Mutiges Handeln erwünscht

16.03.2021

Jörg Arnold, CEO der Swiss Life Deutschland / Foto: © Swiss Life

Hat die gesetzliche Rentenversicherung ausgedient, und warum gelingt der Politik nicht der ganz große Wurf? Was wird aus der Riester-Rente und der bAV? Und sind langfristig bei der privaten Altersvorsorge auch wieder andere Garantien als derzeit denkbar? finanzwelt unterhielt sich zu vielen Fragen der künftigen Altersabsicherung mit Jörg Arnold, dem CEO der Swiss Life Deutschland.

finanzwelt: Über viele Jahrzehnte hinweg gab es hinsichtlich der finanziellen Sicherheit im Alter feste Parameter: die gesetzliche Rente, die private Vorsorge mit klassischen Garantien und – mehr oder weniger – die bAV-Gehaltsumwandlung. Demografische Ursachen, niedrige Zinsen am Kapitalmarkt bei gleichzeitiger bAV-Unterversorgung haben jedoch zu einem grundlegenden Wandel geführt. Sind die Zeiten im Bereich der Alterssicherung generell unsicherer geworden? Jörg Arnold» Die Rahmenbedingungen für die eigene Altersvorsorge haben sich in zweierlei Hinsicht deutlich verändert: Das Umlagesystem als Fundament der gesetzlichen Rentenversicherung kann nicht mehr das leisten, was es in den Gründerjahren der Bundesrepublik zu leisten vermochte, und durch die gewollte, politische Ausschaltung des sicheren Zins an den Kapitalmärkten fallen schwankungsarme Festzinsanlagen als Möglichkeit des Vermögensaufbau aus. Dennoch bietet ein Wandel wie dieser immer wieder auch neue Chancen. Das jetzige Niedrigzinsumfeld hat die Menschen bereits heute zu einem Umdenken gezwungen und vielen die Augen dafür geöffnet, ihre Altersvorsorge selbstbestimmt zu gestalten. Statt Sparbuch sind immer mehr Menschen offen für investmentbasierte Geldanlagen. Gerade junge Menschen entscheiden sich mehr und mehr für chancenorientiertes Sparen.

finanzwelt: Der Staat werkelt an der gesetzlichen Rente ja spätestens seit Norbert Blüms Zeiten ohne Unterlass herum. Warum fällt der Politik ein wirklich großer Wurf so schwer? Arnold» Eine Legislaturperiode dauert bekanntlich nur vier Jahre an. Eine Reform des Vorsorgesystems hat allerdings Auswirkungen auf mehrere Generationen. Solche Entscheidungen müssen sorgfältig abgewogen werden. Dennoch ist jetzt die Zeit überfällig für entschlossenes und mutiges Handeln. Die gesetzliche Rente wird so im Jahr 2030 nicht mehr funktionsfähig sein, das ist längst bekannt. Und dennoch diskutieren wir über starre, unflexible und kontraproduktive Reformvorschläge und eine Art Voll-Kasko-Lösung. Die Zeit ist reif, den Menschen Zugang zu einer zukunftsfähigen und renditestarken Altersvorsorge zu ermöglichen, und reif für eine längst überfällige Belebung unserer Aktienkultur.

finanzwelt: Sollten sich die Bürger endgültig von der Erwartung verabschieden, dass die gesetzliche Rentenversicherung ihre finanzielle Lage im Alter stabilisieren wird? Arnold» Die demografische Entwicklung und das anhaltende Niedrigzinsumfeld erfordern eigenverantwortliches Sparverhalten, zu dem wir die Menschen befähigen müssen. Auch müssen alle drei Säulen besser zusammenspielen. Derzeit mangelt es insbesondere an einer ausgewogenen Abstimmung der drei Schichten aufeinander. Besonders die private Vorsorge in der sogenannten dritten Schicht ist entscheidend, da hier mit etwas mehr Risikobereitschaft auch höhere Renditechancen möglich sind, um im Alter finanziell selbstbestimmt leben zu können.

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