Altersvorsorgereformgesetz: AfW mit Freude und Kritik!
08.12.2025

Afw-Vorstand Norman Wirth / Foto: © Afw
Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. begrüßt den veröffentlichten Referentenentwurf zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge als grundlegenden Modernisierungsschritt. Mit dem neuen Altersvorsorgedepot, der flexibilisierten Zulagenförderung und dem Abbau bürokratischer Hürden werden zentrale Anliegen aufgegriffen, die auch der AfW seit Jahren fordert.
„Das Altersvorsorgedepot bietet erstmals die Chance, kapitalmarktbasierte Vorsorge breit zugänglich zu machen und echte Renditepotenziale zu erschließen. Das ist ein richtiger und lange überfälliger Schritt“, so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.
Der Verband wird fristgerecht bis zum 10. Dezember 2025 eine ausführliche Stellungnahme vorlegen.
Der Entwurf enthält zahlreiche Verbesserungen, die aus Sicht des AfW die Attraktivität der privaten Altersvorsorge erhöhen:
· Kapitalmarktbasierte Vorsorge mit ETFs, Fonds und Anleihen, bei der die Erträge während der Ansparphase steuerfrei bleiben.
· Beitragsproportionale Zulage:
· 30 % Förderung bis 1.200 Euro Jahresbeitrag
· 20 % für den Beitragsteil von 1.201–1.800 Euro.
· Maximal 420 Euro Förderung pro Jahr
· Kinderzulage von 25 %, maximal 300 Euro pro Kind
· Startzulage von 200 Euro für unter 25-Jährige
· Förderberechtigt bereits ab 120 Euro Eigenbeitrag im Jahr
· Flexible Auszahlungsmodelle: Auszahlungsplan bis mindestens 85 Jahre oder lebenslange Rente
· Förderunschädliche Eigenheimnutzung und neue Möglichkeiten der Vererbung
· Produkt- und Anbieterwechsel jederzeit möglich (auch für Riester-Altverträge)
· Versicherungsbasierte Garantieprodukte (80 % / 100 %) bleiben erhalten.
· Bürokratieabbau bei Bestandsverträgen und Entfall komplizierter Mindesteigenbeiträge
„Die Reform greift viele Empfehlungen auf, die seit Jahren aus Wissenschaft, Praxis und Verbänden kommen. Sie eröffnet Millionen Menschen neue Wege zur privaten Altersvorsorge“, so Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW.
Trotz der insgesamt positiven Ausrichtung sieht der AfW erheblichen Nachbesserungsbedarf. So stehe die geplante Möglichkeit, das Standarddepot ohne Beratung abzuschließen, im Widerspruch zu allen bisherigen Bemühungen, die Beratungsqualität zu stärken. Wirth warnt: „Gute Beratung ist kein Kostenfaktor, sondern ein Schutzfaktor. Wer Altersvorsorge allein über den Preis definiert, blendet aus, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eine individuelle Orientierung benötigen. Der Gesetzgeber muss 'Value for Advice' anerkennen und darf unabhängige Beratung nicht strukturell benachteiligen.“
Die geplante Begrenzung der Effektivkosten auf 1,5 Prozent beim Standarddepot führt in der Praxis zu einem Vergütungsdeckel, von dem insbesondere unabhängige Vermittlerinnen und Vermittler betroffen wären. Ein solcher Vergütungsdeckel wird dazu führen, dass eine Beratung gar nicht erst stattfindet. Gute Beratung gibt es nicht umsonst. Der Gesetzgeber hat in der Vergangenheit bewusst die Anforderungen an eine qualifizierte Beratung erhöht: Dazu gehören ein IHK-Abschluss, regelmäßige Weiterbildung, Transparenz- und Informationspflichten, eine Haftpflichtversicherung, die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen und deren Einbeziehung in eine eventuelle Produktempfehlung etc. Das kann es alles nicht umsonst geben.
Der AfW fordert daher ein Level Playing Field, damit die Beratung nicht strukturell schlechter gestellt wird als der Direkt- oder Plattformvertrieb. Der Entwurf beschränkt die Förderung weiterhin auf pflichtversicherte Personen der gesetzlichen Rentenversicherung. „Gerade für Selbstständige ist eine kapitalmarktbasierte Vorsorge geeignet. Dass sie weiterhin ausgeschlossen bleiben, ist weder sachgerecht noch mit den Zielen der Reform vereinbar“, so Rottenbacher. „Der Fehler bei der Aktivrente darf hier nicht wiederholt werden!“
Ein weiterer Kritikpunkt ist die verpflichtende Verteilung von Abschlusskosten über lange Laufzeiten. Das ignoriert die ökonomischen Realitäten der Beratungsbranche. Beratungsleistung wird in der Hauptsache am Anfang erbracht, weshalb es unfair ist, die Vergütung dafür über Jahrzehnte zu strecken.
Der Gesetzentwurf schließt zudem biometrische Zusatzabsicherungen, wie die Beitragsbefreiung bei Berufsunfähigkeit, weitgehend aus. Für langfristige Vorsorgeverträge stellt dies aus Sicht des AfW einen deutlichen Rückschritt dar.
Gerade die Absicherung des finanziellen Risikos, im Laufe des Erwerbslebens dauerhaft keine Beiträge mehr leisten zu können, ist für viele Menschen ein zentraler Bestandteil einer verantwortungsvollen Altersvorsorge. Wirth ergänzt: „Ein Verbot solcher Zusatzabsicherungen mindert die Attraktivität der geförderten Vorsorge und steht nicht im Einklang mit den tatsächlichen Bedürfnissen vieler Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Reform muss lebensrealistische Schutzmechanismen zulassen und darf keine Versorgungslücken erzeugen.“ (mho)

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