Mehr als Curry und Hinduismus
06.03.2025

Luftpanorama der Skyline von Mumbais Lower Parel / Foto: © Towering Goals - stock.adobe.com
Diejenigen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten über Investmentmöglichkeiten in Asien nachdachten, kamen an der Supermacht China nicht vorbei. Spätestens mit der Corona-Pandemie und der nach wie vor schwelenden Immobilienkrise ist Peking ins Schleudern geraten. Ganz anders der indische Nachbar. Das Land hat sich gemausert und zieht Investoren an. Nach einer fulminanten Rally ist die Frage, ob in Neu-Delhi noch Luft nach oben ist.
„Wird Indien Deutschlands neues China?“, lautete die Headline eines Artikels der Deutschen Welle vom Herbst des vergangenen Jahres. Ähnlich äußerten sich die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). Keine Frage, das Land hat seit einiger Zeit wieder Rückenwind. Investoren hoffen auf ordentliche Renditen und legen ihre Gelder an. Oftmals wurde der Staat nur als verlängerte Werkbank Chinas abgetan. Doch die Fortschritte, insbesondere die Wirtschaftsleistung, sind erheblich. Gepaart mit einer jungen, wachsenden Bevölkerung strebt Indien zur Weltmacht heran. Die Börse frohlockt. Zu viel der Euphorie? Jürgen Maier, Fondsmanager im Team CEE & Global Emerging Markets bei Raiffeisen Capital Management, dazu: „Die indische Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt. Besonders beeindruckend ist die Vielzahl an Infrastrukturprojekten, die derzeit umgesetzt werden. Diese Projekte treiben nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung voran, sondern verbessern auch die Lebensqualität der Bevölkerung erheblich. Wir haben einige dieser Projekte in Mumbai besichtigt.“
Verbesserte Rahmenbedingungen und Technologieführerschaft
Laut des GTAI (Germany Trade and Invest) ist Indien das bevölkerungsreichste Land der Welt. Wirtschaftlich schließt der Subkontinent ebenfalls zu den Großen auf. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt liegt Indiens Wirtschaft derzeit auf Platz fünf, so das GTAI. Laut Prognosen wird die jährliche Wirtschaftsleistung bis Ende der Dekade die von Deutschland und Japan überholen. Seine Anziehungskraft als Investitionsziel wird durch eine große Bevölkerung von aufstrebenden und jungen Verbrauchern untermauert. Das beeindruckende Wachstum des Landes, die gestärkten Corporate-Governance-Standards und das große Universum an Unternehmen, die hohe Kapitalrenditen erwirtschaften, tragen zur Attraktivität des Landes bei. Insbesondere die Wachstumsraten im so wichtigen Sektor Technologie sind beeindruckend. „Seit Jahren rüstet sich Indien auf, um mit China als führendem Technologiemarkt der Region konkurrieren zu können. Lieferkettenprobleme in der Pandemie- Ära beschleunigten den Erfolg des Landes bei der Anwerbung ausländischer Technologieunternehmen. Jetzt ziehen die Kapitalanlagen nach“, merkt Dina Ting, Head of Global Index Portfolio Management bei Franklin Templeton, in diesem Zusammenhang an. Das untermauert auch Fondsmanager Maier: „Der IT-Outsourcing-Bereich floriert weiterhin. Die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen ist stark, und die Implementierung von Künstliche-Intelligenz-Tools nimmt zu. Viele Unternehmen verfügen über umfangreiche Datensätze über ihre Kunden und deren Kundenverhalten, nutzen diese jedoch noch nicht für gezielte Auswertungen. Indische IT-Unternehmen greifen diese Schwäche auf und unterstützen dabei, Daten so aufzubereiten, dass sie für gezielte KI-Projekte nutzbar gemacht werden können.“
Modi treibt Land voran
Die Erfolgsgeschichte Indiens ist untrennbar mit einem Namen verbunden: Narendra Modi, der seit 2014 amtierenden Premierminister. Im vergangenen Jahr ist er, trotz Stimmverlusten, zum dritten Mal gewählt worden. Er steht für Reformen und hat einiges bewirkt. Dabei steht nicht nur die Technologieführerschaft im Fokus des Interesses. Auch andere Branchen wie Infrastrukturausrüster, insbesondere Farben- und Zementunternehmen, können vom Streben des Landes nach einer verbesserten Qualitätsinfrastruktur profitieren. Gut geführte Unternehmen in diesen Branchen, die sich durch hohe Renditen und einer geringen Verschuldung auszeichnen, werden mit der Entwicklung Indiens florieren. „Gemessen an Indiens beeindruckendem Umfeld für Börsengänge (IPO) sind die Unternehmen dort optimistisch. Die 258 Börsengänge des Landes machten bis Ende des 3. Quartals 30 % der weltweiten Gesamtzahl und 12 % der aufgebrachten Gelder aus, in einer Wirtschaft, die etwas mehr als 3 % des globalen BIP ausmacht“, so Expertin Ting.
Was lässt sich daraus ableiten?
Fakt ist, der übergroße Bruder China steckt auch zu Beginn 2025 weiter in der Krise. Dies trotz eines Wachstums im vergangenen Jahr von mehr als 5 %. Indien lockt nach wie vor mit guten Renditen und erhöhter Attraktivität. Dennoch stellt sich die Frage, wieviel Euphorie bereits in den Kursen eingepreist ist. Geht das noch etwas? Tatsächlich schlägt sich die Erfolgsstory Indiens auch an der Börse nieder. Der SENSEX 30 steht Mitte Januar bei mehr als 76.000 Zählern. Anfang 2020 waren es „nur“ 40.000 Punkte. Insofern sind die Kurse in den zurückliegenden Jahren gut gelaufen. 2024 war ein gutes, aber kein überdurchschnittlich gutes Aktienjahr. Vom Höchststand Ende September ist der Aktienindex schon deutlich zurückgekommen. Im Kontext der Portfoliodiversifikation bleibt Indien aber interessant. Und nebenbei lässt sich die Story gut verkaufen. (ah)
INDIENS WIRTSCHAFT
- BIP pro Kopf 2023: 2.500 US-Dollr
- Arbeitslosenquote 2023: 4,17 %
- Wirtschaftswachstum 2023: 8,15 %
- Staatsverschuldung in Relation zum BIP 2023: 82,75
Quelle: https://de.statista.com/themen/1274/indien/#topicOverview, Abruf am 18.01.2025
INFO
Indien liegt in Südasien und grenzt im Norden an das Himalaya Gebirge, im Süden an den Indischen Ozean. Indien hat Grenzen mit Pakistan, dem chinesischen Autonomiegebiet Tibet, Nepal, Bhutan, Myanmar und Bangladesch. Im Indischen Ozean grenzt Indien an Sri Lanka und die Malediven. Mit einer Landesfläche von rund 3,3 Millionen Quadratkilometern ist Indien das siebtgrößte Land der Welt. Indien ist Mitglied der BRICS-Staaten, der G20 und Teil diverser internationaler Kooperation, unter anderem mit ASEAN, oder den USA, Japan und Australien in der Sicherheitskooperation Quad Allianz.
Quelle: https://de.statista.com/themen/1274/indien/#topicOverview, Abruf am 18.01.2025

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