Nachrechnen lohnt sich

04.12.2014

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Immobilien bleiben als Sparform beliebt. Trotz hoher Preise und stagnierender Mieten. Bei der Finanzierung ist darum mehr denn je eine gute Beratung erforderlich.

Günstiger geht es nicht mehr. Diese Meinung vertreten die Baufinanzierer nun schon seit über zwei Jahren, und die Erfahrung lehrt: Gut beraten geht es möglicherweise nicht nominal günstiger, aber im Ergebnis noch besser. Die Hypothekenzinsen scheinen ihren Boden immer noch nicht gefunden zu haben. Die günstigsten Finanzierungen gibt es derzeit schon für unter 1,7 % bei einer zehnjährigen Zinsbindung mit 80 % Beleihung. Wer mehr Eigenkapital mitbringt, kann den Zinssatz im besten Fall sogar auf 1,4 % senken. Wer es spekulativ mag und eine gute Bonität mitbringt, kann bei einer fünfjährigen Zinsbindung seinen Sollzins sogar auf unter 1 % drücken.

Wer in den nächsten Monaten ohnehin eine Anschlussfinanzierung benötigt, hat also gute Karten und kann sich getrost auf die Suche nach einem besseren Angebot machen. Im Idealfall sollten Berater ihre Kunden sechs bis zwölf Monate vor dem Ende der bisherigen Zinsbindung auf das bevorstehende Vertragsende hinweisen und aktuelle Vergleichsangebote einholen. Schließlich lassen sich bei der Anschlussfinanzierung einige Tausend Euro sparen. Auch wer noch ein oder zwei Jahre bis zum Ende der Zinsbindung hat, sollte überlegen, ob er sich nicht schon jetzt die Zinsen sichert. Selbst wer noch 36 Monate bis zum Auslauf seines Kredites hat, zahlt bei einer Beleihungsgrenze von 60 % um die 2 % Zinsen, wenn er sich wieder für 10 Jahre festlegt.

Bei den aktuellen Konditionen lohnt es sich sogar, für den Kunden eine Ablösung des alten Kredits durchzurechnen. Vor einigen Jahren war das noch undenkbar, weil die Vorfälligkeitsentschädigung, die die Banken als Strafzahlung für die vorzeitige Auflösung des Kreditvertrages verlangten, den Zinsvorteil meist komplett zunichtemachte. Dank der rapide gefallenen Zinsen sieht das heute anders aus. Wer etwa einen 80.000-Euro-Kredit aus dem Jahr 2008 mit einem Zinssatz von nahezu 5 % und noch vier Jahren Restlaufzeit hat, zahlt bei der Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von rund 11.700 Euro. Wer diesen Betrag durch ein neues 10-jähriges Darlehen ersetzt, spart unterm Strich fast 20.000 Euro. Geld, das für Sondertilgungen zur Verfügung steht und damit das Risiko einer Anschlussfinanzierung deutlich senkt.

Die gestiegenen Immobilienpreise helfen den Kunden dabei, die günstigen Zinsen tatsächlich zu bekommen. Viele Immobilien haben in den vergangenen Jahren deutlich an Wert gewonnen. Damit rutschen sie oftmals automatisch in eine günstigere Beleihungsstufe. Angesichts der ohnehin schon geringen Zinsen sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Beleihungsstufen allerdings nicht mehr so groß wie noch vor einigen Monaten. Dennoch kann der Unterschied zwischen einer 80%-igen und einer 60%-igen Beleihung rund 18 Euro im Monat ausmachen.

