Institutionelle Investoren blicken skeptisch

20.11.2025

Trotz Zollstreit, geopolitischer Konflikte und Störungen der Lieferketten haben sich in diesem Jahr die Märkte weltweit als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen. Für 2026 erwarten jedoch drei Viertel (74 Prozent) der institutionellen Investoren eine Korrektur, und die Hälfte (49 Prozent) halten die Geopolitik für die größte Bedrohung der wirtschaftlichen Entwicklung.

Trotzdem sehen die im Global 2026 Institutional Outlook Survey von Natixis IM befragten 515 Versicherer, Pensionskassen, Stiftungen, Banken und Staatsfonds, die weltweit insgesamt 29,9 Billionen US-Dollar an Vermögenswerten verwalten, auch Chancen im veränderten makroökomischen Umfeld: 77 Prozent der Institutionen in Europa und 81 Prozent in Nordamerika sind optimistisch in Bezug auf Verteidigungsaktien. Insgesamt gehen 65 Prozent davon aus, dass höhere Verteidigungsausgaben das Wachstum in den entwickelten Märkten ankurbeln werden, und ebenso viele glauben, dass sich dadurch auch neue Chancen auf den privaten Märkten eröffnen werden.

Während in der Umfrage vom letzten Jahr noch Optimismus dominierte – die Hälfte der Befragten erwartete dank sinkender Zinsen steigende Aktienmärkte – glauben nun 73 Prozent der Befragten, dass politische Dysfunktionalität eine wachsende Bedrohung für die Marktstabilität darstellt. Ebenso viele sagen, dass die veränderte Weltsicherheitsordnung ihre Investmentthese für bestimmte Länder verändern wird.

Doch die Politik ist nicht die einzige Sorge. Zwei Drittel (66 Prozent) der Institutionen befürchten, dass das langsame Wachstum ein Vorbote einer Rezession sein könnte, die sie als eine ihrer drei größten wirtschaftlichen Bedrohungen einstufen (33 Prozent).

Mehr als die Hälfte erwartet steigende Arbeitslosigkeit – mit Folgen für den Konsum: Investoren sehen Konsumgüter (18 Prozent) und Basiskonsumgüter (22 Prozent) als die Sektoren, die 2026 am wenigsten wahrscheinlich eine Outperformance erzielen werden. In diesem eher düsteren makroökonomischen Umfeld erwarten zwei Drittel, dass ein 60:20:20-Portfolio, mit 20 Prozent Alternative Assets die richtige Allokation sein wird. In Deutschland wollen zwei Drittel der Befragten den Anteil der nicht gelisteten Vermögenswerte in ihrem Portfolio erhöhen; sie erwarten, dass sich das

Investmentuniversum dank der Nachfrage nach Private Credit und Infrastructure Debt erweitern wird.

Patrick Sobotta, Geschäftsführer für Zentral- und Osteuropa sowie Leiter der Private Asset Academy von Natixis IM: „Trotz der Herausforderungen bleiben die institutionellen Investoren optimistisch hinsichtlich ihrer Renditeerwartungen, die sie durch eine größere Diversifizierung streben und strikteres Risikomanagement erreichen wollen. Sie haben längst die Chancen erkannt, die ihnen illiquide Vermögenswerte bieten. Gerade Investitionen in Infrastruktur schaffen Versicherungen oder Pensionsfonds die Möglichkeit, ihre langfristigen Verpflichtungen mit den ebenfalls langen Laufzeiten in Einklang zu bringen. Zugleich sind sie von den Regulatoren angehalten, ihre Investitionsstrategien angesichts der zunehmenden klimatischen Herausforderungen auf die Finanzierung der Infrastruktur für die Energiewende auszurichten. Dafür sprechen auch eine ganze Reihe von handfesten finanzwirtschaftlichen Argumenten: die häufig niedrigen Korrelationen zu anderen Anlageklassen, die meist geringe Volatilität, regelmäßig stabile und vorhersehbare Cashflows, die zusätzliche Diversifikation des Portfolios.“

Unsicherheit bietet Chancen

Für keine der Assetklassen rechnen die Investoren mit ruhigem Fahrwasser; eine erhöhte Volatilität bei Aktien erwarten 59 Prozent, bei Anleihen (38 Prozent) und Währungen (46 Prozent). Ein Drittel der Befragten (32 Prozent) fürchten auch die Konzentrationsrisiken durch die Dominanz der Mag7. Folgerichtig erwarten auch zwei Drittel, dass aktives Management besser abschneiden wird als passives.

