Was bringt der Hitzeschutzplan?

27.06.2023

Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach. Foto: Bundesregierung

Deutschland bekommt einen nationalen Hitzeschutzplan. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat am 26. Juni in Berlin bei einem Treffen mit Verbänden und Experten aus Pflege und Ärzteschaft die Pläne der Bundesregierung vorgestellt. Sie sollen bereits in diesem Jahr umgesetzt werden. Ziel ist es, Warnung und Reaktion bei Hitzewellen zu verbessern.

Schwindel, Verwirrtheit, Erschöpfung, Hitzschlag: Die spürbaren gesundheitlichen Folgen der Hitze können in den Sommermonaten gravierend sein. Besonders betroffen sind Menschen ab 65, Menschen mit Vorerkrankungen sowie Säuglinge und Kleinkinder. In einigen Fällen kann das auch zum Tod führen. Hitze wird aber nur in seltenen Fällen als direkte Todesursache gemeldet bzw. identifiziert. Oft sind Vorerkrankungen die eigentliche Todesursache. Das Robert Koch-Institut (RKI) nimmt statistische Modellierungen vor, um die „Übersterblichkeit“ abzuschätzen. In diese Auswertungen fließen u.a. die Temperaturdaten des DWD und die Mortalitätsdaten des Statistischen Bundesamtes (Destatis) ein.

Auf der Grundlage dieser Schätzungen führte der extreme Hitzesommer 2003 in Deutschland zu etwa 7.600 Todesfällen. Auch in den Jahren 2006 und 2015 waren jeweils über 6000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland zu beklagen. Der ausgeprägte Hitzesommer 2018 und die ebenfalls sehr heißen Folgejahre 2019 und 2020 haben nach Berechnungen des RKI rund 19.000 hitzebedingte Sterbefälle zur Folge gehabt. Nach Einschätzungen des RKI führten die wiederholten Hitzewellen und ihr Auftreten über einen langen Zeitraum von Mai bis Oktober 2022 zu einer Übersterblichkeit von etwa 4500 Menschen.

„Hitzeschutz ist Lebensschutz“, erklärte nun Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. „Alte Menschen, Pflegebedürftige, Vorerkrankte, aber auch Kinder, Schwangere und Menschen, die sich beruflich oder privat viel im Freien aufhalten, sind gefährdet, wenn Hitzewellen über Deutschland rollen. Darüber werden wir informieren, wir werden warnen und wir werden reagieren. Hitzeschutz wird vor Ort konkret.“

Konkret plant Lauterbach eine „bundeseinheitliche Empfehlung für Hitzeschutzpläne in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten“ zu entwerfen. Außerdem will er die Ärzte dafür gewinnen, besonders hitzeanfällige Patientinnen und Patienten in Hitzewellen zu warnen. Bereits gestartet ist eine bessere Folgenabschätzung von Hitzewellen. Seit vergangenem Donnerstag veröffentlicht das RKI einen wöchentlichen Hitzeradar, mit dem Übersterblichkeit in Relation zu steigenden Temperaturen gesetzt wird.

Außerdem wurde eine neue, vom BMG geförderte Website von der LMU München freigeschaltet, auf der den Städten und Kommunen praxisnahe Tipps für Hitzeaktionspläne gegeben wird. Auf der Seite wird erklärt, wie Notfallpläne in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen aussehen können, wie man Gebäude vor Wärme schützt, warum es sinnvoll ist, Trinkwasser im öffentlichen Raum bereitzustellen, dass man Obdach- und Wohnungslose besonders schützen muss.

Eine erste kritische Reaktion kommt vom Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch: „Nicht Absichtserklärungen, Aktionsbündnisse und Papiere schützen Millionen alte und kranke Menschen vor der Hitze im Klimawandel. Ohne milliardenschwere Investitionen des Bundes und der Länder ist ein nationaler Hitzeschutzplan nicht viel Wert“.

Es bedarf eines Hitzeschutzplan mit baurechtlichen Vorgaben, wonach etwa Neubauten ohne Temperaturbegrenzung auf maximal 25 Grad in jedem Bewohnerzimmer nicht mehr in Betrieb gehen dürften. In dem Papier des Ministeriums sei von Investitionen in diesem Bereich nicht die Rede. (sg)