Kollege KI in der Finanzbranche: Was er leistet, wo seine Grenzen liegen
24.06.2025

Stephan Blohm / Foto: © securities.lu
Unstimmigkeiten in Datensätzen aufdecken, Prozesse vereinheitlichen: Darin ist künstliche Intelligenz (KI) längst besser als der Mensch – sofern sie wie ihre Kolleginnen und Kollegen aus Fleisch und Blut intensiv ausgebildet wird. „Ein großer Vorteil liegt darin, dass uns der Trainingsaufwand selbst zugutekommt, weil die KI dem Unternehmen dauerhaft erhalten bleiben wird“, sagt Stephan Blohm, Verwaltungsrat bei Finanzdienstleister securities.lu. Manches fehlt Kollege KI allerdings trotz aller Ausbildung noch: menschliches Bauchgefühl und Kreativität.
Die Finanzbranche profitiert von KI vor allem dort, wo Menschen Fehler machen können oder wo sie wegen begrenzter Ressourcen nicht hinterherkommen. Typische Beispiele sind, dass Beschäftigte Daten falsch eingeben oder dass unterschiedliche Quellen wegen fehlender händischer Aktualisierungen inkonsistente Informationen aufweisen. „Solche Ungenauigkeiten sind für uns, aber vor allem für Kunden nicht akzeptabel und daher unbedingt zu vermeiden“, sagt Blohm. „Und bei Tätigkeiten, die den ständigen Blick aufs kleinste Detail erfordern, ist künstliche Intelligenz dem Menschen klar überlegen.“
Allerdings erfüllt KI diese Aufgaben nur, wenn sie richtig und intensiv trainiert wird. Das heißt, sie muss in für sie verständlicher Form und klar strukturiert mit validierten Informationen, typischen Fragestellungen und Entscheidungsmöglichkeiten gefüttert werden. Das muss möglichst ausführlich geschehen: Je mehr Informationen ein System hat, umso besser kann es durch Ableitung auch auf unerwartete Fragen passende und korrekte Antworten liefern. „Für die Ausbildung der KI muss man sich viel Zeit nehmen. Diese Erfahrung machen wir gerade selbst, während wir unseren Chatbot mit Texten und Erfahrungen aus dem Kundenservice trainieren“, sagt Blohm.
Angelernt werden müssen also beide, ein KI-Werkzeug ebenso wie menschliche Beschäftigte. Ein wesentlicher Unterschied liege allerdings darin, wie sich der Ausbildungsaufwand dauerhaft für ein Unternehmen auszahle. „Beschäftigte anzulernen, das mache ich gern, aber der nachhaltige Nutzen für das Unternehmen ist nicht immer gegeben, wenn beispielsweise aufwendig ausgebildete Mitarbeiter zur Konkurrenz gehen oder gar die Branche wechseln“, sagt Blohm. „Das, was ich der KI beigebracht habe, bleibt dagegen dauerhaft im Unternehmen.“
Dennoch gehe es nicht darum, Menschen weitgehend durch Maschinen zu ersetzen, denn zwei wesentliche Merkmale fehlten der KI: ein durch Arbeits- und Lebenserfahrung gewachsenes Bauchgefühl sowie wirklich schöpferische Fähigkeiten. „Beides ist immens wichtig. Kreativität im Umgang mit Kundenanforderungen oder beim Weiterentwickeln des Geschäfts, Bauchgefühl vor allem bei der Kontrolle von Analysen oder Berichten, die KI-Werkzeuge erstellt haben“, sagt Blohm.
Um als Arbeitskräfte weiterhin gefragt zu sein, müssten sich Beschäftigte allerdings mit Blick auf die Fähigkeiten von KI-Hilfsmitteln ständig weiterentwickeln. „Ängste vor Jobverlust und Veränderung gibt es schon immer. Heute gilt es vielleicht mehr denn je, sich mit der eigenen Rolle im Unternehmen auseinanderzusetzen. Der KI-Revolution offen, neugierig und positiv gegenüberzutreten, ist dabei Grundvoraussetzung, um die Zukunft unserer Branche mitzugestalten“, so Stephan Blohm.
Marktkommentar von Stephan Blohm, Verwaltungsrat bei Finanzdienstleister securities.lu

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