Was die Regionen betrifft, so zeigt die Stimmung der institutionellen Anleger ein nachlassendes Interesse an den USA: 75 Prozent planen, ihre Allokationen in USAktien zu reduzieren (32 Prozent) oder beizubehalten (44 Prozent). Stattdessen geben 89 Prozent an, dass sie ihre Allokationen in Aktien aus dem asiatischpazifischen Raum erhöhen (44 Prozent) oder beibehalten (46 Prozent) werden, während 85 Prozent planen, ihre Allokationen in europäische Aktien zu erhöhen (40 Prozent) oder beizubehalten (44 Prozent).

Auch die Schwellenländer werden neu bewertet: Die Hälfte der Institutionen geht mittlerweile davon aus, dass Indien China als führenden Schwellenmarkt für Investitionen ablösen wird.

Da institutionelle Anleger weiter nach Diversifizierungsmöglichkeiten suchen, überdenken viele auch ihre Investitionen in Kryptowährungen. 33 Prozent der Institutionen geben nun an, in Kryptowährungen investiert zu sein, gegenüber 18 Prozent im Jahr 2024. Diejenigen, die diesen Schritt gewagt haben, scheinen im Allgemeinen zufrieden zu sein: 94 Prozent planen, ihre Allokationen entweder beizubehalten (58 Prozent) oder zu erhöhen (36 Prozent). Noch vor einem Jahr gaben 65 Prozent der Institutionen an, dass Kryptowährungen keine legitime Anlageoption für Institutionen seien.

Nachhaltige Investitionen

Von Vorwürfen des Greenwashing über Skepsis bis hin zu politischen

Gegenreaktionen – nachhaltige Investitionen standen in den letzten Jahren vor einer Reihe von Herausforderungen. Da Institutionen jedoch bestrebt sind, ihre risikobereinigten Renditen zu verbessern, stellen sie fest, dass nachhaltige Investitionen dabei helfen können. 58 Prozent geben an, dass ESG-Investitionen Alpha bieten.

In den meisten Fällen steht die Integration an erster Stelle der Strategiepräferenzen, wobei Institutionen sich dafür entscheiden, Nachhaltigkeit neben der Fundamentalanalyse in den Investitionsprozess zu integrieren. So geben 51 Prozent an, dass ESG für ihre Anlagestrategie und ihren Anlageprozess nach wie vor wichtig ist, sie haben jedoch öffentlich weniger Gewicht darauf gelegt. Nachhaltiges Investieren ist nach wie vor weit verbreitet, nur in einer anderen Form.

Trotz Vorbehalten bleiben Institutionen gegenüber KI positiv eingestellt

Während Technologie und KI die Märkte zu neuen Höchstständen getrieben haben, ist die Stimmung unter den globalen Institutionen zunehmend vorsichtig. 46 Prozent befürchten, dass KI eine Blase ist, und 35 Prozent gehen davon aus, dass diese Blase 2026 platzen wird. Darüber hinaus glauben 69 Prozent, dass bedeutende neue Entwicklungen im Bereich der KI-Technologie das Konzentrationsrisiko an die Spitze der Aktienmärkte bringen werden, und 64 Prozent befürchten, dass eine Verlangsamung der Investitionsausgaben das Marktwachstum beeinträchtigen könnte.

Trotz dieser Vorbehalte sind die Institutionen jedoch weiterhin weitgehend positiv gestimmt, was die Aussichten für KI im kommenden Jahr angeht. Insgesamt erwarten 65 Prozent, dass der Sektor das Wachstum erneut ankurbeln wird. Wie bei den öffentlichen Märkten steht Technologie auch im Mittelpunkt privater Investitionspläne. 52 Prozent geben an, dass sie sich bei neuen Investitionen auf KI-bezogene Chancen konzentrieren.

An anderer Stelle geht KI auch über das Thema Investitionen hinaus, da viele die Technologie in ihren eigenen Praktiken und Richtlinien anwenden. 68 Prozent sagen, dass sie damit bisher nicht erkennbare Investitionsmöglichkeiten erschließen, und 49 Prozent geben an, dass sie ihnen dabei hilft, Portfoliorisiken aufzudecken. (fw)