Wie finde ich den passenden Finanzdienstleister?

26.02.2024

Andreas Görler ist sen. Wealth Manager zert. Fachmann für nachhaltige Investments, -Wellinvest - Foto: © Pruschke & Kalm GmbH, Berlin

Den deutschen Markt der Finanzdienstleister als heterogen zu bezeichnen ist stark untertrieben. Im Hinblick auf die eher sinkenden Aussichten auf eine auskömmliche gesetzliche Rente, ist es aber, zumindest in der Anfangsphase der Investitionstätigkeit, zu empfehlen sich Unterstützung zu suchen.

Allerdings ist es nicht so einfach einen passenden Finanzdienstleister zu finden, der bei der Erreichung der persönlichen Ziele und Wünsche behilflich ist. Allein 1.400 Banken gibt es in Deutschland. Der Schwerpunkt liegt dabei bei Volksbanken und Sparkassen. 180.000 Unternehmen haben sich auf die Beratung und Vermakelung von Versicherungen spezialisiert (§34d, Gewerbeordnung-GewO), davon sind 40.000 unabhängig unterwegs, die anderen ca. 140.000 Anbieter arbeiten mit einer Versicherung zusammen. Sie werden jeweils aus Provisionen der Versicherungsprodukte bezahlt.

Ca. 56.000 Immobiliardarlehensvermittler nach §34i GewO bieten eine Schnittstelle zu einer Vielzahl von Banken und helfen ein passendes Kreditangebot zu finden. Etwa 38.000 Anbieter sind als Finanzanlagevermittler (§34f GewO) unterwegs, bieten die Vermittlung von Investmentfonds an und erhalten dafür eine Provision aus den jeweiligen Finanzprodukten.

400 Honoraranlageberater (§34h, GewO) bieten die Anlageberatung gegen Honorarzahlung nach Stundensatz oder im Rahmen eines Komplettpaketes an. Einige Honorarberater sind als Kreditinstitut aufgestellt (Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 Nr. 4, Gesetz zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten-WpIG) und müssen daher höhere Auflagen hinsichtlich der Zulassung und der regelmäßigen Überwachung erfüllen. Davon gibt es in Deutschland ca. 25 Firmen. Schließlich gibt es noch etwa 400 unabhängige Vermögensverwalter, die ebenfalls als Kreditinstitut aufgestellt sind und mittels einer Dispositionsvollmacht, das anvertraute Vermögen steuern, überwachen und die Ergebnisse regelmäßig reporten (§2 Abs. 2 Nr. 9 WpIG). Unabhängige Vermögensverwalter werden direkt vom Kunden, mittels einer Honorarvereinbarung bezahlt und vereinnahmen keine Provisionen aus den verwendeten Finanzprodukten. Die meisten Unternehmen bieten mehrere der genannten Dienstleistungen an.

Selektion nach Schwerpunkt und Örtlichkeiten

Um einen Finanzpartner zu finden gibt es Portale wie WhoFinance, in denen allerdings nicht alle Unternehmen aufgeführt sind. Alternativ findet solche Anbieter natürlich auch durch Suchmasken im Internet und kombiniert das noch mit dem Wohnort. Insbesondere in Großstädten wird dann eine größere Anzahl aufgelistet. Ein Blick auf die Internetseite der Bafin ist hilfreich, um gezielt nach unabhängigen Vermögensverwaltern und Honorarberatern suchen, die als Kreditinstitut aufgestellt sind, da die Bankaufsicht hierfür zuständig ist.

Klickt man auf die Seite eines Unternehmens, sollte man zunächst auf das Impressum schauen. Hier müssen die beschriebenen rechtlichen Erlaubnisse aufgeführt sein und man erkennt, welche der beschriebenen Geschäftsfelder angeboten werden (Finanzanlagevermittlung, Versicherungsberatung, Vermögensverwaltung, Honorarberatung, Immobiliardarlehensvermittlung). Passen die angebotenen, rechtlich erlaubten Geschäftsfelder zu den persönlichen Zielen und befindet sich der Sitz des Unternehmens in Deutschland, lohnt sich ein längerer Blick auf die Seite. Es gibt auch Firmen die lediglich kurze Erläuterungen zu Finanzthemen anbieten und dann über eine App oder eine Verlinkung direkt zu angeschlossenen Banken weiterleiten. Hierfür benötigt man keine finanzrechtlichen Erlaubnisse also findet man auch nichts im Impressum. Von solchen Anbietern rate ich Einsteigern ebenso ab, wie von Videos von „Erklärern“ ohne jegliche Reputation im Finanzbereich. Auf Youtube gibt es allerdings auch genügend Videos von bekannten, seriösen Adressen, die auch für ihre Informationen haften.

