Wenn der Kreditmann zweimal klingelt

04.03.2024

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

Für den deutschen Immobilienmarkt wird es brenzlich. Das Edelmetall Gold könnte dem Betongold massiv den Rang ablaufen. Viele für den Häusermarkt negative Entwicklungen wirken bereits auf den Bereich ein. Ein Entrinnen wird kaum möglich sein, zumal das Vertrauen in die Entscheider bei EZB und Regierung rapide gesunken ist. Planwirtschaft, auch in der „grünen“ Form, kann nur von der Substanz leben.
Mit dem aktuellen Sonderweg ist Deutschland einer der Spitzenreiter einer für das Klima nutzlosen Geld- und Ressourcenverschwendung. Momentan muss man sogar eine fahrlässige Substanzzerstörung befürchten
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Da ist zunächst die europäische Notenbank. Die EZB war mit ihrer verantwortungslosen Ausweitung der Geldmenge ein Wegbereiter für die im Jahr 2021 ausgebrochenen Inflation. Nun will sie ihre Fehlleistung durch hohe Zinsen ausbügeln. Hohe Zinsen werden den Immobilienbereich sehr hart treffen. Zum einen erleben wir aktuell, dass das Neugeschäft stark eingebrochen ist und etliche Projektgesellschaften Konkurs angemeldet haben.
Ab dem Q3 2024 werden die in 2014 für zehn Jahre mit unter 2 % Zins abgeschlossenen Kreditverträge (seit September 2014) fällig. Derzeit bewegen sich die Bauzinsen für weitere zehn Jahre bei knapp 3,5 %, also fast doppelte Kreditbelastung. Wer demnach noch 666 Euro monatlich für seinen Kredit zahlt (Kreditsumme 400.000 Euro), muss dann 1.166 Euro berappen. Plus Tilgung, plus gestiegenen Nebenkosten und auch Lebenshaltungskosten.

Danach wird es noch gravierender, denn die Zinsen fielen noch weiter: September 2015 auf 1,71 %, September 2016 auf 1,14 %, von Juli 2019 bis Oktober 2021 unter 1 %. Erst seit April 2022 liegen sie wieder über 2 %. Bei Fälligkeiten liegen die festgeschriebenen Zinsen in den kommenden etwa acht Jahre deutlich unter den derzeitigen Prolongationszinsen (von 2026 bis 2031 wäre es eine derzeitige Verdreifachung). Ab 2029 werden dann auch die 15-jährigen Festschreibungen fällig. Wohl dem, der eine 2 %- 5 %- ige Tilgung eingebaute, und so etwas Spielraum bei der Prolongation hat und vor allem die Kreditsumme entsprechend kleiner geworden ist.

Horrormeldung aus Brüssel

Eine weitere Horrormeldung kommt aus Brüssel. Die beschlossene Gebäuderichtlinie bedeutet, dass bis 2050 alle Häuser klimaneutral sein müssten. Etwa 40 % der Ein- und Zweifamilienhäuser befinden sich noch in der Energieklasse G und H und müssten als Zwischenschritt in 2030 in E und ab 2033 in D sein. Besonders in den ländlichen Gegenden, in denen die Renovierungskosten genauso hoch sind wie in der Stadt, aber der Verkehrs- und damit der Beleihungswert deutlich tiefer liegt, könnten diese Vorgaben zum immobilen Totalschaden führen. Die aktuellen Verkehrswerte sind heute schon um ca. 30 % gefallen. Bedenken hätte die Politik aber auch müssen, dass in diesen Häusern, meist Baujahre 1979 und früher, ältere Menschen leben oder aber finanzschwächere Bürger. Die Älteren bekommen kein Geld mehr aus Altersgründen, die anderen haben kein entsprechendes Einkommen. Das nennt man auch Politik an den Bürgern vorbei.

