsen war zwar kräftig, der des Goldpreises aber auch.

Selbst die Invasion der Russen in 2022 hat nur den Edelmetallkurs nach oben gebracht, aber nicht den Dollar. Ebenso beim Angriff auf Iran. Was ist also jetzt passiert, wenn alle Erfahrungen nichts mehr nützen, so sogar Anlagefehler provozieren?

Eine bedeutende Begründung liegt im Wachstum der Schwellenländer. Diese kamen zu erheblichem Wirtschaftszuwachs (zum Beispiel China oder Indien). Diese Länder und deren Bevölkerung kennen seit Jahrhunderten Gold als Geldanlage Nr. 1. Hier wird das Edelmetall aber nicht über Futures, ETF, ETC oder sonstige Wertpapiere erworben (und damit mitunter auch der Preis manipuliert), sondern sie kaufen physisches Metall. So erfolgt die Hauptnachfrage nicht mehr in den westlichen Märkten in New York, Zürich oder London, sondern in Shanghai, Mumbai oder Dubai.

Die Überschüsse dieser Länder, die sich inzwischen zum Großteil zu den BRICS-Staaten zusammengeschlossen haben, wurden früher in US-Treasuries zinsbringend angelegt. Nach dem Einfrieren der Amerikaner von ausländischen Guthaben nach der Invasion in der Ukraine, hat eine Erosion des Vertrauens in den traditionellen „sicherer Hafen US-Dollar“ eingesetzt. Folge ist die Abwendung vom US-Dollar und damit auch von den US-Anleihen. Für diese Länder war die einzige Alternative: Gold. Sie kauften allerdings auch nur Gold. Keine Goldaktien und auch kein Silber.

Es bedarf keiner übermäßigen Hellseherei, dass der Trend noch eine Weile anhalten wird. Dieser wird durch das rücksichtslose, ausländerfeindliche Verhalten von Trump mit Sicherheit noch verstärkt, ebenso der Angriff auf den Iran. Problematisch könnte in Zukunft die Finanzierung der immer höher steigenden Staatsschulden (aktuell über 37 Bill.) der USA werden. Eine Finanzkrise kann so nicht ausgeschlossen werden. Spätestens dann werden auch die westlichen Anleger sich auf das Gold stürzen. Die bisherigen Käufer werden allerdings auch bei Kursen über 5.000 US-Dollar nicht auf die Verkaufsseite wechseln.

Damit zur entscheidenden Frage des Anlegers: Soll man Gold immer noch kaufen? Nun, Gold ist sicher nicht mehr spottbillig. Es ist allerdings auch noch nicht total überbewertet. Dass Gold im Jahr 2025 deutlich besser performt hat als der S&P 500, könnte ein wichtiger Hinweis sein. Dass aktuell auch Family-Offices und vermögende Anleger beginnen Gold zu kaufen, kann bedeuten, dass wir anfangs der 2. Phase der Gold-Hausse sind. Denn die Presse berichtet noch immer nur am Rande über Gold. Bei der heutigen Politik sind Krisen nicht auszuschließen. Brechen sie aus, wird Gold noch dramatisch ansteigen. Die EZB warnt: Verwerfungen am Goldmarkt könnten sogar die Stabilität des Finanzsystems bedrohen. Sie moniert laut Handelsblatt, dass allein in der Euro-Zone Gold-Derivate im Gegenwert von ca. eine Billion existieren. Der Gegenwert entspricht nahezu der drei-fachen Welt-Jahresproduktion. Das war bisher kein Problem, denn Spekulanten wollen keine Auslieferung.

Nun sind aber im Januar 2025 die höchsten Lieferungen seit 2007 erfolgt. In diesem Zusammenhang fast bedrohlich, dass die Mehrheit der Gegenparteien mit Recht auf Lieferung ihren Sitz außerhalb des Euro-Raumes haben. Bei einem Short-Squeeze könnten Bullion-Banken in Bedrängnis kommen. Vielleicht sogar in arge Bedrängnis. Sie müssten sehr wahrscheinlich andere Anlagen verkaufen, um ihre Goldverluste zu decken. Aktuell bricht der Ölpreis unverständlicherweise ein (Bombardierung von Ölanlagen im Iran, Gefahr Schließung der Straße von Hormus). Ein Wunsch (Manipulation?) von Trump, um den Gegner (Russland und Iran) finanziell zu schädigen? Das entspannt die Inflation. Der Goldpreis fällt daher etwas zurück. Schwächere Kurse sind Kaufkurse.

Sammeln Sie Gold und Goldaktien ein, bis der Bestand zehn bis 20 Prozent des Vermögens beträgt. Sehen Sie Gold nicht als Spekulation, sondern als eine Form der Vermögenssicherung.

Marktkommentar von von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH