"Widersprüchliches und kundenschädigendes Verhalten"

17.06.2020

Rechtsanwalt Tobias Strübing, Foto: © Wirth - Rechtsanwälte

Als wären die wochenlangen Schließungen und die Einnahmeausfälle nicht genug, haben viele Gewerbetreibende wie Hotel-, Restaurant- und Kitabetreiber auch noch Ärger mit ihrer Betriebsschließungsversicherung. Besonders Kunden der Mannheimer Versicherung haben derzeit massiven Ärger – der auch für Vermittler problematisch sein könnte.

Kurz nach den behördlich angeordneten Schließungen boten viele Versicherungsgesellschaften im Rahmen der Betriebsschließungsversicherungen ihren Kunden eine Zahlung von 15 % an, ohne eine Rechtspflicht anzuerkennen. Diese Zahlung basierte auf dem sogenannten bayerischen Kompromiss, den die Bayerische Staatsregierung, einige Versicherer und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) Bayern geschlossen haben (finanzwelt berichtete).

Auch die Mannheimer Versicherung AG bot ihren Kunden dieses Angebot. Probleme haben aber jetzt Kunden, die das Angebot ausgeschlagen haben. So berichtet die Kanzlei Wirth Rechtsanwälte davon, dass der Versicherer diesen Kunden außerordentlich die Verträge kündigen würde. Problematisch sei dabei u.a., dass die außerordentliche Kündigung den gesamten Versicherungsvertrag umfasse, der in vielen Fällen auch noch andere Bausteine umfasse. Hinzu kommt, dass die Mannheimer Versicherung keinen genauen Kündigungsgrund nenne, sondern nur ausführe, dass sie die „Schadenmeldung (…) zum Anlass“ nehmen, die außerordentliche Kündigung auszusprechen. Somit erfolge die Kündigung nach § 92 Abs. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz.

Widersprüchliches Vorgehen

Laut der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte sei das Vorgehen der Mannheimer Versicherungs-AG deswegen bemerkenswert, weil diese Vorschrift eine außerordentliche Kündigung nur bei Eintritt des Versicherungsfalles zulasse. Die Mannheimer Versicherung AG habe also ursprünglich die 15 %-Kulanz noch mit den Worten angeboten, dass eine „Entschädigung aus dem Versicherungsvertrag nicht gegeben sei“, gehe aber durch die außerordentliche Kündigung von einem eingetretenen Versicherungsfall aus. „Das ist widersprüchliches und kundenschädigendes Verhalten und die Mannheimer muss sich vorhalten lassen, hier klar gegen das Gesetz zu verstoßen. Nach § 1 a VVG sind Versicherer verpflichtet, gegenüber ihren Kunden stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichen Interesse zu handeln. Das ist hier nicht zu erkennen“, erläutert Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht von Wirth-Rechtsanwälte.

Mit ihrem Verhalten bringe die Mannheimer Versicherung AG sowohl Kunden als auch Versicherungsmakler in eine sehr schwierige Situation. Es sei zwar zu erwarten, dass die Kündigungen von Gerichten als unwirksam erachtet würden. Jedoch stünden Kunden vor dem Problem, dass die Mannheimer Versicherung, gestützt auf ihre außerordentliche Kündigung, in Zukunft jeglichen Versicherungsschutz aus den Verträgen verweigern werde und die Kunden zur Vermeidung von Deckungslücken vorsorglich schnell reagieren müssten. „Wir empfehlen Versicherungsvermittlern in diesen Fällen höchstvorsorglich, sich kurzfristig um einen neuen Versicherungsschutz für Ihre Kunden zu bemühen. Anderenfalls drohen Deckungslücken und damit auch Haftungsrisiken“, so Strübing ergänzend. (ahu)