Den nächsten Nagel zum Immobiliensarg hat Robert Habeck und die Ampelregierung eingeschlagen. Das Gebäude-Energie-Gesetz, mit dem Vorschlaghammer durchgeboxt, in Verbindung mit der Gebäuderichtlinie dürfte für viele Bauherren/innen in einem finanziellen Chaos enden. Über die Hälfte der renovierungsbedürftigen Hausbesitzer lehnen eine Sanierung derzeit völlig ab. Der Klima- und Wirtschaftsminister ging nach Berechnungen der KfW von Gesamtkosten bis 254 Milliarden aus. Experten stuften diese Zahl als viel zu nieder ein. Die Beratungsfirma Ernst Young bezifferte die Kosten auf sage und schreibe 3.000 Mrd.

Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe

Erschreckend ist allerdings, dass der Minister einräumte, solche Zahlen zum ersten Mal zu hören, und er sich offensichtlich nur auf das staatseigene Institut verlassen hat. Hier entsteht der Eindruck, dass hier die Volksweisheit greift: Wessen Brot ich esse, dessen Lied ich singe. Aber selbst, wenn man von beiden Berechnungen die goldene Mitte nimmt, ist es noch immer mehr als das sechsfache der Ministerschätzung. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Man bekommt den Eindruck, dass die Ampelregierung zuerst das Gesetz beschließt, bevor man sich mit einem seriösen Zahlenwerk befasst. Das wäre unfassbar und ein weiterer Beweis der Unfähigkeit des verantwortlichen Politikers für dieses Amt. Verantwortlich und Verantwortung sind nun mal zwei verschiedene Dinge. Die Alternative, dass man ungeachtet der auch dem Ministerium bekannten hohen Belastungen für die Bürger, das Gesetz trotzdem durchgepeitscht hat, ist noch mehr beunruhigend. Laut einem Statement der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) lohnt sich eine Sanierung der vor 1979 gebauten Häuser überhaupt nicht.

Eine Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz in München ergab, dass etwa die Hälfte aller Gebäude für den Betrieb einer Wärmepumpe überhaupt nicht geeignet sind. Zudem fehlen das Material, die Handwerker und vor allem: Strom. Schadensbegrenzung ist durch das beschlossene Gesetz kaum möglich und führt zur Verarmung durch grüne Diktatur. Der Minister nennt das GEG immer noch ein „gutes“ Gesetz. Manche lernen eben nie.

Schwere Zeiten für den Immobilienmarkt

Festzuhalten bleibt, dass der Immobilienmarkt schweren Zeiten entgegen geht. Gegen hohe Zinsen und rücksichtslose Politik ist kein Kraut gewachsen. Die Unruhe bei den Bürgern wird wachsen. Das Vertrauen wird sich wie die Zinsen 2024 entwickeln. Beides wird fallen. Bei den Zinsen gibt es noch Hoffnung. Wobei bei den Zinsen mehr Platz nach unten ist. Das Vertrauen in die Politik befindet sich schon am absoluten Tiefpunkt.

Für „Betroffene“ gilt ab jetzt, wenn es an der Haustür klingelt, erst mal gucken. Es könnte der Baufinanzierungsmann der Bank sein. Durch die rückläufigen Preise (=Beleihungswert) könnte eine Finanzierung schwierig werden, wenn die Beleihung begrenzt ist (zum Beispiel 80 % des Verkehrswertes). Nachschusspflicht oder Zwangsverkauf könnten drohen. Bevor Kreditinstitute abschreiben müssen, reagieren sie rigoros. Diese Hausbesitzer müssen hoffen, dass die Leitzinsen und damit die Bauzinsen bis zur Kreditverlängerung wieder kräftig gefallen sind. Nicht auszudenken, sollten die langfristigen Zinsen, entgegen den EZB-Beschlüssen fallender Leitzinsen (falls sie kommen), weiter steigen, weil die Börsen die gestiegenen Risiken einpreisen.

Sollten die betroffenen Immobilienbesitzer am Zwangsverkauf vorbeischrammen, so führt es bei vielen zu einem Wohlstandsverlust, da man zur Bedienung der höheren Ausgaben für das Haus bei anderen Annehmlichkeiten des Lebens einsparen muss. Die Einschränkungen beim Konsum dürften sich beim Wirtschaftswachstum auswirken. Zumal die Geldentwertung (Inflation) weiter steigen wird.

Kolumne von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.