So viele BU-Anträge werden abgelehnt

10.06.2021

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Monatelanges Warten auf Entscheidung

Bis die Versicherten erfahren, ob ihr BU-Antrag erfolgreich war, vergehen im Schnitt fünf bis sechs Monate. Eine Ablehnung erfahren die Antragssteller im Schnitt 174 Tage nach Postausgang ihres Antrags, eine Anerkenntnis im Schnitt 15 Tage früher. Immerhin: Bei 40 % aller Anerkennungen ist die Entscheidung bereits nach 100 Tagen gefallen.

Wie lange Versicherte auf eine Antwort warten müssen, hängt wesentlich auch vom Leistungsauslöser ab: So dauern die Regulierungen bei psychischen Erkrankungen und Unfällen deutlich länger, was laut Franke und Bornberg auf einen Mangel an Fachärzten für Psychiatrie und Neurologie bzw. im Falle von Unfällen auf zeitintensive Stellungnahmen von Polizei und Staatsanwaltschaft zurückzuführen ist. Vom Eingang der letzten Unterlagen bis zur Leistungsentscheidung dauert es bei den untersuchten Versicherern immerhin noch knapp 20 Tage – und damit mehr, als der aktuelle AVB-Standard von zehn Arbeitstagen respektive 14 Kalendertagen vorsieht.

Corona beschleunigt Leistungsprüfung

Da die Leistungspraxisstudie auf Daten aus dem Jahr 2019 beruht, spielt das Thema Covid-19 als Leistungsauslöser logischerweise noch keine Rolle. Dass Corona aber dennoch seinen Niederschlag in der BU-Versicherung findet, lässt sich jedoch bereits jetzt sagen: Die Leistungsfallprüfung wird digitaler und damit schneller. So sind neben der digitalen Meldung und dem Tracking von Leistungsfällen auch Onlineportale zum Dokumententransfer sowie Video-Chats hinzugekommen. Antragssteller können dank digitaler Bildübertragung Einblicke in ihr Arbeitsumfeld und betriebliche Abläufe gewähren und ein aussagekräftiges Bild ihrer Tätigkeit vermittelt. Laut Franke und Bornberg ist diese Möglichkeit besonders für Selbständige interessant. Hingegen finde kaum klassische Außenregulierung statt und es werden überwiegend im Homeoffice gearbeitet. Somit verlagere sich der kollegiale Austausch ebenso in die digitale Welt wie Abstimmungen mit der Antragsabteilung oder Rücksprachen mit dem Gesellschaftsarzt.

Sorgt Corona für mehr Leistungsfälle?

Corona ist eine Krankheit, die sich in maximal möglicher Ausprägung zeigt: Während viele Infizierte überhaupt keine Symptome entwickeln, gibt es andererseits Patienten, die eine Corona-Erkrankungen nicht überleben. Noch sehr wenig bekannt ist darüber, welche Langzeitschäden Corona-Infizierte entwickeln und ob diese möglicherweise zu Berufsunfähigkeit führen kann. Es gibt jedoch bereits Stimmen, die eine Leistungsverweigerungen für Corona-Folgeschäden vorhersagen und fehlende verbindliche Leitplanken für den Umgang mit Covid-19 im BU-Leistungsprozess bemängeln. Michael Franke sieht diese Aussagen kritisch: „Wenn vermeintliche Fachleute auf der Corona-Welle reiten, fehlt mir dafür jedes Verständnis. Entweder setzen sie gezielt auf Alarmismus, was Verbraucher:innen vom Abschluss des wichtigen BU-Schutzes abhalten könnte. Oder sie haben das Leistungsbild der BU-Versicherung schlicht nicht verstanden.“ Die BU-Versicherung zeichne sich gerade dadurch aus, dass sie auf die Fähigkeit zur Berufsausübung abstelle. Konkrete Regelungen für einzelne Krankheitsbilder seien wie bisher nicht erforderlich, sogar eher kontraproduktiv. Zudem könnten gesundheitliche Einschränkungen je nach konkreter Tätigkeit völlig unterschiedliche Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit haben. „Die BU-Versicherung hat den großen Vorteil, die Arbeitskraft ohne Einschränkungen auf bestimmte Erkrankungen finanziell abzusichern. Einziger Nachteil dieses einmaligen, offenen Systems ist eine etwas längere, weil individuelle Leistungsprüfungsdauer. Wer lieber Krankheitsbilder oder konkrete Einschränkungen versichern will, sollte eine Dread-Disease-, MultiRisk- oder Grundfähigkeitsversicherung abschließen. Diese können aber eine BU-Versicherung nicht ersetzen“, konstatiert Franke. (ahu)