(K)eine Frage des Vertrauens: Zur Bedeutung dezentraler Datenbanken

30.07.2024

Steffen Bassler - Foto: Copyright SwissOne Capital

„Be your own bank“, dieses Mantra hat sich kurz nach der Entstehung des Bitcoins Ende 2008, wie ein Lauffeuer verbreitet. Kein Wunder, wurde Bitcoin in jenem Moment geschaffen, in dem das globale Finanzsystem im Zuge der großen Bankenkrise 2008 stark ins Wanken geriet. Das Versprechen der Krypto-Welt, ein von großen Institutionen unabhängiges und faires Finanzsystem auf die Beine zu stellen, in dem jeder volle Kontrolle über seine eigenen finanziellen Mittel besitzt, hat seit der Entstehung des Bitcoins nicht an Wirkung verloren. Ganz im Gegenteil: angesichts ausufernder Staatschulden und einem nach wie vor brüchigen Banksystem in den USA, bleibt das Bitcoin-Versprechen relevanter denn je.

Die Blockchain spielt dabei eine zentrale Rolle. Bevor die Technologie das Licht der Welt erblickte, waren Datenbanken isolierte Systeme und wurden von einzelnen Unternehmen zentral verwaltet und kontrolliert. Vereinfacht gesagt handelt es sich bei Blockchains um dezentrale Datenbanken, die aufzeichnen, wem was in einem bestimmten Ökosystem gehört. Die Schaffung der Bitcoin-Blockchain ermöglichte erstmals, dass wir eine Datenbank nutzen, die unveränderlich, überall auf der Welt verfügbar ist und in die jeder Einblick nehmen kann. Sie ist absolut genau, wird aber von keiner dritten Partei, kontrolliert - eine echte dezentralisierte Datenbank.

Bitcoin: Einfachheit bedeutet Sicherheit

Dezentrale Datenbanken bieten mehrere Vorteile: Digitales Vermögen kann ohne ein dazwischen geschaltetes Bankinstitut ganz einfach auf dem eigenen PC oder Smartphone aufbewahrt werden. Zudem lässt es sich von dort praktisch sofort und sehr kostengünstig bewegen, da es keine Abwicklungszeiten gibt. Ganz im Gegenteil zum geläufigen digitalen Geld, das mitunter tagelang unterwegs ist und hohe Bankgebühren beinhaltet, wenn man es über Kontinente hinweg transferieren will. Darüber hinaus kann Geld mithilfe der Blockchain nun so programmiert werden, als wäre es eine Software. Für die Bedingung: „wenn mein Kind 30 Jahre alt wird, dann erhält es von mir 10.000 Euro“, braucht es im Krypto-Bereich keine Mittelsmänner, denen man vertrauen muss, sondern lediglich eine rechtliche Infrastruktur. Über die Blockchain sind solche Automatismen – im Fachjargon heißen sie „smart contracts“ - mit wenig Programmierung innerhalb kürzester Zeit ausführbar.

Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten fernab zentralisierter Institutionen. Mit Apps aus dem dezentralisierten Finanzbereich (DeFi) lässt sich auf sichere Weise Geld leihen, ohne dafür einen Kredit oder ein Bankkonto zu benötigen. Stattdessen legen smart contracts die Bedingungen für die Kreditvergabe zwischen zwei Parteien auf transparente Weise fest. Nach gleicher Art können Krypto-Assets wie etwa Bitcoin und digitale US-Dollar auf dezentralen Börsen gegeneinander getauscht werden. Ohne, dass diese Assets bei einem Dritten hinterlegt werden müssen. Zudem können digitale Eigentumsrechte in einer einzigen transparenten globalen Datenbank gespeichert werden. Statt Unternehmen wie Facebook und Sotheby's die Aufbewahrung des wertvollen digitalen Eigentums anzuvertrauen, haben Eigentümer persönlich Kontrolle über Ihr Vermögen.

Krypto-Projekte sind bewertbar wie Software-Unternehmen

Die Bewertung von Krypto-Projekten ist mit Bewertungen klassischer Softwareunternehmen vergleichbar. Google zum Beispiel wird für das Surfen im Web und für Werbung verwendet, Microsoft wird unter anderem für Textverarbeitung und E-Mail genutzt. Diese Unternehmen sind ständig dabei, ihre Software weiterzuentwickeln. Im Krypto-Bereich verhält es sich ganz ähnlich. Ethereum hat den simplen, aber genialen Code von Bitcoin für sich genommen und optimiert. Und hat so die ersten smart contracts ins Leben gerufen. Weitere Neuerungen auf dieser Blockchain sollen für schnellere Transaktionen und niedrige Kosten sorgen und sie für Entwickler von Apps noch attraktiver machen.

Auf der Liste der digitalen Vermögenswerte befinden sich daneben hunderte weitere Projekte, die versuchen, verschiedene Aspekte der Blockchain-Technologie zu optimieren. In dem Maße, wie die Nachfrage nach diesen „Optimierungen“ steigt, erhöht sich auch der Wert des Projekts. Noch sind die Werte dieser digitalen Ökosysteme im Vergleich zu ihren börsennotierten Pendants winzig. Mit wachsendem Bedarf an technisch sicheren, transparenten und unabhängigen Lösungen, steigt auch die Nachfrage nach dezentralen Datenbanken, wie sie der Krypto-Markt anbietet. Anleger können daher optimistisch sein, was zukünftiges Wachstumspotenzial und unkorrelierte Renditen in diesem Bereich angeht.

KI: Die nächste große Herausforderung für Krypto

Dezentrale Datenbanken sind nicht nur im Finanzbereich wichtig, sondern überall dort relevant, wo es grundsätzlich um Daten geht. Die nächste große Herausforderung für Krypto wartet daher im Sektor der Künstlichen Intelligenz. Derzeit wird die KI-Landschaft weitgehend von einigen wenigen großen Unternehmen wie Microsoft, Google und Nvidia, usw. beherrscht. Das hat Nachteile: Durch die hohe Konzentration von Daten in den Händen weniger Unternehmen entstehen Markteintrittsbarrieren für kleinere Wettbewerber. Zudem besteht ein höheres Missbrauchsrisiko, wenn Daten und Algorithmen von einigen wenigen kontrolliert werden. Das kann negativen Einfluss auf die Funktionsweise und Entscheidungsfindung von KI-Systemen haben. Gleichzeitig besteht die Gefahr kritischer Sicherheitslücken. Sensible Daten sind in dezentralen Datenbanken besser aufgehoben, da sie aufgrund ihres Aufbaus deutlich schwieriger zu knacken sind als die Datenbanken einzelner Unternehmen.

Blockchain- und Kryptowährungsprotokolle bringen Bewegung in die Welt der KI, indem sie Alternativen zum üblichen zentralisierten System bieten. Die Blockchain-Technologie ermöglicht den Aufbau dezentraler Marktplätze für Daten und KI-Dienste. Dies verringert die Abhängigkeit von zentralen Akteuren. Blockchains machen außerdem jede Transaktion und jeden Datenaustausch transparent und sicher. Diese Offenheit verringert die Gefahr der einseitigen Beeinflussung weniger zentraler Player und schafft so Vertrauen zwischen Nutzern und Entwicklern.

Marktkommentar von Steffen Bassler, CEO von SwissOne Capital