„Die Temperatur an den Finanzmärkten könnte steigen“

09.06.2025

Mark Dowding - Foto: Copyright RBC BlueBay AM

Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass sich die Handelssorgen in Luft auflösen werden, beobachtet Mark Dowding, Fixed Income CIO bei RBC BlueBay Asset Management. Er warnt jedoch, dass die Spannungen schnell wieder eskalieren könnten.

„Angeführt von US-Staatsanleihen sanken die weltweiten Renditen in der vergangenen Woche, da die Daten im Vorfeld der heute veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen auf eine gewisse Abschwächung hindeuteten. Aufgrund der US-Handelspolitik wird eine gewisse konjunkturelle Verlangsamung erwartet. Aus unserer Sicht hat sich der wirtschaftliche Ausblick allerdings nicht entscheidend verändert.

Die US-Regierung verschärft die Situation am Arbeitsmarkt, indem sie die Einwanderung einschränkt. Daher bezweifeln wir, dass die Arbeitslosenquote so stark ansteigen wird, dass die Rezessionsängste zurückkehren. Vor diesem Hintergrund bleibt die Richtung der Renditen in unseren Augen relativ unklar.

Die Inflation in der Eurozone war im Mai etwas niedriger als erwartet. Derweil ist das Thema Verteidigungsausgaben wieder in den Mittelpunkt gerückt. Die politischen Entscheidungsträger in der Europäischen Union (EU) – allen voran Deutschland – erhöhen ihre geplanten Verpflichtungen. Dass die deutschen Ausgaben jährlich 5 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen könnten, ist beachtlich. Wir sind der Meinung, dass der bevorstehende Anstieg der Staatsdefizite und des Angebots an deutschen Bundesanleihen an den Märkten derzeit zu wenig Beachtung findet.

Kurzfristig haben europäische Vermögenswerte von den erhöhten Kapitalströmen profitiert. Das hat in den letzten Wochen zu einer gewissen regionalen Outperformance geführt. Wir wären jedoch vorsichtig, wenn die Renditen zu weit fallen, da die fiskalischen Risiken unterschätzt werden könnten.

Die US-Arbeitsmarktdaten stehen heute im Mittelpunkt des Interesses. Wir sind jedoch der Meinung, dass das Hauptaugenmerk der Marktteilnehmer im weiteren Monatsverlauf auf der Handelspolitik liegen wird. In Richtung Sommer besteht die Gefahr, dass auch an den Finanzmärkten die Temperatur steigt.

Die Bedenken bezüglich der Handelsrisiken sind im Mai geringer geworden. Nun scheint es, dass die Spannungen erneut eskalieren könnten: In den letzten Tagen haben sich die USA einen Schlagabtausch mit der EU und China geliefert. Die Marktteilnehmer neigen zu der Annahme, dass sich die Handelssorgen in Luft auflösen werden. Mit Blick auf das G7-Treffen in Kanada Mitte des Monats sehen wir jedoch das Risiko, dass sie wieder aufflammen und der Druck auf Risikoanlagen steigt. Die Marktteilnehmer schauen indessen auf den 9. Juli – dem Tag, an dem die Frist von US-Präsident Donald Trump für neue EU-Zölle endet.

Im Umfeld der US-Regierung herrscht die Meinung, dass die Dinge für die USA ganz gut laufen: Die Wirtschaft hält sich vorerst gut, die Inflation steigt – noch – nicht an, die Aktienmärkte befinden sich in der Nähe ihrer Höchststände und die Zolleinnahmen fließen bereits. Diese Sichtweise scheint jedoch die zunehmenden Risiken außer Acht zu lassen. Daher halten wir es für angebracht, vorsichtig zu bleiben.

Einem Sprichwort zufolge kommt Hochmut vor dem Fall. Wir haben derzeit den Eindruck, dass die Anleger für das Eingehen großer Risiken relativ gesehen unterkompensiert werden. Daher könnte es sinnvoll sein, etwas trockenes Pulver zu halten und dieses einzusetzen, wenn die Bewertungen attraktiver werden.“ (ah)