Alternativlos!
07.02.2013
Das Verbot offener Immobilienfonds ist vom Tisch. Gefahr vorerst abgewendet. Jetzt läuft das parlamentarische Verfahren im Bundestag. Für Investoren ergibt sich, abgesehen von weiteren Justierungen, viel Neues. Ein differenziertes Bild einer in Misskredit gekommenen Anlageklasse.
Was im Sommer 2012 die Gemüter noch ordentlich anheizte, ist nun ad acta gelegt worden. Die Produktkategorie offener Immobilienfonds (OIFs) ist einem Verbot durch den Gesetzgeber entgangen. Ursprünglich hatte das Bundesfinanzministerium geplant, die Auflegung neuer offener Immobilienfonds im Rahmen einer Neuregulierung gänzlich zu untersagen. Hintergrund ist die Umsetzung der EU-Richtlinie für alternative Investments (AIFM) in Deutschland. Die Branchenvertreter und Lobbyisten atmeten dann zum Zeitpunkt der Präsentation des neuen Entwurfs auf. Dieser abgeschwächte neue Entwurf, der mittlerweile im Bundeskabinett kurz vor der Jahreswende diskutiert wurde, sieht aber in vielen (entscheidenden) Punkten Veränderungen bei offenen Immobilienfonds vor. Es bleibt demnach spannend, wie sich diese Anlageklasse 2013 entwickelt und ob Fonds der „neuen Generation“ zeitnah angeboten werden und Anleger zugreifen.
Trugschluss. Natürlich und ohne Zweifel hat die seit der Finanzkrise anhaltend negative Entwicklung im Immobiliensegment die Krisenanfälligkeit der offenen Immobilienfonds zutage treten lassen. Erst Ende November kündigte die DWS an, dass eine Auflösung des Fonds DWS ImmoFlex bis April 2015 angestrebt werde. Damit kletterte die Zahl der sich aktuell in Auflösung befindenden Fonds auf 13. Klingt katastrophal, doch auch hier scheiden sich die Geister. Oliver Weinrich, Vorstand der Drescher & Cie Immo Consult AG, bemerkt hierzu: „Zwei Drittel des Marktes stehen nach wie vor stabil da – dabei handelt es sich im Wesentlichen entweder um Produkte mit einer klaren Vertriebsstruktur, einem dominanten Vertriebskanal oder Spezialitäten in der Nische, wie z. B. Wohnimmobilienfonds. Einige davon, wie zum Beispiel der Uni Immo Deutschland, schwimmen sogar im Geld und haben temporäre Vertriebsstopps ausgesprochen.“ Ähnlich argumentiert Ian Gordine, verantwortlicher Fondsmanager für den AXA Immoselect. Er sieht die zentrale Herausforderung in der Rückgewinnung des Investorenvertrauens und glaubt an ein Revival dieser Anlageklasse, zu der es keine echte Alternative gäbe. Diese These ist nicht ganz abwegig, da insbesondere Real Estate Investment Trusts (REITs, börsennotierte Immobilienfonds) zumindest hierzulande immer noch ein Schattendasein fristen. Sie lassen sich an einer Hand abzählen und kommen zusammen auf eine Marktkapitalisierung von etwas mehr als 1 Mrd. Euro. Ergo: Bis dato keine Nutznießer der Krise bei den offenen Immobilienfonds. Totgesagte leben länger, könnte man in diesem Zusammenhang meinen.
Überzeugungsarbeit beim Gesetzgeber. Welche Neuerungen sind nun mit dem AIFM-Gesetz zu erwarten und was bedeutet dies für die Investoren? Zunächst gilt einmal, dass Fondsgesellschaften in Zukunft nur noch viermal im Jahr Anteile von offenen Immobilienfonds an Investoren ausgeben dürfen. Ein Aspekt, der Kritik erntet. „Um künftig auch Sparpläne sicherzustellen und den angestrebten Mittelzufluss nicht zu verstopfen, muss die tägliche Ausgabe von Anteilen im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zugelassen werden“, meint Dr. Michael Birnbaum, Pressesprecher der KanAm Grund.
