Invalidität nach Borreliose-Infektion

25.07.2025

Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Formale Anforderungen an die Invaliditätsfeststellung

Der Versicherungsnehmer berief sich zunächst darauf, dass die Anzeigepflichtverletzung seiner Ehefrau keine Auswirkungen auf sein Versicherungsverhältnis hatte. Darüber hinaus habe er die Rücktritts-/Anfechtungserklärung nie erhalten.

Der Versicherer vertrat weiterhin die Auffassung, dass eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorlag, welche auch vorsätzlich und arglistig begangen wurde, da dem Versicherungsnehmer bewusst war, dass der Versicherungsvertrag ansonsten nicht oder nicht zu den gleichen Bedingungen zustande gekommen wäre. Die Rücktritts-/Anfechtungserklärung sei zugegangen, da der Prozessbevollmächtigte des Versicherungsnehmers sogar auf das Schreiben geantwortet hatte. Außerdem wurden auch die Voraussetzungen des Invaliditätsnachweises nicht erfüllt.

Auch das Landgericht Saarbrücken forderte den Versicherungsnehmer wiederholt auf, eine bedingungsgemäße Invaliditätsfeststellung vorzulegen. Der Versicherungsnehmer kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Daraufhin wies das Landgericht Saarbrücken die Klage in seinem Urteil vom 23.02.2024 (Az.: 14 O 64/22) ab, da eine Invalidität nach Infektionskrankheit bis zuletzt nicht nachgewiesen wurde. Der alleinige Verweis auf die Erwerbs-, Arbeits- oder Berufsunfähigkeit war nach Ansicht des LG Saarbrücken nicht ausreichend. Außerdem fehlte es auch an dem Nachweis der konkreten gesundheitlichen Beschwerden, die durch die Borreliose-Erkrankung hervorgerufen wurden. Aufgrund des fehlenden Nachweises kam es auch auf den Rücktritt/die Anfechtung letztendlich nicht mehr an.

Dagegen legte der Versicherungsnehmer Berufung ein, wodurch das Oberlandesgericht Saarbrücken über die Sache zu entscheiden hatte. Der Versicherungsnehmer argumentierte dabei auch, dass die Ärzte, die ihn untersucht hatten, nicht durch das LG Saarbrücken vernommen worden seien.

Invalidität nach Infektionskrankheit nicht ausreichend festgestellt

Das Oberlandesgericht Saarbrücken entschied ebenso wie das Landgericht Saarbrücken zugunsten des Versicherers. Die Berufung blieb also erfolglos.

Die vorliegende Borreliose-Erkrankung des Versicherungsnehmers an sich galt als versichertes Unfallereignis. Eine fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung blieb jedoch bis zuletzt aus. Die vorhandene ärztliche Bescheinigung enthielt lediglich die Feststellung, dass der Versicherungsnehmer noch eine akute Borreliose habe. Ein Dauerschaden ergab sich aus dieser Bescheinigung nicht (siehe auch Inhaltsanforderungen an die ärztliche Invaliditätsfeststellung (OLG Naumburg)).

Die Argumentation des Versicherungsnehmers, dass die Ärzte nicht vernommen wurden, blieb ebenfalls ohne Erfolg. Eine mündliche Aussage von ihnen würde den Anforderungen einer Invaliditätsfeststellung gleichermaßen nicht gerecht werden, da diese schriftlich zu erfolgen hat. Außerdem wären die Aussagen nicht mehr fristgerecht, da die Frist zu dem Zeitpunkt bereits abgelaufen war (vgl. Nachweis des Invaliditätseintritts nach Verkehrsunfall (OLG Karlsruhe)).

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Jens Reichow, Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow.

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