Aktiv ja, gerecht nein

16.12.2025

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Die Politik feiert die Aktivrente als innovatives Modell für den Arbeitsmarkt der Zukunft. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Selbstständige – darunter viele erfahrene Versicherungsund Finanzvermittler – bleiben außen vor.

Aktiv, aber nicht für alle

Gerade jetzt, wo viele Boomer in Rente gehen, ist es grundsätzlich zu begrüßen, wenn die Politik Maßnahmen ergreift, um längeres Arbeiten attraktiver zu gestalten. Die Aktivrente soll genau das leisten: Älteren Menschen, die über das Renteneintrittsalter hinaus beruflich aktiv bleiben, steuerliche und sozialabgabenrechtliche Anreize bieten. So weit, so sinnvoll – zumindest auf den ersten Blick. Denn was in der medialen Aufbereitung gern unter den Tisch fällt: Selbstständige sind von der Aktivrente ausgeschlossen. Nur wer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig ist, soll profitieren. Das heißt im Umkehrschluss: Wer als Unternehmer, Berater oder freier Vermittler einen Beitrag zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben leistet, geht leer aus. Diese Ungleichbehandlung ist weder sachlich gerechtfertigt noch politisch klug.

Selbstständige: Fachkräfte zweiter Klasse?

Letztlich sind alle AfW-Mitglieder selbstständige Vermittlerinnen und Vermittler. Die meisten von ihnen verfügen über jahrzehntelange Beratungserfahrung, exzellente Kundenbeziehungen und eine hohe intrinsische Motivation, auch im fortgeschrittenen Alter tätig zu bleiben. Ihr Wissen ist ein wertvoller Bestandteil der „Beratungsinfrastruktur“ – gerade in sensiblen Bereichen wie Altersvorsorge, Absicherung oder Ruhestandsplanung. Wenn diese Gruppe systematisch von der Aktivrente ausgeschlossen wird, sendet das ein fatales Signal: Wer eigenverantwortlich unternehmerisch tätig ist, zählt offenbar weniger als der sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Keine Rente, kein Systemwechsel

Hinzu kommt ein weiterer zentraler Punkt: Die Aktivrente ist keine Rente im klassischen Sinne. Sie verbessert nicht die Alterssicherung, sondern gewährt lediglich zusätzliche Freibeträge beim Zuverdienst nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Das mag für viele attraktiv sein – strukturelle Versorgungslücken werden dadurch jedoch nicht geschlossen. Im Gegenteil: Je stärker sich Menschen auf diese Form des Zuverdiensts verlassen, desto größer ist die Gefahr, dass echte Reformen der Alterssicherung politisch ausgebremst werden. Wer heute Steuererleichterungen gewährt, muss morgen erklären, warum eine Erhöhung der Regelaltersgrenze notwendig sein soll. So droht aus einer gut gemeinten Arbeitsmarktmaßnahme eine politische Falle zu werden.

Fazit

Gleichbehandlung ist keine Option, sondern Pflicht. Die Aktivrente ist ein Schritt – aber einer mit deutlicher Schieflage. Wer Altersgrenzen flexibilisieren will, muss auch selbstständige Fachkräfte mitnehmen. Alles andere ist nicht aktiv, sondern ausgrenzend.

Ein Kommetar von Frank Rottenbacher, Vorstand, AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.

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