Entscheidet sich ein Investor also zum Einstieg, muss er die vierteljährliche Frist abwarten, bis er Anteile veräußern kann. Für Neuinvestitionen in Publikumsfonds soll es ab Juli 2013 keine tägliche Verfügbarkeit mehr geben. Benötigt der Anleger zwischenzeitlich schnell sein Geld, wird ihm nur der Verkauf über die Börse bleiben. Der Gesetzgeber seinerseits verbindet damit die Hoffnung, dass die Fonds künftig weniger krisenanfällig wären. Grundsätzlich zeigen sich alle Experten erleichtert über die Tatsache, dass das Verbot vom Tisch ist, und begrüßen den Status quo. Drescher & Cie-Vorstand Weinrich bemerkt in diesem Zusammenhang, dass offene Fonds zukünftig mit dem vorgesehenen Mechanismus auskommen könnten, parallel dazu aber die Etablierung eines geregelten Zweitmarkts über die Börse vonnöten wäre. „Das würde zwar mit erhöhter Volatilität für die Anleger einhergehen, sollte allerdings die Produkte noch resistenter gegen einen Run machen“, so Weinrich.
Liquidität ist das A und O. So weit, so gut. Wie sieht es aber aktuell bei in Auflösung befindlichen Fonds mit dem Verkauf der Bestandsobjekte aus? Es zeigt sich, dass Liquidität hier die zentrale Stellschraube ist. „Seit Bekanntgabe der Auflösung am 29. Februar 2012 schüttete der KanAm grundinvest Fonds in drei Tranchen insgesamt rund 366 Mio. Euro steuerfrei an die Anleger aus“, sagt Dr. Birnbaum. Was auf den ersten Blick relativ hoch erscheint, muss relativiert werden.
Fondsmanagermüssen die in den Produkten enthaltenen Immobilien möglichst hochpreisig verkaufen. Dass dies nicht ganz so easy ist, weiß man beispielsweise im Hause Morgan Stanley. Dort wurde vor der Finanzkrise zu hohen Preisen eingekauft, die danach dramatisch abgewertet wurden. Dies führt wiederum zu einem schleppenden Verkauf der Objekte und zu verzögerten Auszahlungsmodalitäten. „Nach unserer Einschätzung ist in der derzeitigen Immobilienmarktverfassung nur der sogenannte Core-Anteil der Portfolien leicht verkäuflich“, wirft Weinrich in diesem Kontext ein. Dieser Einwand ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die DekaBank machte in ihrem Jahresausblick „Immobilien Monitor 2013“ deutlich, dass wirtschaftlich starke Standorte wie Deutschland oder Skandinavien auch mittelfristig gefragt seien.
Axa-Experte Gordine weiß um den Zwang des Verkaufs, der durch die Auflösung eingesetzt hat, hegt aber Hoffnungen, dass durch die Depotbanken, auf die die weitere Abwicklung dann zukommt, nochmals ein Zeitfenster für lukrativere Verkaufsmöglichkeiten entstehen könnte.
Fazit. Für „Alt-Investoren“ kommt die neue Regulierung zu spät. Die strenger regulierte Anteilsaus- und -rückgabe soll die Fonds künftig weniger krisenanfällig machen. Einige Marktteilnehmer werfen hier ein, dass das Produkt damit weniger flexibel werde. Es ist jedoch auch nicht ganz ausgeschlossen, dass die Lobbyisten in dem einen oder anderen Aspekt noch etwas in ihrem Sinne bewegen können. Gleichwohl offene Immobilienfonds arg ins Abseits gedrängt wurden, erscheinen sie fast schon alternativlos.
(Alexander Heftrich)
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