Bekannte Investmentgesellschaften sind dort genauso zu finden, wie verschiedene Verbraucherschutzorganisationen.

Eigenengagement ist immer notwendig

Grundsätzlich empfehle ich, sich beim Beginn des Vermögensaufbaus, zumindest ein wenig mit der ausreichend vorhandenen Literatur zu beschäftigen und sich über Aktien, Anleihen, aktive und passive Fonds, Zertifikate und Nachhaltigkeit im Finanzkontext zu informieren. Ich ziehe zwar analoge Informationsquellen, in Form von Büchern und Magazinen, vor aber es gibt fast alles auch in einer digitalen Variante. Zu jedem Thema gibt es einfach gehaltene Einstiegsliteratur. Das ist auch nicht wirklich teuer und auch ein paar Stunden sind gut investiert, schließlich geht es um die finanzielle Zukunft. Wer es etwas günstiger haben will, findet auch immer etwas auf der Seite der Stiftung-Warentest. Im „Shop“ finden sich aktuelle Informationsschriften zur Geldanlage und einzelnen Segmenten.

Leider gibt es im Finanzbereich auch unseriöse Anbieter. Daher sollte wenigstens ein Blick auf die Internetseite der BaFin geworfen werden. Unter der Rubrik „Verbraucher“, gibt es auch das Feld „Warnungen & Aktuelles“. Auch die Stiftung Warentest stellt eine „Warnliste Geldanlage“ zur Verfügung. Auf www.verbraucherzentrale.de finden sich ebenfalls Hinweise um frühzeitig Warnsignale zu erkennen. Trauen sie sich auch nach Qualifikationen und Zertifizierungen zu fragen. Prüfungszertifikate von anerkannten Institutionen wie der IHK oder beispielsweise der Frankfurt School of Finance sind nachprüfbar. Gute BeraterINNEN bilden sich regelmäßig und nachweisbar weiter.

Das Ziel sollte darin bestehen eine stabile Struktur für das Basisportfolio aufzubauen. Versprechungen, dass man über Mainstream-Themen wie Bitcoin oder Cannabis relativ schnell ein Vermögen aufbauen kann, sind fast immer Betrug. Die bekannten Day-Trading-Plattformen sind zwar seriös aber dort tummeln sich in erster Linie unerfahrene Anleger, die zu viele Geschäfte tätigen. Die Quote an Negativ-Trades ist enorm hoch und muss von den Plattformen ausgewiesen werden. Über 80 Prozent der Trades sind negativ. Bevor man überhaupt damit anfängt, sollte man sich ein klares Risiko-Budget setzen und vor dem „echten Handel“ eine längere Zeit ein Musterdepot führen.

Zeitaufwand ist notwendig, Qualität ist nicht kostenfrei

Man muss konstatieren, dass eine qualitative Unterstützung immer auch etwas kostet. Auch für entsprechende Literatur oder vielleicht auch eine persönliche Fortbildung in Form eines Seminars muss man Geld ausgeben. Es sollte auch selbstverständlich sein, dass man mehr als ein Gespräch führen muss, bis man sich entscheidet. Außerdem sollte man dem Gesprächspartner auch Gelegenheit geben, sich auf den Termin vorzubereiten. Daher sollten vorab ein paar grundlegende Informationen zur Person, dem Vermögensstatus, sowie den relevanten Zielen und Wünschen gegeben werden. Wer glaubt, dass man beim Einstieg, ausschließlich mit kostenlosen Videos mit Standardinformationen, in Eigenregie, App-basierten Handelstools ohne disziplinierten Ansatz oder mit „Day-Trading“ einen stabilen Vermögenszuwachs erreichen kann, muss sich auf sein Glück verlassen. Etwas mehr fundamentale Unterstützung ist aber sinnvoller.

Kolumne von Andreas Görler, sen. Wealth Manager und zert. Fachmann für nachhaltige Investments, -Wellinvest- Pruschke & Kalm GmbH, Berlin

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