Rechtliche Fallstricke bei M&A-Transaktionen

18.12.2025

Alexander Gottstein, Rechtsanwalt, LL.B., Salary Partner bei MTR Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Foto: © MTR

Exklusiv

Mergers & Acquisitions gehören zu den anspruchsvollsten unternehmerischen Vorhaben. Sie verbinden strategische Ziele, wirtschaftliche Interessen, langfristige Unternehmensplanung - und eine Reihe komplexer rechtlicher Rahmenbedingungen. Wer ein Unternehmen erwerben, verkaufen oder mit einem anderen verschmelzen möchte, bewegt sich in einem Geflecht aus Verhandlungen, Prüfprozessen, Haftungsrisiken und organisatorischen Strukturen, die ineinandergreifen. Jede Phase birgt potenzielle Stolpersteine, die bei unzureichender Vorbereitung oder mangelnder Abstimmung erhebliche finanzielle oder rechtliche Folgen haben können. Ein Gastbeitrag von Alexander Gottstein, Rechtsanwalt, LL.B., Salary Partner bei MTR Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

Der folgende Artikel beleuchtet die häufigsten vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Fallstricke im M&A-Prozess, zeigt typische Risikobereiche auf und erklärt, warum ein präzises Zusammenspiel von wirtschaftlicher Bewertung, Vertragstechnik und gesellschaftsrechtlicher Struktur entscheidend für eine erfolgreiche Transaktion ist.

Unklare Strukturierung des Deals: Share Deal vs. Asset Deal

Eine der zentralen Weichenstellungen jeder Transaktion ist die Wahl zwischen Share Deal und Asset Deal. Diese Entscheidung beeinflusst Haftungsumfang, steuerliche Konsequenzen, Vertragsgestaltung und operative Auswirkungen.

Share Deal:

Beim Share Deal werden Unternehmensanteile übertragen, der Erwerber wird Gesellschafter und trägt das wirtschaftliche Risiko der Anteile. Verpflichtungen verbleiben grundsätzlich bei der Zielgesellschaft, Altverbindlichkeiten übernimmt er nicht persönlich. Vorteil: Kontinuität von Verträgen, Genehmigungen, Kundenbeziehungen und Arbeitsverhältnissen. Die Abtretung muss notariell beurkundet werden; zudem können Genehmigungen nach Fusions- oder Investitionskontrolle erforderlich sein.

Asset Deal:

Beim Asset Deal übernimmt der Erwerber einzelne Vermögenswerte und Verbindlichkeiten nach eigener Wahl. Arbeitsverhältnisse gehen bei Betriebsübergang nach § 613a BGB automatisch auf den Erwerber über. Fortgeführt ein Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma, haftet der Erwerber für Altverbindlichkeiten nach § 25 HGB, sofern kein wirksamer Haftungsausschluss besteht.

Unpräzise Formulierungen in Kaufverträgen

Verträge bilden das Herz jeder Transaktion. Doch viele Risiken entstehen nicht durch böswillige Täuschungen, sondern schlicht durch ungenaue Formulierungen, unklare Definitionen oder unvollständige Regelungen.

Besonders problematische Bereiche sind:

a) Kaufpreisregelungen und Anpassungsmechanismen

Ob Working Capital Adjustments, Earn-Out-Modelle oder Kaufpreisbestandteile, die an zukünftige Entwicklungen gekoppelt sind - jede Regelung braucht klare Definitionen und Berechnungsformeln. Unscharf formulierte Parameter führen später fast zwangsläufig zu Streitigkeiten.

b) Garantien und Freistellungen

Garantien sichern den Käufer ab; Freistellungen sollen konkrete Risiken adressieren. Fehler entstehen, wenn Formulierungen zu allgemein, widersprüchlich oder unvollständig sind. Besonders kritisch ist, wenn ein Risiko zwar identifiziert, aber nicht präzise einem Freistellungstatbestand zugeordnet wurde.

c) Übergangsregelungen und Closing-Voraussetzungen

Ob Betriebsfortführung, Genehmigungen, Wettbewerbsverbote oder Übergabe der Buchhaltung - unklare Übergangsphasen führen zu organisatorischen Problemen und rechtlichen Unsicherheiten.

d) Vertragsstrafen und Haftungsbegrenzungen

Werden Haftungslimits zu niedrig oder unpassend definiert, trägt eine Partei unverhältnismäßige Risiken. Unzureichend formulierte Vertragsstrafen wiederum verlieren ihre Wirkung.

Alles steht und fällt mit sprachlicher Präzision. Schon kleine Unklarheiten können später große Auswirkungen haben.

Gesellschaftsrechtliche Risiken: Strukturen, Zuständigkeiten und Beschlüsse

Ein weiterer Risikobereich sind gesellschaftsrechtliche Vorgaben. Hier entstehen Fallstricke häufig nicht durch komplexe rechtliche Konstruktionen, sondern durch einfache Versäumnisse oder unvollständige Dokumentation.

Zu den typischen Gefahren gehören:

●     Fehlende oder unwirksame Gesellschafterbeschlüsse

●     Unklare Beteiligungsstrukturen, insbesondere bei stillen Beteiligungen, Optionsrechten oder Vorkaufsrechten

●     Konflikte mit Minderheitsgesellschaftern

●     Verstöße gegen Satzungen oder gesellschaftsrechtliche Vorgaben, z. B. Zustimmungspflichten, Wettbewerbsverbote, Gewinnabführungsverträge, Stimmrechtsbindungen

Eine fehlerhafte Bewertung der gesellschaftsrechtlichen Struktur wirkt sich direkt auf den Ablauf und die Sicherheit der Transaktion aus.

Haftungsrisiken und Streitpunkte nach der Transaktion

Selbst wenn ein Vertrag formal fehlerfrei ist, können spätere Auseinandersetzungen entstehen. Typische Konflikte betreffen:

●     Verletzung von Garantien

●     Mangelhafte Übergabe

●     Nicht offengelegte Risiken

●     Fehlerhafte oder verschwiegene Informationen

●     Streit über Earn-Out-Regelungen

●     Abweichende Berechnung von Kaufpreisanpassungen

Während des M&A-Prozesses treffen unterschiedliche Interessen aufeinander. Klar definierte Haftungsregeln sind daher essenziell.

Präzision, Transparenz und sorgfältige Vorbereitung

Je komplexer der Deal, desto wichtiger ist ein strukturierter Prozess:

●     Klare Zieldefinition

●     Umfassende Due Diligence

●     Präzise Vertragsgestaltung

●     Sorgfältig abgestimmte gesellschaftsrechtliche Maßnahmen

●     Klare Übergangs- und Integrationspläne

Wer diese Punkte frühzeitig berücksichtigt, schafft die Grundlage für eine stabile und erfolgreiche Transaktion - ohne spätere rechtliche Überraschungen oder unerwartete Risiken.

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