Weißt Du wieviel Sternlein stehen?

29.04.2019

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Ob die Pizza zu pappig war, der Arzt zu lange auf sich warten ließ, Finanzanlagen ihre Versprechen nicht hielten oder der Arbeitgeber keinen Teamgeist pflegte, es gibt nichts, das nicht irgendwo online kommentiert wird. Nutzern stehen hierfür unzählige, zum Teil spezialisierte Bewertungsportale zur Verfügung, auch Google platziert „Rezensionen“ Dritter.

Das Recht, anonym seine Meinungen äußern zu dürfen, öffnet hierbei Miss-brauch Tür und Tor. Ohne das Visier öffnen zu müssen, wird polemisiert, beleidigt, an unbekannten Produkten oder Unternehmen herumgemäkelt, von einfacher Kritik bis hin zum Shitstorm ist alles drin. Nicht selten nutzen Mitbewerber die Gelegenheit, das Geschäft ihrer Konkurrenten madig zu machen. Das alles hat enormen Einfluss auf Entscheidungen über einen Geschäftsabschluss. Statistiken zufolge informieren sich 65 % aller Bundesbürger vor Kaufentscheidungen im Internet über Bewertungen, 32 % lassen sich davon beeinflussen. Jeder Dritte hat Bewertungen über Arbeitgeber gelesen. Allein diese groben Zahlen zeigen, welche Bedeutung Bewertungen im Internet haben. Es sollte daher selbstverständlich sein, im Rahmen eines digitalen Marketings auch Empfehlungsmarketing zu betreiben und die Bewertungsportale im Auge zu behalten. Es entstünde sicherlich ein durchschaubar unrealistisches Bild, wäre das Ziel, jede Online-Kritik zu beseitigen. Ausschließlich hervorragenden Bewertungen schenkt keiner Glauben. Rechtsverletzungen aber muss keiner akzeptieren. Hierbei spielen Möglichkeiten rechtlicher Handhabe gegen Negativbewertungen eine erhebliche Rolle. Der Wunsch, einen Verfasser bei den Hörnern zu packen, ist verständlich, scheitert aber regelmäßig an dessen gesetzlich geschützter Anonymität. Zielführender ist es, sogleich gegen den Betreiber eines Bewertungsportals vorzugehen. Er ist schließlich Quell der Verbreitung. Die Rechtsprechung hat in den vergangenen Jahren jedoch herausgearbeitet, dass es für den Betreiber eines Bewertungsportals unzumutbar sei, jeden Beitrag seiner Nutzer vorab auf mögliche rechtsverletzende Inhalte zu untersuchen. Er hafte erst für diese Inhalte, wenn er Kenntnis davon hat. Daraus folgt, dass Betroffene rechtsverletzender Bewertungen den Betreiber der Plattform ausführlich und rechtlich gut begründet über den inkriminierten Inhalt informieren müssen. Leitet dieser dann keinen oder nur einen unzureichenden Prüfprozess ein, haftet er. Der Inhalt muss gelöscht werden. Vor wenigen Jahren hat der Bundesgerichtshof die Anforderungen an diesen Prozess deutlich gemacht. In dem zugrundliegenden Fall hatte sich ein Arzt gegen Kritik eines anonymen Nutzers auf einem Bewertungsportal gewehrt. Dessen Betreiber wäre, so das Gericht, nicht nur verpflichtet gewesen, eine Stellungnahme seines Nutzers zu allen Details der Beanstandung des Arztes einzuholen, sondern sich auch Belege für den Behandlungskontakt vorlegen zu lassen und diese anonymisiert an den Arzt zu dessen Stellungnahme weiterzuleiten. Da dies nicht geschah, haftete der Betreiber. Erfahrungsgemäß schreckt die Forderung des Betreibers einer Plattform nach Stellungnahmen und Belegen einen anonymen Nutzer oft ab; er reagiert nicht mehr. Schon das führt regelmäßig dazu, dass rechtsverletzende Inhalte von der Plattform entfernt werden.

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