Risikoausschluss für Bewusstseinsstörung

07.10.2025

Rechtsanwalt Jens Reichow. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Das OLG Brandenburg beschäftigte sich in seinem Beschluss vom 17.07.2025 (Az.: 11 U 51/25) mit dem Risikoausschluss für Bewusstseinsstörung in der privaten Unfallversicherung. Der Versicherungsnehmer wechselte seine Argumentation bezüglich der Unfallursache nach der Ablehnung des Versicherers. Daraufhin hatte das Gericht zu entscheiden, welche der Aussagen glaubhafter und somit maßgeblich war.

Der Versicherungsnehmer unterhielt eine private Unfallversicherung, bei der ein Risikoausschluss für Bewusstseinsstörung vereinbart wurde. Am 21.09.2023 kam es zu einem Unfall, bei dem der Versicherungsnehmer von der Fahrbahn abkam und gegen ein Verkehrsschild prallte, woraufhin er sich schwer verletzte.

Am 04.10.2023 beantragte der Versicherungsnehmer die Leistungen bei seinem Unfallversicherer aufgrund des durch den Unfall herbeigeführte Invalidität. Hierzu füllte er die „Schaden-Anzeige zur Unfallversicherung“ aus. In diesem Formular wurde angegeben, dem Versicherungsnehmer sei kurz vor einer Kurve „Schwarz vor Augen“ geworden und es sei so gewesen, als ob er sich in einem Tunnel befunden hätte. Als er realisierte, was geschah, sei er von der Fahrbahn abgekommen, war dem Formular zu entnehmen.

Ablehnung der Invaliditätsleistungen wegen Risikoausschluss

Der Versicherer lehnte die Leistungsregulierung ab. Der Unfall beruhe auf einer Bewusstseinsstörung, für die ein vertraglicher Risikoausschluss greife. Dementsprechend treffe den Versicherer keine Leistungspflicht.

In einer „Eidesstaatlichen Versicherung“ gab der Versicherungsnehmer nach Ablehnung des Versicherers jedoch an, dass die Angaben in dem Schaden-Anzeige Formular von seiner Frau herrührten und nicht korrekt seien. Tatsächlich sei er von der Sonne geblendet worden und habe deswegen die Kontrolle verloren. Der Unfallversicherer blieb gleichwohl bei seiner ablehnenden Entscheidung, woraufhin der Versicherungsnehmer vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) Klage erhob.

Vorsätzliche Vermeidung des Risikoausschluss für Bewusstseinsstörung?

Das LG Frankfurt (Oder) wies die Klage zum Nachteil des Versicherungsnehmers mit Urteil vom 02.05.2025 ab. Die Angabe, ihm sei „Schwarz vor Augen“ geworden, falle unter den Risikoausschluss für Bewusstseinsstörung (siehe auch BGH, Urt. v. 17.05.2000 – IV ZR 113/99).

Bezüglich der sich widersprechenden Aussagen sei die erste Aussage bedeutsamer als die spätere abgeänderte Aussage. Auch wenn die Ehefrau das Formular ausgefüllt habe, hätte sie die Details nur von ihrem Ehemann übermittelt bekommen können und dementsprechend angeben können. Die spätere Aussage sei knapper gewesen und unter anwaltlicher Vertretung abgegeben worden. Dieser Aspekt ließe eindeutig darauf schließen, dass eine Leistungsablehnung aufgrund des Risikoausschluss für Bewusstseinsstörung vermieden werden sollte. Sollte die erste Unfallschilderung unzutreffend sein, hätte der Versicherungsnehmer zudem seine Aufklärungsobliegenheit verletzt (dazu Unrichtige Schadensfallmeldung in der Unfallversicherung (LG Landau)).

Risikoausschluss für Bewusstseinsstörung ist einschlägig

Gegen das Urteil des LG Frankfurt (Oder) legte der Versicherungsnehmer Berufung vor dem Oberlandesgericht Brandenburg ein. Der Versicherungsnehmer war der Auffassung, er müsse persönlich angehört werden, wenn seine Glaubhaftigkeit angezweifelt wird. Die Angaben gegenüber seiner Ehefrau geschahen in einem kognitiv eingeschränkten Zustand, behauptete der Versicherungsnehmer. Darüber hinaus gäbe es keine Arztberichte, die das Vorliegen einer Bewusstseinsstörung beweisen würden (dazu auch Beweis des Unfallhergangs (OLG Hamm)). Das OLG Brandenburg wies die Berufung jedoch zurück und positionierte sich damit gleichermaßen wie das LG Frankfurt (Oder).

Fazit

Der Beschluss des OLG Brandenburg verdeutlicht, dass es bei widersprüchlichen Angaben bezüglich der Unfallursache auf die genauen Einzelheiten der Aussagen ankommt. Vor allem bei vertraglichen Risikoausschlüssen sind die Aussagen bezüglich der Unfallursache zentral und es kommt regelmäßig zu Widersprüchen (hierzu auch Widersprüche bei der Unfallursache (OLG Brandenburg)). Sollte ein Versicherer die Invaliditätsleistungen ablehnen, ist es meist von Vorteil, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren.

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Jens Reichow, Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow.

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