Studie: Anleger nutzen Hebelprodukte zur Absicherung

10.03.2020

Prof. Dr. Lutz Johanning, Lehrstuhlinhaber für Empirische Kapitalmarktforschung an der WHU – Otto Beisheim School of Management / Foto: © WHU

Sind gehebelte Produkte Teufelszeug? Viele Mythen ranken sich indes um derivative Finanzinstrumente. Doch die Wahrheit liegt bekanntlich in der Mitte. Laut einer WHU-Studie fungieren Hebelprodukte in erster Linie zur Depotabsicherung.

In der Studie "Hebelzertifikate und Optionsscheine: Handelsmotive und Performance", die unter anderem von Prof. Dr. Lutz Johanning, Lehrstuhlinhaber für Empirische Kapitalmarktforschung an der WHU – Otto Beisheim School of Management, durchgeführt wurde und die den Einsatz strukturierter Finanzprodukte von Privatanlegern untersucht, zeigen die Autoren, dass Anleger zu 68,6 Prozent Hebelprodukte bei der Absicherung bestehender Depots beziehungsweise beabsichtigter Anlagen nutzen. Nur rund ein Drittel der Anleger wählt diese Instrumente, um Erwartungen über die Kursentwicklung der Basiswerte auszunutzen.

„Derivate erfüllen auf den Finanzmärkten einen wichtigen Zweck: Sie ermöglichen es Anlegern, sich gegen Kursänderungsrisiken abzusichern“, sagt Prof. Dr. Lutz Johanning. „Vor dem Hintergrund der Studienergebnisse wird deutlich, dass es keinen Grund für regulatorische Produktinterventionen, also eine Beschränkung oder sogar ein Verbot des Vertriebs oder des Verkaufs von Hebelzertifikaten und Optionsscheinen, gibt – vor allem, weil diese Anlegergruppen genau wissen, was sie tun.“

Die untersuchten Anleger wurden nach ihren Handelsmotiven in drei Kategorien unterteilt: Die sogenannten Hedger (rund 24,4 Prozent der untersuchten Privatanleger), die hohe Verluste vermeiden und Hebelprodukte sowie Optionsscheine als Versicherungsinstrumente nutzen; die strategischen Hedger (44,2 Prozent), die Produkte eher als längerfristige Anlage einsetzen, vom Hebel der Produkte profitieren und sich gegen das finanzielle Risiko absichern, sowie die Spekulanten (31,4 Prozent), die versuchen, von kurzfristigen Marktbewegungen zu profitieren.

Eine geeignete, auf die verschiedenen Handelsmotive ausgerichtete Produktinformation könnte dagegen zu einem noch besseren Verständnis der Produkte beitragen. Die Ergebnisse sind auch bei der Steuergesetzgebung zu beachten: „Die neue steuerliche Behandlung von Totalverlusten bei Termingeschäften würde den Einsatz zur Absicherung bestehender Portfolien sowie zur strategischen Absicherung erheblich einschränken beziehungsweise gänzlich zunichtemachen“, so Johanning weiter.

Der Untersuchung liegt ein repräsentativer Datensatz über deutsche Privatanleger eines großen deutschen Online-Börsenmaklers zugrunde. Betrachtet wurden Transaktionsdaten von fast 70.000 Anlegern, von denen 22.077 in den Jahren 2000 bis 2015 mindestens einmal Hebelprodukte gehandelt haben. Die Studie wurde in Zusammenarbeit durchgeführt von Prof. Dr. Lutz Johanning, WHU – Otto Beisheim School of Management, Dr. Steffen Meyer, University of Southern Denmark & Danish Finance Institute und Kim Bövers, Doktorandin der Leibnitz Universität Hannover. (ah)