Gesetzliche Rente: Trügt der Schein?

12.11.2025

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Erfreulicherweise – oder besser überraschenderweise? – ist das Vertrauen der Deutschen in die gesetzliche Rente auf niedrigem Niveau leicht gestiegen. Dies das Ergebnis des aktuellen Altersvorsorge-Index (DIVAX-AV) des Deutschen Instituts für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) mit Sitz in Frankfurt. Der Anstieg von -2,3 auf +1,2 ist zwar gering (der Index kann Werte zwischen -100 und +100 ausweisen), aber immerhin nach vier halbjährlichen Befragungen (2.000 Bürger) mit negativen Vorzeichen das erste Mal wieder positiv.

Allein der Blick auf die Demografie und die Warnungen sämtlicher Experten aus der Wissenschaft müssten das Gegenteil, nämlich ein deutliches Absinken des Index bewirken. Denn spätestens ab dem Jahr 2031 ist mit einem starken Anstieg des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rente und bzw. oder einem starken Anstieg des Steuerzuschusses zu rechnen. „Es ist eigentlich fast schon egal, ob der Beitragssatz oder der Bundeszuschuss steigt. Denn beides muss gleichermaßen von den Erwerbstätigen und von den Unternehmen bezahlt werden. Die Rechnung wird also hoch“, so Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA. Die Frage ist also: Warum ist die Bevölkerung wieder leicht optimistischer bzw. nicht deutlich pessimistischer? „Nun, was die Regierung auf den Weg bringen will, also das Festhalten am Rentenniveau, dem Renteneintrittsalter und der abschlagsfreien Rente sowie der Ausbau der Mütterrente sind positive Nachrichten für alle, die demnächst in Rente gehen oder schon sind. Das wird goutiert“, so Heuser.

Angst vor Altersarmut auf hohem Niveau

Dem leichten Anstieg des Altersvorsorgeindex widersprechen hingegen diametral die Angaben zum Thema Altersarmut. So haben 66 Prozent der Männer und 79 Prozent der Frauen Angst davor, davon einmal betroffen zu sein. Dazu Heuser: „Es scheint so, als würde die Bevölkerung beim Thema Rente den Kopf in den Sand stecken. Denn einerseits wird, wie das Thema Altersarmut zeigt, die Problematik klar erkannt. Auf der anderen Seite wird das „Weiter so“ der Politik positiv gesehen.“

Bevölkerung lehnt notwendige Reformen überwiegend ab

Diese Interpretation stützen die Antworten auf die Frage, wo Reformen ansetzen sollten (bis zu drei Mehrfachnennungen möglich). Eine Absenkung des Rentenniveaus  befürworten nur 15,9 Prozent, die Anhebung des Renteneintrittsalters 11,4 Prozent und die Abschaffung der abschlagsfreien Rente 18,1 Prozent. Rund 80 Prozent der Befragten befürworten hingegen eine Anhebung des Bundeszuschusses. Steuerliche Vorteile für die, die länger arbeiten wollen, finden 28,6 Prozent gut. „Geht es nicht um Fakten, sondern um Mehrheiten in der Bevölkerung, liegt die Bundesregierung mit den anstehenden Maßnahmen richtig. Denn die Mehrheiten befürworten genau das, was im Rentenpaket 2 auf den Weg gebracht werden soll. Ob die Politik damit Ihrer Verantwortung und ihrem Versprechen nachkommt, die gesetzliche Rente generationengerecht zu gestalten, ist ein anderes Thema. Die Antwort lautet klar: Nein.“ sagt Heuser.

Mix verschiedener Maßnahmen wäre sachgerecht

Geht es darum, wie eine generationengerechte Reform ausgestaltet werden könnte, müssten alle ihren Beitrag leisten. Dazu Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung, einer der Trägerverbände des DIVA: „Sprechen die Mitglieder unseres Verbandes mit ihren Kunden über deren Altersvorsorge, weiss eigentlich jeder, dass unser System in wenigen Jahren nicht mehr finanzierbar ist und zusätzliche private Altersvorsorge unerlässlich ist. Es entspricht aber dem Naturell der Menschen, dass sie Einschnitten bei sich selbst zuletzt zustimmen. Dann lieber zunächst die Allgemeinheit belasten. Würde die Politik aber zusätzliche Lasten wirklich auf alle und nicht nur auf die junge Generation verteilen, gäbe es ganz sicher Akzeptanz. Also den Beitragssatz und den Steuerzuschuss moderat anheben, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung koppeln, den Anstieg der Mütterrente begrenzen und die abschlagsfreie Rente zumindest sukzessive abbauen. Dazu schnell die Aktivrente und die Frühstartrente einführen und zuvor Riester als nahtloses Anschlussprodukt beherzt reformieren. Das wäre ein echtes Reformpaket, zu dem alle beitragen würden, Junge wie Ältere, Arbeitnehmer wie Unternehmen, Erwerbstätige wie Rentner.“  (mho)

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