Das Marktpotenzial ist riesig

02.01.2023

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finanzwelt: Der Erfinder des Teilverkaufs Christoph Neuhaus sagt zudem immer: Die Leibrente ist eine Wette auf den Tod, weil es sich für die Finanzierer nur lohnt, wenn der ehemalige Hauseigentümer früh stirbt. Neuhaus: Genau, das sagt er. Und bei der Leibrente, wie auch bei der Umkehrhypothek ist es viel schwieriger zu erkennen, was die echten Kosten sind. Je kürzer oder länger ich lebe, desto höher oder niedriger ist der Abschlag. Wenn man in zwei Jahren stirbt, ist der Abschlag viel höher, als wenn ich 15 Jahre durchhalte. Das bedeutet also, dass da viel mehr versteckte Kosten drin sind. Beim Alternativmodell Teilverkauf weiß ich genau, welche festgelegte Summe ich jeden Monat zahlen muss. Wenn ich sterbe, muss kein weiterer Abschlag gezahlt werden. Das Haus kann veräußert werden, muss es aber auch nicht, wenn der oder die Erben sich einig sind. Die Wette auf den Tod ist komplett draußen, alle Kosten sind offen dargelegt. Kuppig: Beim Teilverkauf ist die Kalkulation nachvollziehbar, aber auch bei der Leibrente gibt es gute Gründe, warum ein Kunde das macht. Es ist ja nicht so, dass die Leibrente nicht auch Vorteile hat. Beim Teilverkauf verlangen wir eine Gebühr pro Monat dafür, dass wir einen fairen, transparenten Preis zahlen, und bei der Leibrente ist es genau andersherum. Wenn jemand sagt, ich will jeden Monat eine bestimmte Summe zur Verfügung haben und mich ansonsten nicht mehr mit meiner Immobilie beschäftigen müssen und dafür andere Nachteile auch entsprechend akzeptiert, dann ist der bei der Leibrente vielleicht auch besser aufgehoben. Für beide Modelle gibt es einen Markt, der Teilverkauf spricht aber eine deutlich größere Zielgruppe an. Das liegt an der Transparenz, der Nachvollziehbarkeit und daran, dass der Hauseigentümer weiterhin selbstbestimmt seine Immobilie komplett nutzen kann. Und letzteres ist eigentlich der ausschlaggebende Punkt beim Teilverkauf. Hardi: Ich weiß nicht, warum man die ‚Wette auf den Tod‘ beim Vertrag auf Rentenbasis so in den Vordergrund stellen muss. Bei einer vereinbarten Zeitrente ist es doch so, dass der Immobilieneigentümer alles zu Lebzeiten, das heißt jetzt, regeln will, deshalb gibt er sein Eigentum auf und erhält dafür die Zeitrente, die ja auch vererblich ist. Das heißt, ich verkaufe jetzt gesund und bei klarem Verstand meine Immobilie und bekomme dafür den Preis X, und das eben nicht als Einmalzahlung, sondern über eine gewisse Laufzeit als Zeitrente ausbezahlt. Wenn ich nach einer Woche nach Vertragsunterschrift versterbe, wird die Zeitrente trotzdem bezahlt – eben an die Erben. Da sehe ich keine Wette auf den Tod oder zumindest nicht mehr als bei anderen Verrentungsmodellen. Kuppig: Aber das ist nur deshalb so, weil die Leibrente nicht mehr lebenslang bezahlt werden darf. Hardi: Das stimmt. Aber auch mit einer Zeitrente kann man einen vertraglich vereinbarten Mindesterlös erzielen. Kuppig: Richtig, Mindesterlös, aber nicht maximal. Und deshalb ist es schon eine Wette auf den Tod. Miller: Die Leibrente gibt es ja schon jahrzehntelang, im privaten Bereich sogar jahrhundertelang. Da kaufte der Nachbar auf Leibrente das Haus. Und natürlich ist es schon eine Wette auf den Tod. Denn irgendjemand profitiert vom frühen Tod, so oder so. Und wenn der andere Fall eintritt und jemand lange lebt, ist es ein Negativgeschäft für den Leibrentengeber. Also wenn ich deswegen darauf spekuliere muss, dass der Kunde früher stirbt, ist es irgendwie nicht so sexy. Hardi: Dass dieses Modell für Investoren nicht so sexy ist, würde ich auch bestätigen. Aber es gibt nach meiner Meinung trotzdem eine wirtschaftliche Daseinsberechtigung. Müller: Ja, die gibt es. Wenn ich als Immobilieneigentümer allerdings die Kapitalisierung und die Verrentung trenne, sprich, mich um die Verrentung mit dem Kapitalerlös meiner Immobilie, die ich mit Abschlag für den Nießbrauch, dem sogenannten Nießbrauchbarwert, veräußert habe, am freien Markt selbst kümmere, erziele ich in den allermeisten Fällen das bessere Ergebnis.

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