Value - ein Toter sieht anders aus!

03.02.2020

Michael Keppler, Gründer von Keppler Asset Management / Foto: © Keppler Asset Management

finanzwelt: Wie und wo finden Sie unterbewertete Titel, die Aufholpotenzial haben?

Keppler: Wir untersuchen Monat für Monat mehr als 1600 Gesellschaften aus 23 Industrieländern und rund 1400 Unternehmen aus 26 Emerging Markets. Aus den aggregierten Unternehmensdaten ermitteln wir die attraktivsten Länder, Sektoren und Einzeltitel. Derzeit rangieren Großbritannien, Italien, Österreich, Singapur und Spanien an der Spitze der Industrieländer. Unter den Emerging Markets sind Chile, Mexiko, Russland, Tschechien und die Türkei am preiswertesten und haben damit die besten Chancen für eine gute Performance.

finanzwelt: Was halten Sie diesbzgl. aktuell von (europäischen) Finanzwerten?

Keppler: Hier ist vor allem bei einigen Banken größte Vorsicht geboten. Die Gefahr von Wertfallen sog. Value Traps ist hier besonders groß. Wieso liegt beispielsweise der Aktienkurs der Deutschen Bank oder der Commerzbank bei nur einem Viertel ihres Buchwertes? Wenn der Buchwert richtig wäre, müssten diese Banken zerschlagen werden. Das Vermögen der Eigentümer würde sich über Nacht vervierfachen. Stattdessen drängt sich der Verdacht auf, dass die Buchwerte weit überhöht sind, weil ihnen Phantasiebewertungen aus der Vergangenheit zugrundeliegen. Da die Ertragslage jedoch zu schlecht ist, um die nötigen Abschreibungen vorzunehmen und die Banken „too big to fail“ sind, tut man so als sei alles in Ordnung. Das ist es aber nicht! Versicherungen wie die Münchener Rück gehören in ihrem Stammgeschäft zu den weltweiten Marktführern. Andererseits haben sie in Bezug auf Kapitalanlagen nach großen Verlusten in der Baisse 2000 bis zum Frühjahr 2003 vor den Aufsichtsämtern kapituliert und zahlen als Folge lieber großzügige Dividenden als das Geld im Kapitalmarkt zu investieren.

finanzwelt: Einer Ihrer Flaggschiff-Fonds ist der Global Advantage Major Markets High Value. Können Sie uns die Wesensmerkmale kurz darlegen?

Keppler: Die Global Advantage Funds-Familie hat zwei Teilfonds, den von Ihnen genannten Major Markets High Value und das Äquivalent, den Emerging Markets High Value. Beiden Teilfonds liegt die gleiche Konzeption zugrunde. Sie investieren in die am attraktivsten bewerteten Aktienmärkte in ihrer Kategorie. Unser Research zeigt, dass in den letzten 50 Jahren von 1970 bis 2019 ein Portfolio bestehend aus einer Kombination der preiswertesten Aktienmärkte – wir nennen sie Top Value-Märkte – Jahresdurchschnittsrenditen von 13,4 Prozent in Form von Kursgewinnen und Dividenden erzielten. Demgegenüber lieferten die – gemessen an ihren fundamentalen Werten wie Gewinnen, Cashflows, Dividenden und Buchwerten – teuersten Aktienmärkte im gleichen 50-Jahreszeitraum nur Durchschnittsrenditen von 8,3 Prozent p.a.. Allerdings kehrte sich dieser Zusammenhang nach der letzten Finanzkrise um. Seit etwa 2010 sind die teuren Aktien immer noch teurer geworden, was dazu geführt hat, dass der Value-Anlagestil sich seitdem nur unterdurchschnittlich entwickelt hat. Da die Bäume jedoch nicht in den Himmel wachsen und große Eltern nicht immer noch größere Kinder bekommen, sind die Chancen sehr gut, dass Value als Anlagestil in den kommenden Jahren wieder an Bedeutung gewinnt. Die fundamentalen Voraussetzungen dazu liegen jedenfalls bereits vor.