Das Stochern im Nebel

04.08.2025

Rolf Ehlhardt - Foto: © I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH

In einer Zeit mit den größten politischen Spannungen seit der Kuba-Krise, geldpolitischen Illusionen durch weiter steigende Schulden, in zum Teil überdimensionalen Größenordnungen, Politiker mit immer größer werdenden Vertrauensverlusten, ergebnislosen Gipfeltreffen und Medien, bei denen die Unglaubwürdigkeit immer mehr zunimmt, ist es schwierig Rat zu geben.

Die weltweiten Schulden belaufen sich laut IIF (Institute of Int. Finance) auf 315 Billionen Dollar und liegt damit dreimal höher als das Welt-BIP. Das Allheilmittel Liquidität könnte irgendwann zum Problem werden. Aber die Börsen springen von einem Hoch zum nächsten, als wäre nur eitel Sonnenschein auf dieser Erde. Der Stimmungsindikator beim S&P 500 hat mit 75 den „extrem Gier“- Bereich erreicht. Der Anleger muss zwar jetzt nicht alles verkaufen, aber eine gewisse Vorsicht ist angebracht. Zumal sich die USA unter Trump zum Unsicherheitsfaktor entwickelt. Auch die Vereinbarungen mit der EU und Japan entschärft den Vertrauensverlust nicht. Ein Armutszeugnis geht allerdings an die EU und von der Leyen: 750 Mrd. US-Energie, 600 Mrd. Investitionen in den USA, 15 Prozent Zölle für die USA und die EU: 0,00 Prozent. Eine wahre Meisterleistung. Man muss Trump fast Recht geben, dass er die EU nicht ernst nimmt.

Die permanente Geldschöpfung der letzten Jahre hat eine neue Inflationswelle verursacht. Ausgelöst durch Corona hat sich seit 2020 eine Geldentwertung ausgebildet. Die Preise sind seitdem um mindestens 22 Prozent gestiegen (weniger Gramm in der gleichen Verpackung nicht mitgerechnet). Irreführend auch die Aussagen des statistischen Bundesamtes, „die Inflation kommt auf 2,2 Prozent zurück“. Die Inflation kommt nicht zurück, sie steigt auf dem erreichten Niveau etwas langsamer weiter. Der Trump´sche Zollwahnsinn wird die Inflationsraten wieder anheizen, denn es ist kaum anzunehmen, dass die Firmen diese zu Lasten ihrer Margen bezahlen. Sie werden die Preise erhöhen. Leidtragende werden also wie immer die Konsumenten sein. Dies erhöht natürlich die Gefahr einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums bis hin zur Rezession.

Damit verbunden sind geringere Gewinne und auch weniger Investitionen. Die Zehnjahreszinsen liegen inzwischen am Hoch der letzten 14 Jahre im Euro (2,69 Prozent) bzw, 18 Jahre in den USA (4,35 Prozent). Dies bedeutet höhere Kreditkosten für die Unternehmen, die Konsumenten, aber vor allem auch für die Staaten. Für letztere muss ein immer größer werdender Anteil der Steuereinnahmen für Zinszahlungen ausgegeben werden. Deshalb fordert Trump von der Fed, die Zinsen auf ein Prozent runterzuschleusen. Das wäre ein gefährliches Unterfangen, denn die Währung würde wohl weiter fallen, aber die Inflation und damit die langfristigen Zinsen weiter steigen. Die Notenbanken haben dieses Mal die Zinsen noch nicht gesenkt.

Die Immobilien- und die Anleihemärkte würden unter dem Szenario höherer Zinsen kräftig leiden. So sind zum Beispiel die Kupons von Anleihen mit B-Rating auf sieben Prozent (fast 10 Jahres Hoch) gestiegen, was deren Chancen in einer Wirtschaftsflaute zu überleben deutlich reduziert. Hier sollte der Anleger lieber auf höhere Rendite verzichten, statt wegen zwei bis drei Prozent mehr Ertrag 100 Prozent des eingesetzten Kapitals zu riskieren. Schließlich soll der Rententeil den stabileren Teil des Vermögens darstellen. Und 3% höhere Rendite selbst auf zehn Prozent des Kapitals wären für das Gesamtvermögen rechnerisch „peanuts“, während ein Kapitalverlust in dieser Größenordnung die Performance von ein bis zwei Jahre auslöscht. Das Chance-RisikoVerhältnis ist daher denkbar schlecht.

Auch die Aktienmärkte wären von steigenden Zinsen schockiert, kauft man doch heute Aktien in der Erwartung fallender Zinsen (und damit steigendem Wachstum). Auch hier gilt es, Qualität der höheren Kurs-Chance vorzuziehen bzw. „Themen-Aktien“ prozentual zu begrenzen. Auch die Erhöhung der Liquidität würde helfen, eine Kursschwäche auszusitzen, zumal Geldkonten mittlerweile mit über zwei Prozent verzinst werden. Das ist sicher nichts Umwerfendes, aber besser als zehn Prozent oder mehr bei einem Kursrückgang zu verlieren. Und der Anleger hätte auch das Geld, um die eine oder andere Aktien zu deutlich niedrigeren Preisen einzukaufen.

Ein weiterer Rettungsanker dürften die Edelmetalle sein. Gold war in der Vergangenheit fast immer der sichere Hafen. Der Goldpreis ist in einem stabilen Aufwärtstrend, trotz der aktuellen Konsolidierung (ist langfristig eher positiv). Laut einem 10-Jahres Vergleich der DWS (Deutsche Bank) liegt der Goldkurs mit 166,6 Prozent klar vor dem DAX (118 Prozent). Bei Verkauf würde sich die Differenz sogar noch erhöhen. Während beim DAX-Verkauf die Performance sich aufgrund der Abgeltungssteuer auf 85 Prozent nach Steuern errechnet, wäre der Gewinn bei Xetra- oder Euwax-Gold fast doppelt so hoch, da beide nach einer Haltedauer von ein Jahr steuerfrei sind. Wie ich schon mehrmals kritisierte, war der Hinweis „Gold zahlt keine Zinsen“ ein sehr schlechter Ratschlag. Gold ist zwar nicht mehr spottbillig, aber auch bei weitem noch nicht überbewertet.

Nicht ganz zu vergessen ist auch das „Gold des kleinen Mannes“, nämlich Silber. Wer den Goldanstieg verpasst hat, könnte auf das optisch wesentlich billigere Silber umsteigen. Zudem vermelden die Agenturen, dass bei Silber seit zwei Jahren die Nachfrage höher ist als das Angebot. Der Ausgleich über den Abbau der Läger könnte sich dem Ende zuneigen. Außerdem kommt eine Nachfragewelle auf das edle Metall zu. Neue Energien und KI sind massive Verbraucher. Leider sind auch die Kriegsparteien Silberkäufer (1 Rakete enthält ca. 15 Kilo Silber). Aufgrund des Gold-Silber-Ratio erscheint das Silber preiswert gegenüber Gold zu sein. Die Ratio bewegt sich am oberen Rand der Bewertung bei etwa 90. Der untere Wert in diesem Jahrhundert liegt bei rund 50, das heißt, sollte sich der Goldpreis nicht bewegen, hätte der Silberkurs rechnerisch Luft bis 66 Dollar.

Marktkommentar von Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter, I.C.M. Independent Capital Management Vermögensberatung Mannheim GmbH.