Fingiertes Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit nach Gutachten?

10.01.2024

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke. Foto: Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Das LG Nürnberg-Fürth hatte zu klären, wann ein fingiertes Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit vorliegen kann. In diesem Fall ging es um Berufsunfähigkeit wegen Handgelenkbeschwerden.

Berufsunfähigkeit wegen Handgelenkbeschwerden

Zwischen dem Versicherungsnehmer, einem gelernten Elektroinstallateur, und dem Versicherer besteht ein Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag. Das Vertragsverhältnis begann 2016 und läuft bis 2044. Außerdem unterliegt es den Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung.

Bereits im Jahr 2013/2014 traten beim Versicherungsnehmer Beschwerden am rechten Handgelenk auf. Aus diesem Grund wurden bei ihm im Januar 2014 in einer Handchirurgischen Klinik eine ambulante Rissumwandlung (Handgelenksarthroskopie mit Debridement im Discusbereich) und eine Spaltung des ersten Strecksehnenfaches durchgeführt. Danach befand sich der Versicherungsnehmer im Oktober 2014 in stationärer Behandlung in der Klinik.

Mit Leistungsantrag aus Februar 2017 beantragte der Versicherungsnehmer bei dem Versicherer die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente. Dabei nahm er Bezug auf die seit Oktober 2016 wiederkehrenden und seit Dezember 2016 langanhaltenden Schmerzen im rechten Handgelenk. Insbesondere trug er vor, er sei deswegen seit spätestens Februar 2017 nicht mehr in der Lage, seine berufliche Tätigkeit auszuüben.

Daraufhin trat der Versicherer in die Prüfung der Berufsunfähigkeit ein. Er erklärte sodann im März 2017 den Rücktritt sowie die Anfechtung aufgrund einer vermeintlichen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung des Versicherungsnehmers. Hiergegen ging der Versicherungsnehmer gerichtlich vor. Mit Urteil vom 03.08.2018 wurde die Unwirksamkeit des Rücktritts und der Anfechtung, sowie das Fortbestehen des ursprünglichen Versicherungsvertrages festgestellt.

Einholung von Gutachten durch den Versicherer

Nachdem die gerichtliche Entscheidung rechtskräftig wurde, trat der Versicherer erneut in die Prüfung der Berufsunfähigkeit ein. Er beantragte ein medizinisches Gutachten zum Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers beim Universitätsklinikum Erlangen. In diesem Zusammenhang wurde beim Versicherungsnehmer eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit durchgeführt. Dessen Ergebnisse wiederum wurde demselben Arzt beim Universitätsklinikum zur Erstellung eines ergänzenden Gutachtens vorgelegt. Aus diesem Gutachten geht –unter Bezugnahme auf das vorangegangene Gutachten- hervor, dass die Kriterien für das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit weiterhin formal erfüllt seien. Denn der Versicherungsnehmer sei infolge von Krankheit und Kräftefall seit mehr als 6 Monaten zu mindestens 50% außerstand gewesen, seinen zuletzt ausgeübten Beruf -so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war- auszuüben.

Mit einem Schreiben vom Mai 2020 lehnte der Versicherer seine Leistungspflicht erneut ab. Infolgedessen beauftragte der Versicherungsnehmer seine Prozessbevollmächtigten. Diese forderten den Versicherer zur Anerkennung ihrer Leistungspflicht bis Juli 2020 auf. Vor diesem Hintergrund behauptete der Versicherungsnehmer, er sei spätestens seit Februar 2017 nicht mehr in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Servicetechniker auszuüben. Er habe am PC und am Telefon gearbeitet, wobei er unter anderem bei längerem Tippen und Bedienen der Maus Schmerzen in der rechten Hand bekommen habe.

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