Die niedrigen Zinsen bedeuten zugleich auch ein Risiko. Die optisch niedrigen Raten verleiten viele Menschen dazu, sich eine Immobilie zu kaufen, die sich nur bei den momentanen Zinsen rechnet. Ist das Zinsniveau nach dem Ablauf der Zinsbindung deutlich höher, kann die Finanzierung sehr schnell zusammenbrechen. Darum sollten Kreditnehmer weiter auf eine möglichst lange Zinsbindung Wert legen. Umfragen belegen, dass die Immobilienkäufer in Deutschland durchschnittlich eine Sollzinsbindung von 12 Jahren wählen. Die Kalkulationssicherheit scheint den meisten Menschen doch wichtiger zu sein als eine kurzfristige Zinsersparnis. 10 Jahre sollten das Minimum sein. Doch auch 15- oder gar 20-jährige Zinsbindungen kosten derzeit nur wenig Aufschlag. Wer 200.000 Euro aufnimmt, zahlt für 10 Jahre mehr Sicherheit im Monat gerade mal 120 Euro im Monat mehr. Bei einer 30-jährigen Laufzeit beträgt die Mehrbelastung gerade einmal 160 Euro.

Sicherheit kann sich lohnen. Sind nach der ersten zehnjährigen Zinsbindung die Hypothekenzinsen gestiegen, fällt die Zusatzbelastung unter Umständen noch höher aus. Auf dem derzeitigen Niveau ist das Risiko einer Zinserhöhung größer, als dass die Zinsen noch weiter fallen. Und selbst wenn die Zinsen auf lange Zeit konstant unten bleiben sollten, machen Immobilienbesitzer mit einer langen Zinsbindung keinen Fehler. Der Gesetzgeber erlaubt bei einer Sollzinsbindung von 10 Jahren und mehr, dass der Kredit 10 Jahre nach der Vollauszahlung mit einer Frist von sechs Monaten ganz oder teilweise zurückgezahlt werden kann, ohne dass die Bank eine Ablösesumme für den alten Kredit verlangen darf.

Auch wenn die Immobilie verkauft oder zur Absicherung eines zusätzlichen Kredites benötigt wird, muss die Bank einer vorzeitigen Rücknahme des Darlehens zustimmen. In anderen Fällen kann es sich lohnen, das Gespräch mit der Bank zu suchen. In begründeten Einzelfällen, wie bei einem Umzug oder der Arbeitslosigkeit, zeigen sich viele Banken kulant. Eine Vorfälligkeitsentschädigung wird dann aber auf jeden Fall in Rechnung gestellt. Wer flexibel bleiben möchte, kann sich ein vertragliches Ausstiegsrecht zusichern lassen. Einige Banken bieten Darlehen mit einem Vorfälligkeitsschutz gegen einen Zinsaufschlag an. Damit sichern sich Immobilienkäufer eine Option auf die vorzeitige Rückzahlung, wenn ein vorher definiertes Ereignis eintritt.

Absicherungen wie ein Vorfälligkeitsschutz sollten auch bei älteren Kunden in Betracht gezogen werden. Denn Immobilienkäufer in Deutschland werden immer älter, der Durchschnitt der Kreditnehmer liegt aktuell bei 40 Jahren. Das stellt an die Beratung neue Anforderungen. Wenn die Käufer bis zum Rentenalter schuldenfrei sein wollen, sollte die jährliche Tilgung bei mindestens 3 % liegen. Wer aktuell eine Tilgungshöhe von 2 % vereinbart, braucht knapp 36 Jahre, um schuldenfrei zu sein. Bei einer 3%-igen Tilgung verkürzt sich die komplette Rückführung auf 26 Jahre im momentanen Zinsumfeld.

Durch die vielfältigen Ausstiegsmöglichkeiten würde eine lange Zinsbindung auch bei älteren Käufern kein Hindernis sein. Als Problem kann sich bei einigen Banken einzig das Alter erweisen. Zwar gibt es offiziell keine Altersgrenze bei Hypothekenkrediten, in der Praxis sieht das aber oft anders aus. Stellt sich die eigene Bank quer, hilft nur die Suche nach einer Alternative. Allerdings können ältere Käufer ihre Chancen auf einen Kredit verbessern. Oftmals haben sie, etwa durch den Verkauf des früheren Familienhauses, ein erhebliches Eigenkapital, welches das Risiko für die Bank senkt. Auch eine hohe Tilgung ist ein gutes Argument. Auf jeden Fall sollten hohe Sondertilgungen vereinbart sein, etwa wenn im Alter eine Lebensversicherung fällig wird. Manchmal hilft auch ein gemeinsames Gespräch mit den Erben und der Bank. Wenn die Immobilie in einer Lage ist, die tendenziell an Wert gewinnt, können zum Beispiel die Kinder irgendwann in den Vertrag einsteigen, wenn sie die Immobilie erben. Das alles muss allerdings auch im Rahmen eines Testamentes klar geregelt sein.

