Phönix aus der Asche?

15.10.2021

Mark Branson, Präsident BaFin / Foto: © FINMA

BaFin rüstet auf -  Das gemeinsame Modernisierungsprojekt des Bundesfinanzministeriums für Finanzen (BMF) und der BaFin schreitet weiter voran. In einer Pressekonferenz in dieser Woche ließen der neue BaFin-Chef Mark Branson und Staatssekretär Dr. Jörg Kukies die bisherigen Fortschritte Revue passieren.

Nach der Wirecard-Krise im vergangenen Jahr und der harten Kritik an der deutschen Finanzmarktaufsicht war die logische Konsequenz seitens Politik eine Neuaufstellung der BaFin. Das Bundesfinanzministerium unter Olaf Scholz stieß mit einem Sieben-Punkte-Plan Anfang dieses Jahres ein Modernisierungsprojekt an, dass bis Ende des Jahres abgeschlossen werden und dann intern weiter umgesetzt werden soll. Anfang August übernahm im Zuge der Neuaufstellung der ehemalige Leiter der Schweizer Finanzaufsicht Finma, Mark Branson, die Leitung der BaFin. Bis dahin hatte Finanzsekretär Dr. Jörg Kukies zudem bereits Gesetzesänderungen erarbeitet, die im Laufe des Jahres in Kraft getreten sind. Das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität, FISG, dass die Schlagkraft der BaFin erhöhen soll, ist dabei die stärkste Grundlage für eine besser aufgestellte BaFin.

Neue Zuständigkeiten

In der Pressekonferenz zeigten sich Branson und Kukies zufrieden mit den bis dato umgesetzten Änderungen: „Die Modernisierung der BaFin ist auf einem sehr guten Weg“, erklärte Staatssekretär Dr. Jörg Kukies. „Wir sind dabei, neue Standards in der Finanzaufsicht zu setzen und haben in der BaFin gute Fortschritte gemacht.“ Mark Branson ergänzte: „Die Umsetzungsgeschwindigkeit und die Breite der BaFin-Reform beeindrucken mich. Das ist für mich allerdings erst der Anfang einer langfristigen Weiterentwicklung der BaFin.“ Nach sieben Monaten sind bereits zwei Drittel der 40 Maßnahmen umgesetzt, das restliche Drittel steht vor der Implementierung.

Im Rahmen der bereits umgesetzten Änderungen erhielt die Behörde deutlich mehr Zuständigkeiten und Befugnisse. Mit einer Fokusaufsicht und einer Taskforce will die BaFin ganzheitlicher und intensiver arbeiten. Die Fokusaufsicht überwacht dafür Finanzdienstleistungsunternehmen mit komplexen oder innovativen Geschäftsmodellen. Die Taskforce darf im Verdachtsfall kurzfristig und eigenständig investigativ prüfen. Neben Finanzspezialisten, die Prüfungen durchführen, stehen darin auch Finanz-Forensiker zur Verfügung. Außerdem liegt die Bilanzkontrolle ab 2022 allein bei der BaFin. Dank des FISG werden die Rechte der Aufsichtsbehörde zur Bilanzprüfung von deutschen börsennotierten Unternehmen damit deutlich gestärkt – und von der Behörde provokativer ausgerichtet. Eine neu geschaffene Gruppe übernahm die Bilanzkontrolle innerhalb der BaFin schon im September. Ab 2022 wird zudem die „Bilanzpolizei“ DPR von der BaFin übernommen.

Neue MCG, mehr Kompetenzen auf Leitungsebene

Auch die Hinweisgeberstelle, an die sich Whistleblower wenden können, wurde bereits im August dieses Jahres neu aufgestellt. Die Analysen sollen hier risikoorientierter und umfassender gestaltet werden, um dann zielgerichtet zu agieren. Dazu wurde auch die neu kreierte Market Contact Group, MCG, in die Hinweisgeberstelle eingegliedert. Sie nimmt entsprechende Informationen aus der Finanzbranche entgegen. Eine weitere Neuerung: zur Stärkung der Verbraucherschutzaufsicht nehmen zukünftig geschulte Testkäufer durch mehr Mystery-Shopping-Aktionen pro Jahr Finanzunternehmen unter die Lupe. Erste Pilotausführungen haben bereits stattgefunden. Neuer Abteilungsleiter und Beauftragter für Verbraucher- und Anlegerschutz ist seit dem 1. Juli 2021 Julian Bock.

Das BaFin-Präsidententeam erhält im Rahmen der Umstrukturierung weitere Kompetenzen. Neben der Koordination der Fokusaufsicht und Taskforce (KFT) verantwortet Mark Branson jetzt auch Haushalt, Personal- und Finanzmitteleinsatz und bestimmt die Aufbauorganisation. Die Behördenstatuten wurden dementsprechend bereits im Juli geändert. Mit den neuen Befugnissen soll die Entscheidungsfindung auf Leitungsebene deutlich beschleunigt werden. Zusätzlich ergänzt zukünftig ein neues strategisches Steuerungssystem mit klaren Zielvorgaben die Chefetage.

BaFin 4.0?

Abschließend räumte die BaFin ihre IT-Abteilung auf. Die zentrale Analytics-Einheit, Data Intelligence Unit (DIU), startete im August. Mit dem zentralen neuen Tool sollen Aufseherinnen und Aufseher zukünftig alle notwendigen Informationen auf einen Blick erhalten. Die IT-Aufsicht erhielt außerdem Verstärkung durch eine weitere Aufsichtsgruppe mit Fokus auf Cyberkrisenprävention und Überwachung vernetzter IT-Auslagerungsunternehmen. Parallel baut die Behörde Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich digitale Kompetenzen und zu Aufsichtsthemen mit Technologiebezug aus. Insgesamt wurden so auf sämtlichen Ebenen 150 neue Stellen geschaffen, von denen bereits 80 % besetzt sind oder sich im konkreten Auswahlprozess befinden. Die BaFin möchte sich durch eine Mischung aus engagierten und erfahrenen Aufsehern und externen Kandidaten mit neuen Fachkompetenzen breiter aufstellen.

Ob die Behörde mit diesen und weiteren Änderungen in der Zukunft eine Verwandlung vom belächelten Aufsichtsverein zur schlagkräftigen Kommandoeinheit wirklich schafft, bleibt abzuwarten. Die Umstrukturierung ist noch lange nicht abgeschlossen und auch viele Branchenexperten schauen skeptisch auf die Entwicklung der Behörde. Fragen zur Unabhängigkeit der BaFin vom Bundesfinanzministerium bleiben größtenteils unbeantwortet. Wie sich die Modernisierung langfristig auswirkt, wird sich in den nächsten Monaten und im kommenden Jahr zeigen. (lb)