Über den Tellerrand

07.05.2015

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Was haben das Thema Pflegeversicherung und die Übergabe von Maklerunternehmen/-beständen miteinander zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht gar nichts. Am Ende des Artikels, aber doch einiges. Denn auch wer ein Maklerunternehmen erfolgreich verkaufen oder einen Bestand übernehmen möchte, sollte perspektivisch denken.

Sowohl Vermittler als auch deren Kunden sind im Schnitt älter, als das früher einmal der Fall war. Ob Kunden deswegen unattraktiver werden oder vielleicht gerade wegen eines fortgeschrittenen Alters – zwar andere – aber doch interessante Absatzpotentiale für Versicherungs- und Kapitalanlageprodukte bieten, beantworten Marktexperten inzwischen zuversichtlicher als noch vor wenigen Jahren. Marktstrategen zeichnen sogar ein sehr positives Bild über zukünftige Märkte in denen die immer größer werdende Gruppe von Menschen, gerne als Best Ager- oder 50plus-Kunden bezeichnet, sich hin zu begehrten Zielgruppen entwickeln.

Wenn man diese Logik weiter anwendet, werden Bestände mit älterem Kundenpotenzial wertvoller.

Aber eben wohl erst zukünftig. Derzeit werden bei Kauf/Verkauf von Kundenbeständen die juristischen Themen, wie übertragungsfähige Gesellschaftsformwahl, datenschutzrechtliche Relevanz, Durchdringung mit aktuellen Maklerverträgen/- vollmachten, Kaufpreis-Faktoren, Bewertungsgutachten und vieles mehr vordergründig behandelt. Das ist auch grundsätzlich richtig. Aber neben diesen Hardfacts sind die Softfacts, etwa eine „übertragungsfähige" stabile Kundenbindung, kaum im Fokus. Dabei ist dies doch der eigentliche Wertmaßstab für die wirklich nachhaltige und erfolgreiche Übergabe von Maklerunternehmen bzw. Kundenbeständen. Ein attraktiver Kunde im Kundenbestand eines abgebenden Maklers ist nicht nur für den übernehmenden Makler interessant, sondern für den gesamten Wettbewerb. Und wie oft ist es denn nicht schlichtweg so, dass Kunden nur aufgrund eigener Bequemlichkeit bei einem Makler bleiben? Obwohl sie von anderen Maklern, anderen Ausschließlichkeitsvermittlern oder der Bankfilialen „umworben" werden. Bei anderen ist es vielleicht die Treue zum schon langjährigen Vermittler. Aber jetzt hört der bisherige Makler auf. Jetzt ist man offener für die Avancen anderer Finanzdienstleister. Wir sind in einem Verdrängungswettbewerb.

Ein Makler, der einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen will, muss neben den Hardfacts auch die Kundenbindung im Auge behalten. Sonst übergibt er zwar viele Kunden, die aber beim übernehmenden Makler nur kurzfristig für gute Stimmung sorgen und dann Stück für Stück abwandern. Das kann man zwar im Kaufvertrag mit entsprechenden Klauseln regeln, aber so wirklich ist das nicht im Sinne des Erfinders. Tatsächlich sind es doch nur langfristig verbleibende Kunden, die sowohl beim abgebenden Makler für interessante Preise und für den übernehmenden Makler für stabile Deckungsbeiträge und über Cross-Selling-Potenzial für neue Geschäfte sorgen. Die dazu erforderliche Kundenbindung fällt aber nicht vom Himmel. Noch dazu, wenn es – wie bei Beständen der Personenversicherung kein Einzelfall – schon beim abgebenden Makler mit der laufenden und engen Kundenbetreuung nicht mehr so gut klappte.

Nun soll der Kundenbestand aber aus Sicht des abgebenden Maklers zu einem attraktiven Preis den Betreuer wechseln.

Abgesehen von der vielleicht fehlenden Kundenverbindung fehlt es zusätzlich auch noch bei den Hardfacts. Es sind zum Beispiel keine aktuellen Maklerverträge/-vollmachten in hoher Durchdringung mit den bisherigen Kunden vereinbart. Keine gute Ausgangsbasis. Wer dies erkannt hat und nun dafür sorgen möchte, dass sich die Ausgangsbasis verbessert, braucht Ansprachegründe für die bestehenden Kundenverbindungen. Möglichst wirksame Themen, die auf die ja inzwischen mit dem Makler gealterten Kunden Sogwirkung ausüben und einen Kundentermin ermöglichen. Nun kommt die Generationenberatung ins Spiel. Sind es doch die generationenübergreifenden Themen, die einen Best Ager-Kunden ansprechen. Themen, die den Best Ager-Kunden oder seinen Ehegatten/Lebenspartner selbst betreffen, vielleicht auch die vorausgehende Generation (z. B. Eltern, Schwiegereltern) oder die nachfolgende Generation (z. B. Kinder, Enkelkinder, Patenkinder) des Best Ager-Kunden. Der Bedarf kann existenziell sein und einen ganzen Familienverbund finanziell erheblich belasten.

Was liegt also näher – wenn das von einem übergebenden Makler als strategische Aufgabe begriffen wird – mit dem Thema Absicherung der finanziellen Folgen von Pflegefällen im Generationenverbund einer Familie, den Kontakt zu suchen. Abgesehen vom attraktiven Geschäftspotenzial durch das Thema Pflege selbst, ergibt sich die automatische Stabilisierung der Kundenbeziehung, da aus der Perspektive des Kunden wirklich brennende Probleme aufgegriffen und gelöst werden. Natürlich ergibt sich auch die Möglichkeit – wenn man schon mal beim Kunden ist – den Maklervertrag beziehungsweise die Maklervollmacht zu aktualisieren. Damit verbessern sich die Verhandlungspositionen für den abgebenden Makler in einem Nachfolge- Prozess erheblich. Das ist neben dem Abschluss der Pflege-Vorsorge der zusätzliche Ertrag durch einen höheren Verkaufspreis des Kundenbestands.

Aber auch aus der Perspektive des übernehmenden Maklers ist es interessant, die Kundenverbindung zu stabilisieren.

Auch hier ist die Ansprache über die Generationenberatung eine interessante Möglichkeit, den übernommenen Kunden intensiv kennenzulernen und ihn etwa auf das Thema Pflege anzusprechen. Wie schon beschrieben, geht es dabei nicht nur um den Best Ager-Kunden alleine, sondern um den ganzen Familienverbund des Kunden, der über die Generationenberatung hinterfragt wird und mit generationenübergreifenden Vorsorgelösungen bedient werden kann. Abgesehen vom Thema Pflege, lässt sich dies auch auf weitere Sparten der Krankenzusatzversicherung oder mit Lösungen zum Themenbereich Erben & Schenken erweitern. Damit sind wir bei der Kapitalanlage und Ruhestandsplanung. Es wäre vieles möglich, wenn man diese Themen vor dem Hintergrund eines „Generationenübergangs" zwischen abgebenden und übernehmenden Maklern sieht.

Wenn eine Vielzahl von Maklern, die einen Bestandsverkauf oder -kauf planen, zur Stabilisierung der zu übergebenden Kundenverbindungen das Thema Generationenberatung inklusive der Pflege-Vorsorge fokussieren würde, wäre dies im etwas schleppenden Absatz der vielen neuen Pflege-Tagegeld- und Pflegerenten-Tarife deutlich spürbar.

Robert Zimmerer, IME Projekthaus für Markterfolg

Generationenberatung - Online-Ausgabe 02/2015