Manche Banken bieten Best Agern für die Finanzierung gerne einen Bausparvertrag an. Trotz der mittlerweile auch hier stark gefallenen Zinsen lohnt sich diese Variante kaum noch. Die günstigsten Darlehen mit 10-jähriger Zinsbindung können mit den Bauspartarifen durchaus konkurrieren. Die Kunden sparen sich zudem die Abschluss- und Verwaltungskosten. Die Tageszeitung „die Welt" errechnet zusammen mit der BHW Bausparkasse vor kurzem, dass sich eine Baufinanzierung über 300.000 Euro wegen der hohen Kosten erst wieder lohnt, wenn die Kreditzinsen auf 3,7 % steigen. Bei den Immobilienkäufern ist diese Botschaft bislang nicht angekommen. Das Bausparen bleibt eine der beliebtesten Sparformen. Sehr zur Freude der Vermittler. Sie erhalten nach wie vor zwischen 0,4 und 1,5 % der Bausparsumme als Provision.

Die Deutschen sind seit jeher ein Volk von Bausparern. Rund 26 Millionen Bausparer gibt es hierzulande. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben die deutschen Bausparkassen mehr als 1.000 Mrd. Euro für die Wohnungsfinanzierung zur Verfügung gestellt. Mit diesen Bausparmitteln sind über 13 Millionen Wohnungen, darunter 9 Millionen Neubauten, mitfinanziert worden. Hinzu kommt eine Vielzahl von Finanzierungen, die für Modernisierungs- und Renovierungsvorhaben, für Um- und Ausbauten sowie für Baulandkäufe verwendet wurden. Das Erstaunliche ist, dass Bausparen völlig unabhängig von Boomphasen und Krisenzeiten zu sein scheint. Die Deutschen haben dank des guten Marketings der Bausparkassen über Jahrzehnte gelernt, dass sie „auf diese Steine" bauen können. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 3,5 Millionen neue Verträge abgeschlossen. Die dazugehörige Bausparsumme betrug über 100 Mrd. Euro. Zugute komme dem Bausparen sicherlich der ungebrochene Trend zum Wohneigentum. Bis einschließlich 2016 erwarte das Münchner ifo Institut stetig steigende Fertigstellungszahlen. Auch die energetischen Sanierungen bieten ein großes Potenzial für eine steigende Nachfrage. Zunehmend finanzieren Hausbesitzer die verschärften Anforderungen mit Bausparverträgen.

Darauf sollten Best Ager beim Hauskauf achten

Tipp 1: Schwerpunkt auf schnelle Schuldenfreiheit setzen

Wenn das Einkommen einen schnellen Schuldenabbau erlaubt, können Volltilger-Darlehen eine Möglichkeit sein. Allerdings müssen bei einem 150.000 Euro Kredit und 15 Jahren Laufzeit Monatsraten von rund 1.000 Euro möglich sein.

Tipp 2: Flexible Rückzahlung ohne Mehrkosten vereinbaren

Wer den Kredit bis zum Rentenbeginn nicht vollständig tilgen kann, sollte eine flexible Rückzahlung vereinbaren. Kostenfreie Tilgungswechsel erlauben es, die Monatsrate an die Lebenssituation anzupassen. Sondertilgungen können etwa bei der Auszahlung einer Kapitallebensversicherung geleistet werden.

Tipp 3: Ehrliche Kalkulation des finanziellen Spielraums

Bei dem notwendigen Kassensturz vor der Kaufentscheidung müssen ältere Darlehensnehmer ihre künftige Einkommensveränderung berücksichtigen. Hilfreich dabei sind Online-Tools.

(sk)

finanzwelt SPECIAL I Sachwertanlagen und Immobilien I Baufinanzierung - Ausgabe 06/2014